Salone: Mega-Event mit Twist

Der Salone ging mit voller Power in Szene. Zu entdecken gab neben Neuheiten am laufenden Meter auch Neuerungen und eine Euroluce mit wegweisendem Format. Ein Stimmungsbild mit Ausblick.

Von Sylvia Pilar

 

Der Salone del Mobile.Milano ist mehr als nur „back to track“. In diesem Jahr wieder zum angestammten April-Termin, wurde er seinem Ruf als internationales Möbel- und Designspektakel mehr als nur gerecht. Noch – Stand: 20. April 2023 – liegen keine finalen Zahlen vor, das Orchester hochkarätiger Marken, internationaler Fachbesucher:innen und kreativer Köpfe aus aller Welt spielt auf dem Messegelände in diesen Stunden noch groß auf, doch ist der Eindruck des wohninsider-Besuchs dieses Messehighlights für Marken, Fachhändler:innen, Designer:inner, Architekt:innen – kurz: die designaffine Branche allemal nicht nur viele Fotos, wie auf dem wohninsider-Instagram-Kanal zu sehen, sondern auch einen ersten Ein- und Rückblick wert. Direkt von der Messe mitgebracht und aus dem Messegeschehen gegriffen, sozusagen.

Was war also los am Salone 2023? Viel. Sehr viel. Von Stunde eins an tummelten sich die Fachprofis in den Messehallen, wo alles aufgeboten wurde, was einen Salone eben zu einem Salone macht. Italienische und internationale Aussteller haben mal wieder kräftig aufgefahren und sich gegenseitig mit ihren Wohnwelten übertroffen, in denen sie – mal mehr, mal weniger offen und leicht zugänglich gestaltet – ihre Innovationen wie Schätze verborgen hatten und sie in ebensolchen Stile – gekonnt, modern, stilsicher inszeniert – präsentierten.

 

 

 

Die große Sogwirkung so mancher renommierten Marke und ihrer Neuheitenschau im Salone-Format gipfelte nicht zuletzt auch in langen Besucher:innenschlangen vor dem gut gehüteten Standportal, um das Ticket ins Living-Innovation-Glück zu lösen. Überhaupt fluteten die zahlreich angereisten Profis – insbesondere viele österreichischen Fachhändler:innen und Profis aus dem DACH-Raum hat es nach Mailand gezogen, wie wir in vielen Gesprächen aufgeschnappt haben – auf der Suche nach den neuesten Highlights und Trends die Präsentationsflächen.

 

Reing'schaut & entdeckt

Zu sehen und zu entdecken gab es – wenig überraschend – vieles. Die immer gerne gestellte Frage nach den Trend lässt sich andererseits nicht ganz so einfach beantworten. Neben gewohnt großen luxuriösen Produkten wie komfortablen Sofas, riesigen begehbaren und oft modularen Storage-Modellen sowie verschiedenen (Boxspring-)Betten zeigen sich im Tischsegment verstärkt Modelle mit drehbarer Platte in der Mitte und bei Stühlen gesellen sich zu bequemen Dinner-Chairs raffiniert designte, auf den ersten Blick kleiner wirkendere Modelle mit viel Pfiff und ebenso viel Sitzkomfort wie die dick gepolsterten Varianten, ebenso wie vielseitig verstellbare Möbel, die sich mit wenigen Handgriffen vom Sessel zur Liege zum Homeoffice-Platz verwandeln. Es lebe Modularität und Multifunktionalität – und das Homeoffice, das so einige Hersteller für sich entdeckt haben und auf unterschiedlichste Weise umsetzen. Dass In- und Outdoor-Bereich verschwimmen, ist jetzt nicht die große News, allerdings geht die Dynamik weiter – und dies in beide Richtungen: So mancher Indoormöbel-Hersteller erobert den Außenbereich und auch Outdoormöbel-Produzenten forcieren zuweilen den Weg in die heiligen Wohnhallen.

