28 wohninsider.at | August/September | 04. 2022 BRANCHENTALK wohninsider: Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Welche Rolle spielt sie, auch wenn der Begriff schon etwas ausgetreten scheint? Ing. Reinhard Backhausen: Nachhaltigkeit ist mir ein großes Anliegen, mir geht es aber vor allem um Kreislaufwirtschaft. Schon im Jahr 2008 habe ich mich damit beschäftigt und war damit ein Pionier am Markt. Ehrlicherweise war auch ich anfangs skeptisch beim Thema Kreislaufwirtschaft, habe mich jedoch begeistern lassen und sie mit meinem ehem. Textilproduktionsunternehmen „Backhausen interior textiles“ gelebt, das auch die Zertifizierung Cradle to Cradle Certified® Gold erhalten hat. Wir waren damals zehn Jahre zu früh dran. Mein Gedanke war und ist, dass etwas für die Umwelt getan werden muss. Ich brenne für das Thema Kreislaufwirtschaft und ich versuche mit meiner Consulting Firma, die ich seit ca. 10 Jahren betreibe, das Wissen und die Begeisterung weiterzugeben, berate und unterstütze national und international bei der Umsetzung. Die Zeit ist überreif für Kreislaufwirtschaft. Kreislaufwirtschaft ist das Wirtschaftssystem der Zukunft. Davon bin ich überzeugt. Was bedeutet das in der Praxis? Es gilt zu überlegen, wie Produkte in die Kreisläufe gebracht werden können. Entscheidend ist, schon zu Beginn zu überlegen, was mit dem Produkt am Ende des Lebenszyklus passieren soll, und keine Rohstoffe zu integrieren, die umweltschädlich sind. Rohstoffmischungen sind generell problematisch. Das gilt nicht nur für die Textilindustrie, sondern für alle Bereiche. Kreislaufwirtschaft betrifft alle Produkte und alle Segmente. Wie wird das Thema aufgegriffen? Ich widme mich dem Thema nicht nur im Textilbereich, sondern in vielen Bereichen. In der Textilindustrie sowie in anderen Branchen ist eine Aufbruchsstimmung spürbar. Es gibt kaum Unternehmen, die sich nicht mit Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft beschäftigen. Sie haben die Bedeutung erkannt, viele wissen aber nicht, wie sie an diese Herausforderung herangehen sollen und es schaffen, kreislauffähig zu werden. Ich glaube, dass es in Zukunft keine Firma mehr ohne Zertifizierung geben und schaffen wird, am Markt zu bestehen. Jedes Unternehmen wird in Zukunft auch nachweisen müssen, wie seine Produkte im Kreislauf geführt werden. Welche Rahmenbedingungen braucht oder gibt es schon dafür? Das Umwelt- und Wirtschaftsministerium hat eine Kreislaufwirtschaftsstrategie erarbeitet, die aktuell in Begutachtung ist und dann natürlich mit Leben erfüllt werden muss. Es ist wichtig, dass für die Kreislaufwirtschaft die richtigen Rahmenbedingungen von der Politik geschaffen werden. Politik, Industrie und Handel sind die drei essenziellen Säulen. Die Wirtschaft darf aber nicht nur auf Entscheidungen der Politik warten, sondern muss selbst die Initiative ergreifen und den Paradigmenwechsel wollen. Wir sprechen hier von einer massiven und zukunftsweisenden Transformation. Die Kreislaufwirtschaft ist eine Top-downEntscheidung. Die Unternehmensführung muss überzeugt sein und sie dann konsequent durchziehen. Kleinere Unternehmen geben hier mehr Gas, große Unternehmen haben eine immense Vorbildwirkung, alle sind gefragt. Es geht ja nicht nur um uns. Wir haben die Verantwortung, die gute Basis zu schaffen, auf der die nächsten Generationen aufbauen können. Leider werden diese umwelt- und klimapolitischen Themen von anderen Ereignissen wie der Pandemie und anderen derzeitigen Krisen immer wieder eingebremst. ING. REINHARD BACKHAUSEN „KREISLAUFWIRTSCHAFT IST DAS WIRTSCHAFTSSYSTEM DER ZUKUNFT“ „Ich brenne für das Thema Kreislaufwirtschaft“, erzählt Ing. Reinhard Backhausen, einst Vorreiter und heute passionierter Circular Economy-Unterstützer mit „Reinhard Backhausen textile & circular consulting“. Die Zeit sei „überreif“, der Handel eine Schlüsselfigur und Teamwork mit der Industrie gefragt. Von Sylvia Pilar „Noch liegt die Chance der Veränderung in unseren Händen und wir sollten sie nutzen. Kreislaufwirtschaft muss Normalität werden.“ Ing. Reinhard Backhausen, Reinhard Backhausen textile & circular consulting Fotos: Portrait © Reinhard Backhausen „Es braucht einen Schulterschluss von Handel und Industrie. Es geht nur mit Teamwork.“
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