22 wohninsider.at | Dezember/Jänner | 06. 2023 BRANCHENTALK gewandelt, der Hochpunkt der Grauphase war schon vor ein paar Jahren erreicht, aber das ist bei den Endkonsument:innen noch nicht ganz so angekommen. Der DACH-Raum ist diesbezüglich relativ weit hinten und sehr vorsichtig, aber langsam öffnet sich der Markt und auch bei Endkonsument:innen werden Farben immer mehr willkommen geheißen. Natürlich wird es immer verschiedene Interior Design-Typen geben und sich die Einrichtung zuhause von jener im Geschäft, wo tendenziell mit stärkeren Farben gearbeitet wird, unterscheiden. Aber auch bei der monochromen Raumgestaltung lässt sich feststellen, dass das Bedeutungsfeld von „monochrom“ immer größer wird. War es früher ein reines Schwarz, kühles Grau oder ein hartes Weiß, zeigen sich monochrome Interieurs jetzt mit gebrocheneren, wärmeren Tönen und es ist oft ein viel softerer Kontrast. Also Mut zur Farbe? Privatpersonen und Unternehmen trauen sich viel mehr an Farben heran. Es zeigt sich an den Verkaufszahlen, dass es nicht nur um farbintensive Werbekampagnen geht, sondern Konsument:innen wirklich mehr Lust auf Farben haben. Dazu hat auch die Pandemie viel beigetragen, weil sich auch Laien in dieser Zeit mehr mit dem Interior Design auseinandergesetzt und erkannt haben, dass sich mit einfachen Mitteln die Atmosphäre positiv verändern lässt. Farbe ist oft das einfachste, günstigste und effektivste Gestaltungsmittel, mehr Wellbeing zu fördern. Gibt es Farben, die sich für konkrete Räume eignen? Oder gewisse Tendenzen? Es gibt immer Tendenzen. Ich berate hauptsächlich Unternehmen im Bereich Interior Design und es gilt zwei Dinge zu unterscheiden. Bei Produktdesign ist es wichtig, sich die Funktion anzuschauen und es auch immer farbpsychologisch zu betrachten. Egal welcher Trend vorherrscht haben Farben immer eine bestimmte kulturelle oder auch persönliche Bedeutung, diese kann sich jedoch im Laufe der Zeit wandeln. Für Unternehmen stellt sich immer auch die Frage, wie konkret zur Marke passend auf Trends eingegangen wird. An die Farbgestaltung von spezifischen Räumen gehe ich anders heran als bei Prognosen für den globalen Markt, für Europa oder ein Land, wo es darum geht, dass Farben bei möglichst vielen Menschen und in den unterschiedlichsten Kontexten funktionieren. Bei der Beratung von Kund:innen für ihr Zuhause lässt sich individuell auf die Gegebenheiten eingehen. Grundsätzlich gibt es gewisse Richtlinien und es ist gut, sie zu kennen, um Farben gezielt einsetzen zu können, aber es lässt sich auch viel mehr damit spielen, damit brechen und auf die individuelle Person eingehen. Viele haben vermehrt Lust, dass ein bisschen mehr Farbe ins Zuhause einzieht, was aber in den aktuell noch stark beige und grau gestalteten Interieurs oft meint, dass eine Wand in einer Akzentfarbe gestrichen wird oder farbige Accessoires zum Einsatz kommen. Besonders im DACH-Raum sehe ich dieses Phänomen oft, in anderen Ländern gibt es häufiger andere Zugänge zu Farben. Mein Kollege Timo Rieke sagt immer treffend: Farbe wird oft mit Buntheit verwechselt. Das ist im deutschsprachigen Raum auf jeden Fall so. Es herrscht eine zu große Angst vor Farbe. Sind neutrale Farben die Antwort? „New Neutrals“ wie zum Beispiel die Sustained Color No. 7, ein unisex Beigerosé, werden immer mehr als neutrale Töne wahr- und angenommen. Wenn Unternehmen wie Küchenhersteller diese Farbe aufgreifen, zeigt dies, dass der Markt schon sehr weit ist. Die Palette, was als neutral gesehen wird, wird immer größer. Feststellen lässt sich auch eine Tendenz zu wärmeren Farben. Zum Beispiel hat sich grau langsam zu beige und taupe gewandelt. Hohe Energiepreise spielen bei dieser Entwicklung auch eine Rolle, vor allem geben warme Farben aber ein gewisses Gefühl von Geborgenheit, Stabilität und Sicherheit in einer Welt, in der wir mit vielen Bedrohungen konfrontiert sind. Dass jetzt viele Sand- und Erdtöne hervorkommen, hängt direkt damit zusammen. Einflussreich ist auch, dass es wieder gesteigertes Interesse an natürlichen Färbemitteln gibt. Derzeit werden auch smarte Kalt-WarmKontraste wichtiger, aber nicht mehr so „Grundsätzlich gibt es viele parallele Trends im Farbdesign. Der aktuell größte Trend im Farbdesign weltweit ist, dass wieder mehr Farbe kommt.“
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