wohninsider August-September 2025

04. 2025 | August/September | wohninsider.at 97 BETRACHTET MIT NINA SCHULMEISTER EIN WERT, DER ÜBER JEDES PROJEKT HINAUSGEHT. Foto: Dipl.-BW Nina Schulmeister, MA MA BEZIEHUNGEN UND ANDERE LIEBESGESCHICHTEN Liebe Leser, Liebe Kollegen, Sommerzeit ist Urlaubszeit – und für mich persönlich auch jene Phase im Jahr, in der ich die meisten Bücher verschlinge. In diesem Sommer hat mich ein Werk ganz besonders zum Nachdenken angeregt: „Das Leben gestalten mit den Big Five for Life.“ von John Strelecky. Die Bücher Streleckys sind ohnehin stets eine Empfehlung wert – egal, ob man als Führungskraft frischen Input sucht, eine neue Sichtweise auf Beruf und Alltag gewinnen möchte oder Orientierung in einer persönlichen Krise braucht. Seine Geschichten liefern Antworten, Perspektiven und Wegweiser. Eine Stelle des vorhin genannten Buchs hat es mir besonders angetan, da sie sich erstaunlich gut auf unsere Branche übertragen lässt. Strelecky zieht eine Parallele zwischen einer Kundenbeziehung und einer Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen. Am Anfang umwirbt man sich, man baut eine Beziehung zueinander auf, bewundert sich gegenseitig, ist inspiriert und voller Energie. Alle möchten etwas Großartiges entstehen lassen, alle haben den Wunsch etwas zu gestalten. Alle sind verliebt. Liebe ist ein großes Wort. Wir verwenden es für Menschen, für Orte, manchmal sogar für Dinge. Warum also nicht auch für Kundenbeziehungen? Denn letztlich geht es in jeder gelungenen Zusammenarbeit um mehr als um ein Projekt, ein Produkt oder eine Dienstleistung – es geht um Vertrauen, Verlässlichkeit und die Bereitschaft, einander langfristig zu begegnen. Unseren Produkten geschuldet, ist die Zeitspanne in der ein Endkunde erneut kauft eine relativ lange. Im Laufe der Zeit, wenn die Mitarbeiter in Pension gehen, die Nachfolge das Ruder im Unternehmen übernimmt, oder eine neue Generation auf Kundenseite keinen Bezug mehr zu uns hat, wird die einst enge Verbindung schwächer. Wie in einer Paarbeziehung geraten die besonderen Momente, die gemeinsamen Erfolge und die gegenseitige Wertschätzung leicht in Vergessenheit. Dann geschieht etwas Entscheidendes: Der Kunde erkennt nicht mehr, welchen Beitrag unser Unternehmen zu seinem Wohlbefinden und zu seinem Zuhause geleistet hat. Dass er sich im Grunde genommen nur durch unsere Leistung zuhause fühlt. Wenn in dieser Phase ein Mitbewerber anklopft, ist die Bereitschaft groß, sich auf etwas Neues einzulassen – weil das gemeinsam Erreichte nicht mehr präsent ist. Die Verbindung ist erloschen. Er hat uns vergessen. Der Kunde ist beim Mitbewerb. Ein treuer Kunde ist nicht nur ein schönes Kompliment, er ist auch betriebswirtschaftlich wertvoll. Die Kundenprofitabilität misst, welchen Gewinn ein Kunde im Laufe der Jahre für das Unternehmen erwirtschaftet. Je länger und intensiver die Beziehung, desto höher der Umsatz und damit der Wert – und desto geringer die Notwendigkeit, durch zeit- und kostspielige Neukundengewinnung auszugleichen. Eine langjährige Kundenbeziehung entsteht nicht durch Zufall. Sie ist wie jede andere Beziehung das Ergebnis von Aufmerksamkeit, Respekt und echter Anteilnahme. Wer zuhört, bevor er spricht, wer versteht, bevor er gestaltet, legt das Fundament. Kunden spüren, ob sie gesehen werden. Und genau darin liegt der erste Funke: im Gefühl, dass ihr Anliegen ernst genommen wird. Doch die wahre Kunst liegt im „Dranbleiben“. Eine Beziehung wächst durch Konstanz, kleinen Gesten und die Bereitschaft, auch nach Jahren immer wieder Neues einzubringen. Wer Kunden überrascht – nicht mit Lautstärke, sondern mit Feingefühl – wird siegreich sein und die „Liebe“ erhalten können. - Ein Blumenstrauß zum Geburtstag, - ein Anruf mit einer personalisierten Sonderaktion, - ein großer Sonderrabatt für die erste Wohnungseinrichtung des Sohnes, - oder eine Essenseinladung in einem netten Restaurant – am Ende ist es wie in jeder Beziehung: Es braucht Aufmerksamkeit, Respekt und die Bereitschaft, immer wieder neu zu investieren. Liebe in Kundenbeziehungen heißt nicht, ständig große Gesten zu setzen – sondern konsequent kleine, echte. So entstehen Loyalität, Verbundenheit und ein Wert, der über jedes Projekt hinausgeht. Nina Schulmeister, Gründerin, Inhaberin & kreativer Kopf der Handwerk Design- und Möbelmanufaktur GmbH. Kontakt: office@dashandwerk.com

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