04. 2025 | August/September | wohninsider.at 25 BRANCHENTALK war, damals als ich mich selbstständig gemacht habe und wir im Fernen Osten eingekauft haben, dass ich die Rechnungen nicht kursgesichert habe. Und: Wenn ich Leute falsch eingeschätzt habe, jemandem Vertrauen geschenkt habe oder eben nicht und es war unberechtigt. Das ist selten passiert, aber wenn, dann hab ich das als persönliche Niederlage empfunden. Wie haben Sie sich auf die jeweiligen Trends vorbereitet? Mit aktuellem Beispiel KI? Gar nicht. – Als ich begonnen habe bei Siemens, hab ich jeden Tag ein Bogen mit Umsätzen und Bruttospanne bekommen. Die Informationen waren lächerlich, du hast viel mehr nach Gefühl arbeiten müssen. Im Außendienst sind die Leute anfangs in die Telefonzelle gegangen, um daheim anzurufen. Das kann sich ja heute keiner mehr vorstellen. In Wirklichkeit hast du nie die Möglichkeit gehabt, dich darauf vorzubereiten. Wie sollte das gehen? Man kann nur so schnell als möglich erkennen, dass es da eine Veränderung geben wird, dann überlegen, wie kann es weitergehen? Das wars. Die aktuellen Veränderungen betreffend würde ich so reagieren, wenn ich kundenorientiert bin: Am Telefon würde in meinem Unternehmen keine Computerstimme abheben, sondern ein Mensch. Ich würde hier einfach mit Persönlichkeit punkten. Und ganz ehrlich, in einem weltweiten Konzern kannst du in Österreich sowieso keine langfristige Strategie machen, das wird nicht hier gemacht. Als Händler hingegen kannst du sehr wohl deine eigene Strategie machen, indem du ersichtliche Bewegungen berücksichtigst und vorausschaust. Wie würde das konkret aussehen? Ich muss mir klar sein darüber, was kann ich und was will ich? Aber immer mit dem Hintergedanken, dass du deinen Kunden nicht verärgerst, du musst Vertrauen erwecken und ehrlich auch erfüllen. Du darfst die Leute nicht anlügen, musst aber dabei kein Depp sein. Wenn der Kunde einen erfüllbaren Wunsch hat, erfülle ich den. Und wenn er mich nach drei Jahren anruft, dann kümmere ich mich drum. Und ich muss erkennen, ob der Kunde ein Prestigebedürfnis hat oder eben nicht. Ein Porsche ist nie sein Geld wert, aber wenn es dem Kunden wichtig ist, dann hat das seine Berechtigung, und das muss ich als Händler erkennen. Ist das Thema Dienstleistung im Handel noch immer ein unterschätztes? Auf jeden Fall, das Grundübel ist, dass man so lange gebraucht hat, zu verstehen, dass man als Händler ein Dienstleister ist. Es gab Zeiten, wenn du über Dienstleistung geredet hast, hast du als Antwort bekommen: „Wir sind ja keine Kellner!“ Glauben Sie mir, das hab ich 1:1 so gehört! Mittlerweile wissen die Vifen das und beim MHF fängt es auch langsam an. Aber damals, als ich bei Siemens begonnen habe, brauchte man mit einem Möbelhändler gar nicht reden… das waren Künstler, die entwerfen. Und die Elektrogeräte, die in eine Küche kommen, hat sowieso er bestimmt und nicht der Kunde. Auch dass man immer versucht hat, das Thema Reparatur auf die Industrie-Kundendienste abzuwälzen. In Wirklichkeit gibst du damit dein Kleingeld aus der Hand. Mit dem Mietmodell und der verlängerten Garantie durch den Mittelstandskreis früher und jetzt die Wertgarantie, gibst du deinem Kunden ein Versprechen, das ist Kundenbindung par excellence. Haben Sie sich auf den Ruhestand vorbereitet? Nein, ich habe einfach aufgehört zu arbeiten. (zwinkert) Ich war dann noch im Aufsichtsrat bei der Volksbank und im UFH Stiftungsvorstand. Und habe das Gleiche weitergemacht, was ich früher auch gemacht habe. Fitnessstudio, Urlaub, Schifahren. Geändert hat sich das erst mit etwa 75 aus körperlichen Gründen, da hatte ich einen Schlaganfall; Schifahren geht daher leider nicht mehr. Meine Frau hatte einen Oberschenkelhalsbruch. Somit sind wir etwas eingeschränkt aktuell. Aber wir werden das wieder machen, gehen ins Theater oder selten in die Oper oder genießen unseren Garten in Perchtoldsdorf. Was würden Sie einem Manager heute aus Ihrer Erfahrung raten? Ich finde es verzichtbar, dass alte Männer Tipps an junge geben. Die Welt hat sich einfach weitergedreht. Rückblickend hat man doch seine Entscheidungen aus dem Bauch und nach bestem Wissen und Gewissen getroffen. Ich würde heute nicht viel anders machen. Da ist einfach auch oft viel Klugscheißerei dabei. Jeder stuft sich doch selbst als wichtig ein, das ist ja klar. Aber dass ich für andere nicht die Nummer eins bin, ist auch klar. Außer für meine Frau, und das ist auch gut so. (lächelt)
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