wohninsider April Mai 2020
18 wohninsider.at | April/Mai| 02.2020 BRANCHENTALK wohninsider: Neben den gesund- heitlichen Auswirkungen der Pande- mie trafen wirtschaftlich gesehen die Quarantäne und die Geschäftsschlie- ßungen die Einrichtungsbranche und natürlich fast alle anderen Branchen am heftigsten. Glauben Sie, dass sich durch Quarantane und Schließungen das Thema „Online“ verstarken wird? Dass sich der Handel zum Beispiel auf virtuelle Schauraume verstarkt konzentrieren sollte bzw. wird? Mag. Andreas Kreutzer: Vorweg: Die Auswirkungen des wirtschaftlichen Shutdown im Zuge der Coronakrise sind zum jetzigen Zeitpunkt in keinster Weise abschatzbar. Beurteilungen und Analysen sind daher als Momentaufnah- men zu verstehen mit einem vergleichs- weise großen spekulativen Element. Deshalb halten wir uns im Gegensatz zu anderen Beratern auch mit kurz- fristigen Prognosen so weit wie moglich zuruck, halten den Ball also flach. Dass der Onlinehandel in vielen Waren- gruppen zumindest ein gewisses Maß an Versorgung sichert ist zum einen beruhi- gend. Zum anderen werden durch die kri- senbedingt hohere Nachfrage aber auch die momentanen Grenzen skizziert, etwa bei den Logistikkapazitaten oder den Lieferzeiten. Ob die Engpasse kurzfristig beseitigt werden konnen? Ja, wahrschein- lich. Ob die erhohten Kapazitaten lang- fristig notwendig sind, ist allerdings nicht so sicher. Denn, wenn wieder Normalitat den Alltag bestimmt, konnte das Pendel rasch zuruck schwingen, stationar ein- kaufen attraktiver sein als zuvor. Zumin- dest fur eine bestimmte Zeit. Insofern bie- tet sich virtuellen Schauraumen nun fur ein paar Wochen die Moglichkeit eines erweiterten Praxistests unter besonderen Umstanden. Dadurch ist es moglich mit einer hoheren Fallzahl von Nutzern die Tools zu testen und zu optimieren. Ob sich dadurch die Nutzung virtueller Be- ratung und Planung auch auf lange Sicht beschleunigt, ist jedoch ungewiss. Fur die wohl uberwiegende Mehrheit der Konsu- menten kann eine Onlineberatung den personlichen Kontakt zum Verkaufer oder Planer wohl nicht wirklich ersetzen. Wobei sich diese Annahme auf eine em- pirische Evidenz aus der Fensterbranche stutzt. Hier hat es vor etwa drei Jahren ein Anbieter mit virtuellen Schauraumen versucht. Das Projekt floppte. Wird Ihrer Meinung nach beim Konsu- menten ein Umdenken zugunsten des regionalen Fachhandels einsetzen (Entglobalisierung)? Wir sollten bei all der Tragik der Pande- mie eines nicht vergessen: Menschen ver- MAG. ANDREAS KREUTZER CORONA und die Einrichtungsbranche Man konnte mit vielem rechnen. Dass vielleicht ein weiteres Atomkraftwerk in die Luft fliegt, dass vielleicht ein verrückter Staatschef den berühmten roten Knopf drückt, dass der Meeres- spiegel extrem steigt oder der Golfstrom versiegt. Alles fürchterliche Katastrophen. Aber niemand hat mit einer derartigen Pandemie gerechnet. wohninsider sprach mit Mag. Andreas Kreutzer (Geschäftsführer der BRANCHENRADAR.com Marktanalyse GmbH) wie er Corona und die Einrichtungs- branche sieht. V on G erhard H abliczek Foto: Andreas Kreutzer © SI.MA.pix Dass kunftig wieder mehr in Mobel investiert werden konnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Mag. Andreas Kreutzer Ob sich die Nutzung virtueller Beratung und Planung auf lange Sicht beschleunigt, ist ungewiss.
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