wohninsider_Nachhaltigkeit 2022

Juni 2022 | Hier wi rd nachhal t ig gearbei tet | wohninsider.at 63 CIRCULAR DESIGN geht, Produkte über eine gesamten Lebenszyklus und darüber hinaus zu betrachten und die ökologischen Belastungen so gering wie möglich zu halten, es bestenfalls sogar ganz ohne zu schaffen. Das ist eine neue Denkkategorie und ein neuer Designaspekt, der am besten in der Ausbildung der Produktentwickler:innen und -gestalter:innen einfließen muss. guut hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben und ist mit Massivholz-Designmöbel in Zusammenarbeit mit Christian Kroepfl ein Best Practice-Beispiel. Hat das Thema Kreislaufwirtschaft weitere Entwicklungen angeschoben? J. Wudy: guut beschäftigt sich schon lange mit Nachhaltigkeit. Das Thema Kreislaufwirtschaft bringt für uns nochmal eine neue Dimension ein. Es geht ja nicht nur um die Nutzung eines Möbels, sondern das Denken in Kreisläufen und über den Möbel-Lebenszyklus hinaus. Das führt auch dazu, dass hinterfragt werden muss, wie das Geschäftsmodell aufgestellt ist, ob der klassische Verkauf der richtige Weg ist oder es andere Ansätze gibt, Produkten eine zweite Chance zu geben. Der Rohstoff Holz war für uns immer das Material der Wahl, jetzt denken wir auch über die Verfügbarkeit in zehn, zwanzig Jahren nach. Kreislaufwirtschaft bringt für uns neue Herausforderungen mit sich, weil unser Ansatz ist, sie mit einem möglichst geringen Umwelteinfluss zu verknüpfen, und das dann auch transparent und glaubwürdig darzustellen. Nur im Kreislaufwirtschaftsansatz zu denken greift für mich jedenfalls zu kurz. C. Kroepfl: In der Entwicklung mit guut liegt der Fokus bei der Produktentwicklung natürlich auf Holz. Viel von dem dabei Erlernten lässt sich aber auch bei anderen Werkstoffen anwenden. S. Erol: Viele Unternehmen können es auch alleine nicht bewerkstelligen. Kreislaufwirtschaft muss im Netzwerk geschehen, mit anderen Akteuren am Markt, mit gesamtheitlichem Denken, wie Produkte am Ende ihres Lebens wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden können. Optimal ist, wenn Produktdesigner:innen und Unternehmen die Möglichkeit der Reparatur und des Recyclings schon am Anfang mitdenken und diese langfristige Perspektive schon von Beginn an einfließt. Muss Design im Licht von Kreislaufwirtschaft anders gedacht werden? Es ist ja ein anderer Ansatzpunkt. C. Kroepfl: Designer:innen haben sicher Möglichkeiten, Unternehmen darauf aufmerksam zu machen, sie müssen aber auch auf offene Ohren stoßen bzw. schadet es nicht, wenn Unternehmen sich diesbezüglich an Designer:innen wenden. Die Zeiten des Greenwashings sind definitiv vorbei, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft müssen von vornherein mitgedacht werden und sind eine wichtige Voraussetzung für gute Gestaltung, egal ob im Produktdesign oder der Architektur. J. Wudy: Bei guut arbeiten wir nach einem Eco-Designleitfaden mit Muss-Kriterien und weiteren Kriterien, die dann gemeinsam bewertet werden. Die Branche muss sich bewusst sein, dass Kund:innen, die kritischer hinschauen, und neue Kund:innenbedürfnisse auf uns zu kommen. Es wird nicht reichen, Unternehmen und Produkten ein ‚grünes Mascherl‘ umzubinden. Kund:innen fordern in wachsendem Maß Nachhaltigkeit und Circular Design ein. Es ist Zeit, Angebote zu schaffen, und wir müssen dafür sorgen, dass sie nachgefragt werden. Wie lässt sich die Nachfrage steigern? J. Wudy: Wir müssen den Nachhaltigkeitsstaub abzuschütteln. Ein Fehler ist das zu starke Nischendenken. Kund:innen müssen nicht sehr nachhaltig sein, um ein nachhaltiges Designprodukt zu schätzen und kaufen. Es gibt viele Gründe, zum Beispiel weil sie hochwertige Möbel wollen, regionale Produktion, gutes Design. Dadurch verändern sich auch Vertriebskanäle und es eröffnet sich die Chance, auch ein breites Zielpublikum anzusprechen. Circular Design ist ja nicht gleichbedeutend mit Nachhaltigkeit. S. Erol: Wenn ein Produkt kreislauffähig ist, ist es noch lange nicht nachhaltig, und umgekehrt. Der Idealzustand ist, dass ein Produkt beides erfüllt, es also nachhaltig und so gestaltet ist, dass es möglichst wenig negative ökologische Auswirkungen in Den Kreislaufgedanken lebt guut mit der neuen, CO2-negativen Möbellinie „finiix“, Betthaupt, gestaltet von Kroepfl | Fredes. © Bernhard Kapelar i „Die Zeiten des Greenwashings sind definitiv vorbei, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft müssen von vornherein mitgedacht werden und sind eine wichtige Voraussetzung für gute Gestaltung, egal ob im Produktdesign oder der Architektur.“ Christian Kroepfl, Designer. © Chr istian Kroepfl »

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