wohninsider Juni-Juli 2025

03. 2025 | Juni/Juli | wohninsider.at 19 BRANCHENTALK Hubert Kastinger, seinerseits Sprachrohr des Einrichtungsfachhandels in Österreich, konnte diese positive Stimmung nur bedingt bestätigen: „Dem muss ich ein bissl widersprechen. Zum einen ist die KIM Verordnung noch nicht gegessen, die 40/20-Regelung (40% des monatlichen Nettoeinkommens dürfen max. für Kreditraten verwendet werden, 20% Eigenkapital Voraussetzung; Anm. der Redaktion) wird voraussichtlich bleiben. Auch die Marktzahlen im ersten Quartal sprechen eine andere Sprache. Der Möbelfachhandel schneidet mit -10% am zweitschlechtesten ab, nur noch vom Schmuckhandel getoppt. Und wenn man auf die Immobilienbranche blickt, dann wurden vor drei Jahren noch rund 46.000 Wohnungen fertiggestellt, 2026 werden es jedoch nur noch 25.000 sein.“ Stimmt es also, dass aktuell nur etwa 1/3 der Aufträge aus dem Neubau kommt und 2/3 aus Renovierungen? „Es sind weniger, eher 25 %. Fakt ist, wir leben derzeit vom Renovieren und vom Teilausbau“, reduzierte Kastinger. Und weiter: „Man sieht es ja auch am Markt, große Weißwaren-Unternehmen strukturieren ihren Vertrieb um, das kommt ja nicht von ungefähr.“ Dass trotzdem gefühlt gute Stimmung herrsche, führte er auf etwas anderes zurück: „Alle sind gut beschäftigt, es wird viel geplant. Man muss jedoch bedenken, dass von fünf Planungen vier umsonst sind, denn der Kunde hat keinen Kaufdruck und holt sich mehrere Angebote ein.“ Zudem hätte diese ganze Situation auch zur Folge, dass, „die Küchenpreise enorm nach unten revidiert werden. All das, was wir uns während Corona aufgebaut haben, wird damit wieder zerstört.“ Dazu komme, dass einige Lieferanten aufgrund der jüngsten Branchen-Geschehnisse nur mehr mit Delkredere oder gegen Vorauskasse liefern wollen. Konsumenten aber auf der anderen Seite – ebenfalls aufgrund der negativen Schlagzeilen durch kika/Leiner, DAN und Co – keine Anzahlung mehr zu leisten gewillt sind. Auswege aus der Misere Geld sollte bei den Menschen ja vorhanden sein, warum wird es nicht ausgegeben? Nina Schulmeister sah das in unterschiedlichen Fakten begründet: „Da gibt’s einen großen Unterschied in den Segmenten. Wir sind etwa nur im Luxussegment tätig, bei uns gibt es keine Planung ohne Verrechnung. Und wir arbeiten immer mit einer Anzahlung von 60%. – Aber bei Leo Schulmeister – während der kika/Leiner-Pleite – haben wir auch einige Anfragen gehabt, warum man überhaupt eine Anzahlung leisten müsse, ob man da Geld für die Planung bei Bestellung wieder zurückbekomme, usw.“ Die Kommunikation sei jedoch immer sehr klar: „Das ist schließlich eine Arbeitsleistung von uns, der Kunde arbeitet auch nicht umsonst. Warum erwartet er das also von uns?“ Und sie ergänzte: „Auch ich habe von Banken gehört, dass sie einfach eine strenge Vorgabe seitens der EZB haben und daher gar nicht abrücken können von den geltenden Vorgaben“, auch wenn es die KIM auf dem Papier bald nicht mehr geben sollte. Gleichzeitig rief die Unternehmerin auf: „Da bräuchten wir eine stärkere Gemeinschaft, die sich dafür einsetzt, dass unsere Planung, unsere Ideen einen Wert haben. Und den wollen wir vergütet haben!“ Aus Sicht des MZE sah Andreas Hemetsberger darin einen wesentlichen Punkt getroffen: „Exakt. Vom Möbelhandel wird immer mehr gefordert: Visualisierungen, Kompletteinrichtungen usw. Fakt ist, jede Dienstleistung kostet Geld, egal, ob Friseur, Spengler oder Gärtner … Daher muss sich der Unternehmer in Zukunft mehr als Dienstleister, denn als Händler positionieren. Es gibt aus meiner Sicht absolut keine Notwendigkeit, dass die Dienstleistung, die mit kostspieligen Softwareapps usw unterstützt wird, gratis sein soll.“ Gerade das sei aber vielerorts nicht so leicht umsetzbar, wenn das Studio oder der Tischler ein paar hundert Meter weiter es umsonst anbiete. Die Branche an einen Tisch bringen Der Kanon laute daher, die gesamte Branche an einen Tisch zu bringen, ein Gütezeichen oder eine Honorarrichtlinie, wie sie in anderen Branchen längst üblich ist, auszuarbeiten und dabei auch das existierende Stadt-LandGefälle zu berücksichtigen. Gewohnt pointiert formulierte Hemetsberger weiter: „Im schlimmsten Fall muss man das vermutlich aussitzen. Denn der Markt wird das für sich erledigen. Ich glaube nämlich nicht, dass sich das à la longue noch Hubert Kastinger: „Alle sind gut beschäftigt, es wird viel geplant. Man muss jedoch bedenken, dass von fünf Planungen vier umsonst sind, denn der Kunde hat keinen Kaufdruck und holt sich mehrere Angebote ein.” »

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