01. 2022 | Februar/März|wohninsider.at 21 BRANCHENTALK sich für ihn so: „Das war eine Verquickung unglücklicher Umstände. Gegen Ende 2020 wusste niemand, wie es weitergeht. Folglich wurden entlang der gesamten Wertschöpfungskette die Lager geräumt. Dann ist die Nachfrage weltweit wieder angesprungen und niemand hatte mehr ausreichende Lagerbestände. Also bestellten alle, um einerseits ihr eigenes Lager wieder aufzubauen und andererseits die Nachfrage zu bedienen. Das führte etwa im Großhandel zu einer Überhitzung des Bedarfs, da viele Handwerksbetriebe bei verschiedenen Großhändlern gleichzeitig bestellten, nach dem Motto, wer zuerst liefert, bei dem kaufe ich. Und das alles hat sich dann multipliziert.“ Die Konklusio von Kreutzer: „Im Prinzip war es ein komplettes logistisches Versagen ... Dass im Übersee-Geschäft auch noch Container gefehlt haben usw., hat alles zusätzlich verschärft.“ Auch am Chipmangel in der Automobilindustrie und den dadurch angeblich sinkenden Neuwagenzulassungen hegt er gewisse Zweifel. „Denn interessant in diesem Zusammenhang ist, dass zwar die Privatzulassungen klar zurückgegangen sind. Nicht jedoch die Zulassungen gewerblich genutzter Fahrzeuge ...“ Kreutzer: „Ich glaube daher, dass der Chipmangel hier als Ausrede gedient hat.“ Vielmehr begründe sich der Rückgang im privaten Bereich auf einer extremen Verunsicherung der Konsumenten, hervorgerufen durch die bereits angesprochene „toxische Diskussion um den Klimawandel“. Kreutzer: „Die Konsumenten sind total irritiert: Wenn ich mir ein Auto mit Verbrennungsmotor kaufe, ist es dann in zehn Jahren wertlos? Was aber ist die Alternative? Hybrid ist nur eine schlechte Kompromisslösung und rein elektrische Autos haben noch viele nicht gelöste Probleme, wie etwa die mangelnde Reichweite bei Urlaubsreisen oder die unsichere Versorgung mit Stromtankstellen, vor allem im Ausland.“ In Summe sei das keine sehr konsumfreundliche Basis. Vorsichtiger Blick nach vorne Auch wenn Prognosen heuer noch immer sehr schwierig zu treffen seien, lässt der Branchenexperte einige Einschätzungen wissen: „Unseren Prognosen zufolge dürfte sich der Markt heuer relativ stabil entwickeln. Die Inflation wird etwa bei 3 % liegen. Durch die ultralockere Geldpolitik der EZB werden die Sparzinsen weiterhin gering gehalten, die Leute werden das Geld ausgeben ...“ Da gelte es nun, die Stimmung für sich zu entscheiden. Denn genau das Geld, das nicht für die institutionalisierten Einkäufe aufgewendet würde, verteile sich dann auf Auto, Reisen, Heim und ähnliches. Damit der Möbelhandel hier jedoch weiterhin profitieren könne, bedürfe es wiederum einer Luststeigerung. Und genau an diesem Punkt findet Kreutzer einmal mehr klare Worte: „Ganz ehrlich, der gesamte Möbelhandel kann dem Lutz (und in geringerem Maße auch dem kika) so dankbar sein, dass sie so viel in die Werbung (232 Mio. Euro im Jahr 2021; Quelle: Fokus Media) investieren, und Lust aufs Wohnen machen. Ohne Lutz wäre das Thema praktisch nicht präsent und auch die Studios würden viel weniger Umsatz machen.“ Er wird noch schärfer: „Eigentlich es ist traurig, dass die erzeugende Industrie keine Werbung – ja nicht mal Public Relation oder Lobbying – betreibt. Man kann ja vielleicht sagen, man hat kein Geld für Werbung, aber warum es zum Beispiel beim ORF noch immer kein Einrichtungsmagazin gibt, ist mir persönlich ein Rätsel.“ Wie also 2022 das eigene Geschäft ankurbeln? Vielleicht mit dem Thema Home-Office? Der BRANCHENRADAR-Inhaber bezweifelt dies: „Die Chefs werden ihre Mitarbeiter wieder zurück in die Büros holen, denn viele sehen, dass es so nicht wirklich funktioniert. Oder sie sehen, dass sie mit weniger Mitarbeitern auskommen. Aber den großen Boom bei Home-Office sehe ich nicht, denn kaum einer entdeckt plötzlich zu hause ein bislang ungenutztes Zimmer“, meint er mit gewisser Ironie. „Wenn die Leute zu hause arbeiten, haben sie entweder schon ein Arbeitszimmer, welches bereits eingerichtet ist, oder sie arbeiten am Küchenisch. Dann wird vielleicht ein Bürosessel gebraucht, aber das war’s dann auch wieder ...“ www.branchenradar.com Die regelmäßig von Kreutzer, Fischer & Partner erhobenen Branchen-Daten erscheinen wie folgt: • Küchenmöbel: Mitte März • Küchenarbeitsplatten: Mitte März • Küchenspülen: Mitte März • Innentüren: Ende März • Parkett: Mitte April • Küchenarmaturen: Ende April • Matratzen und Lattenroste: Ende Mai • Gartenmöbel: Ende Mai • Sofa & Sitzgarnituren: Ende Mai Erscheinung Branchen-Daten
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