Same same - but different

Ebenso unübersehbar wie diese Tendenzen war die von morgens bis abends anhaltende rush hour auf dem überaus belebten, stets dicht gefüllten Boulevard, über den die Fachbesucher:innen mehr oder weniger eiligen Schrittes eine Halle nach der anderen eroberten – zufällige Begegnungen und Talks auf dem langgezogenen Hotspot inklusive. Denn diese „Tangente“ durch das Messezentrum erwies sich nicht nur einmal mehr, sondern heuer mehr denn je als spontaner Meeting Point und Melting Pot, immerhin hat der Salone del Mobile.Milano als eine der großen Neuerung die geballte Innovationskraft in den unteren, ebenerdigen Pavillons gebündelt. Ein mutiger Schritt und clevere Entscheidung, denn Struktur und Besucher:innenwege waren dadurch deutlich einfacher – und der „Salone“ hat gehalten, was damit im Vorfeld versprochen wurde. Die ganze Ladung Neuheiten wurde damit ebenerdig serviert, komprimiert und verbunden mit da und dort anders angesiedelten Ständen, zu denen der interaktive Hallenplan – Salone-App sei Dank! - zielsicher und modern navigierte.

Doch nicht nur bei der Aufplanung, auch in anderer Hinsicht beweist der Salone del Mobile.Milano erneut jenen progressiven Innovationsgeist, mit dem die Messe schon in den letzten beiden Jahren – wie mit dem „supersalone“ – zu überraschen wusste. Zwar war schon im Vorfeld klar, dass dieses das Euroluce-Jahr sein wird, doch wurde mit der diesjährigen Biennale ein neuer Maßstab gesetzt. Dass hier ganz neue Töne angeschlagen werden, erschloss sich schon beim Betreten der ersten von insgesamt vier Hallen, in denen das namensgebende Hauptthema in gänzlich neues Licht gerückt wurde. Keine klassische, lineare Hallen- und Standaufplanung und überraschende Präsentationskonzepte - schon auf den ersten Blick war klar: Hier ist nichts wie es einst bei der Euroluce war – und es erwies sich, dass anders zugleich spannend und faszinierend bedeutet.

 

 

 

Schleifenförmig statt straight, lud die gut besuchte „City of Lights“ zum Flanieren und Entdecken der Neuheiten bekannten und am großen Parkett noch nicht so bekannter Unternehmen ein. Ein gelungener Mix und ein faszinierendes neues Format, das – in diesem Jahr gewissermaßen „Testballon“ und dies offensichtlich überaus anziehend – im kommenden Jahr auf den „Salone“ umgelegt werden soll.

 

Sprung in die Zukunft

Die Zukunft war hier überhaupt fest verankert. Neben dem wegweisenden Konzept der Euroluce, mit dem der Salone del Mobile.Milano den Startschuss für einen Twist in der Messewelt gelegt hat und auch darüber hinaus mit kreativen Mehrwerten dem Messethema einen innovativen Push verpasst, haben mit dem SaloneSatellite auch die Designnewcomer in diesem Jahr hier ihre Heimat gefunden.

Nicht wie bisher eher abgeschottet in einer anderen Halle, sondern direkt in die Euroluce-Hallen und damit mehr denn je in das Messegeschehen eingebunden stellten die jungen Kreativen – darunter auch Studierende der „Angewandten“ in Wien – ihre spannende Entwürfe höchstpersönlich und großerer Leidenschaft vor und so ihr Talent auf der großen internationalen Möbel- und Designbühne unter Beweis. Dieses Herzstück des „Salone“ war und ist ein sehenswerter, zuweilen aber immer noch unterschätzer Hotspot. Reich an Kreativität, ein Pool visionärer Ideen, eine Plattform für Zukünftiges, bereit für den Sprung in Heute und Morgen.

 

 

 

Dafür ist auch der Salone selbst mehr als bereit und hat sich längst auf die Reise gemacht. Mit neuen Konzepten stößt die Megamesse in Mailand zukunftsweisende Veränderungen an und eröffnet Schritt für Schritt eine neue Definition von Messe. „Der Salone ist der Motor“, hat Maria Porro im wohninsider-Interview kurz nach Antritt als Salone-Chefin gesagt und dies in einem Gespräch am Salone 2023 erneut bekräftigt – und das lässt sich wohl eben nicht nur auf die Messeveranstaltung am Mailänder Messegelände selbst, sondern aufgrund dessen Strahlkraft auch auf die Aktivitäten in der Mailänder City, die internationale Möbel-, Living-, Lighting-, Kitchen- und Lifestyle-Branche und schlussendlich auch auf die zukünftige Vorstellung und Konzepte von Messe(n) beziehen und umlegen. Tatsache ist: Es bleibt ein spannender Prozess und nach dem „Salone“ ist immer vor dem „neuen Salone“.

 

www.salonemilano.it

⇒ wohninsider-Tipp:

Highlights vom Salone – zu sehen und entdecken in der kommenden wohninsider-Printausgabe 3/2023.