05. 2024 | Oktober/November | wohninsider.at 95 RAUM : OBJEKT Tat zur Seite und gebe ihnen die Zeit, sich gut zu entwickeln, aber auch schon ein gewisses Maß an Verantwortung. Das braucht es und die Lehrlingsausbildung ist sehr wichtig. Schon seit den 90er-Jahren kämpft unsere Branche mit Lehrlingsschwund. Das liegt aber nicht daran, dass es weniger Lehrlinge gibt, sondern sie sich auf mehr Lehrberufe verteilen und Tapezierer in der Beliebtheitsskala weit unten rangiert. Auch Schulen und Studium sind eine Konkurrenz, außerdem wollen leider viele Tapeziererbetriebe keine Lehrlinge ausbilden. Als Tapezierermeister und in meiner Funktion als InnungsmeisterStellvertreter der Landesinnung der Maler und Tapezierer Niederösterreich bemühe ich mich, die Lehrlingsausbildung auf allen erdenklichen Wegen zu pushen. Werden von Landes- und Bundesinnung Initiativen gesetzt? M. Widy: Es gibt viele Bemühungen. Heuer fand erstmals der Bundeslehrlingswettbewerb der Tapezierer im Rahmen der Design Days Grafenegg statt und ich würde mir wünschen, dass wir dieses ‚in die Öffentlichkeit gehen‘ fortsetzen können. Wir wollen die Lehrlinge auf ein Podest stellen und zwar regelmäßig. Seit kurzem gibt es ein neues Lehrlings- und Imagevideo, mit dem wir auch schon in Schulen Interesse wecken wollen. Außerdem präsentieren wir Lehre und Beruf jetzt auch intensiver auf Lehrlingsmessen. Uns ist auch der zweite Bildungsweg, also junge Menschen mit Matura anzusprechen, wichtig. Genauso die Ansprache von Frauen. Wir entwickeln uns zunehmend zu einem Frauenberuf. Es gibt viele Möglichkeiten, die wir in Angriff nehmen, es ist aber auch die Politik gefragt und es braucht Reformen. Wenn wir nicht aufpassen, wird die Facharbeiter- zu einer Unternehmerkrise. Betriebe sollten die Nachfolge gut aufbauen und den Jungen die Chance geben, in das Unternehmen und die Position hineinzuwachsen und ihre Ideen einzubringen. Ich selbst ermutige meine jungen Mitarbeiter:innen auch immer, unser tolles Berufsbild auf ihre Weise auch hinauszutragen, beispielsweise über soziale Medien, und es ist spannend zu sehen, welche Ideen, Synergien und Dynamiken dadurch entstehen. Wenn junge Menschen das Produkt und die Marke „Tapezierer“ so promoten, kann sie wirklich abheben. Braucht es den verstärkten Schritt in die digitale Welt? M. Widy: Die digitale Welt ist wichtig. Wir selbst haben einen digitalen Schauraum und werden in Zukunft versuchen Virtual Reality anzubieten. Kund:innen wollen in eine Erlebniswelt eintauchen, und das am liebsten von daheim. Ich verfolge auch die Idee einer Erlebniswerkstatt. Unsere Kund:innen sollen über unsere Werkstatt in den Schauraum gelangen und sie so vom ersten Schritt an das Handwerk live spüren und sehen. Damit können wir sie begeistern. Kommen Kund:innen mit dem Wunsch nach einzelnen Produkten und Leistungen oder ganzheitlichen Lösungen? M. Widy: Unsere Kund:innen kommen oft mit einem kleinen Wunsch, erkennen dann, was wir alles leisten können, und so entwickelt sich mehr daraus, bis zu einem umfassenden Projekt. Unsere gute Arbeit spricht sich herum. Das Beste ist die Weiterempfehlung. Sehen Sie Trends oder ist die Frage obsolet? M. Widy: ‚50 Shades of Grey‘ ist aktuell das Los des Tapezierers, trotz der Vielfalt an Farben, die es gibt. Schlussendlich gilt: Trend ist, was den Kund:innen gefällt. Wir erstellen ein stimmiges Konzept, das zu ihnen passt, und sehen unsere Aufgabe auch darin, alles sowohl mit Blick auf das Wohl- und Wohngefühl als auch auf die Geschichte des Gebäudes und die architektonischen Gegebenheiten in Einklang zu bringen. Unsere Zielgruppe sind primär Dritteinrichter, also Personen etwa ab 50 Jahren aufwärts mit Sinn und Gespür für Innenraumgestaltung, und wir haben das Glück, mit tollen Marken und Herstellern zu arbeiten, die uns geniale Produkte bieten. Wo sehen Sie die Zukunft des Unternehmens und des Tapeziererhandwerks? K. Konczir: Wir sind für die Zukunft gut aufgestellt. Ich will das Unternehmen noch mehr in der Polsterei und exklusiven Raumgestaltung positionieren, aber auch die jüngere Generation noch stärker ansprechen, die ja auch schon schön und hochwertig wohnen will. Die Branche hat eine gute Zukunft, die ich aber auch in der Modernisierung und in der Schärfung des Bewusstseins der Konsument:innen, welche Möglichkeiten und geniale Raumgestaltungslösungen Tapezierer bieten, sehe. Persönlich kann ich mir auch durchaus vorstellen, mich in der Innung für den Tapeziererberuf stark zu machen. www.widy.eu Von der Werkstatt bis zum Schauraum und der individuellen Gestaltung werden Kund:innen rundum begeistert. „Die Bezeichnung „Tapezierer und Innenraumgestalter“ bringt die Vielfältigkeit zum Ausdruck und hilft, das Verständnis zu schärfen.“ Kimberly Konczir „Tapezierer sind noch wahre Handwerker, im wortwörtlichen Sinne, und sehr breit aufgestellt.“ Martin Widy
RkJQdWJsaXNoZXIy NDA0NA==