Dezember 18 / Januar 19

38 wohninsider.at NETZWERKE „Tischlerhandwerk 4.0“, „digitale Pro- duktionswolke“ – die Visionen eines Pro- jekts dreier Tischlereien, des Forschungsinsti- tuts FAW der Linzer Kepler-Universität und der nextsoft GmbH waren hochfliegend. Ziel war der Aufbau eines firmenübergreifenden Netzwerks, um Ressourcen zu bündeln. Ge- rade bei größeren Aufträgen sollten die Tisch- lerbetriebe mit ihren jeweils freien Kapazitä- ten füreinander einspringen. Der große Vorteil laut nextsoft-Chef Karl Platzer: „Kleinstruktu- rierte Betriebe können durch Arbeitsgemein- schaften ihre Kapazitäten besser nutzen, und zwar nicht nur in Sachen Ausstattung, sondern auch im Hinblick auf das Auftragsvolumen.“ Am Ende des Programmierprozesses, dem 18 Monate Entwicklungsarbeit vorausgegangen waren, sollte eine gemeinsame Plattform ste- hen, der sich interessierte Betriebe anschließen können. EDI statt Produktionsplattform Und nun? Hat sich die digitale Produktions- wolke in Luft aufgelöst? „Sagen wir lieber, das Projekt ist auf Eis“, relativiert Barbara Platzer, Co-Geschäftsführerin von nextsoft. Gescheitert sei man an fehlenden internen Kapazitäten der Partner. „Wir sprechen hier von KMU, die kei- ne eigene IT-Abteilung haben.“ Dass die Be- triebe zurzeit offenkundig ohnedies genug zu tun haben, ist erfreulich – und lässt zugleich auf eine Fortsetzung hoffen: Gerade im Zuge eines zunehmenden Lehrlings- und Fachkräfte- mangels wird Zusammenarbeit wichtiger denn je, um die vorhandenen personellen Kapazitä- ten voll auszuschöpfen. „Die Plattform wäre je- derzeit umsetzbar“, sagt Platzer. Die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse werden im- merhin in Teilen umgesetzt. Gut zwei Dutzend Tischlereien vertrauen auf den elektronischen Datenaustausch (EDI) von nextsoft, um Auf- trags- und Produktionsdaten schnell und ohne Aufwand zu teilen. „Entsprechende Schnittstel- len rentieren sich rasch, weil Mitarbeiter von Routine-Aufgaben und administrativen Ver- pflichtungen entlastet werden.“ Plattform für Designer und Produzenten Nicht nur den Produktionsbereich, sondern die gesamte Wertschöpfungskette nimmt sich der Möbel- und Holzbau-Cluster vor – unter dem Dachbegriff „Digital Furniture Cluster“. „Den Bereich Planung und Produktion wollen wir bis März abschließen“, erklärt Cluster-Mana- ger Erich Gaffal. Danach mache man sich da- ran, den Piloten einer Webplattform zu schaf- fen. Für diese Plattform, die im Endausbau Designern und Produzenten gleichermaßen of- fensteht, sollen Möbel digitalisiert werden, um vom Kunden anschließend online individuell konfiguriert und bestellt werden zu können. Dafür arbeitet man mit roomle zusammen; das Unternehmen hat im Oktober den ersten foto- realistischen 3D-Möbelkonfigurator gelauncht. „Der Konfigurator hat das Potenzial, Produk- tions- und Vertriebsprozesse in der Möbel- branche zu revolutionieren“, ist roomle-Chef Albert Ortig überzeugt. „Die Vorteile: drama- tisch verkürzte Time-to-Market für Hersteller, leichtere Entscheidungsfindung für Käufer und ein Effizienzsprung im Bestellprozess für alle Anbieter.“ KOOPERATIONSPROJEKTE FÜR KMU GEMEINSAM IN DIE ZUKUNFT Von der „digitalen Produktions- wolke“ zur Webplattform für Designer und Produzenten: Das eine Projekt blieb unvollendet, das andere steht jetzt in den Startlöchern. V on R einhard E bner Drei Tischler mit Ladenbau-Schwerpunkt, darunter Lidauer aus Scharnstein, beteiligten sich am Forschungsprojekt der Kepler-Uni. Foto: Lidauer „Die digitale Produktionswolke wäre jederzeit umsetzbar.“ Barbara Platzer, Co-Geschäftsführerin von nextsoft GmbH Foto: nextsoft

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