Dezember 2020 / Jänner 2021
34 wohninsider.at |Dezember/Jänner | 06.2020 DESIGN : TRENDS Wie würden Sie Ihren Designstil beschreiben? Er besteht darin, extrem zu reduzieren, möglichst viel wegzulassen – bis an den Rand der Grenzüberschrei- tung. Bei meiner Leuchte Bird zum Beispiel weiß man auf Anhieb gar nicht, wie sie ohne umzukippen stehen kann, weil sie das ja nur auf einem Punkt tut. Aber da- für sorgen eben ein halbkreisförmiger Bügel und zwei Gewichte aus massivem Messing. So kann sie mühe- los balancieren, und wenn man sie berührt, wackelt sie nur kurz und pendelt sich dann wieder ein. Sie entwerfen in erster Linie Leuchten – warum? Das hat sich daraus ergeben, dass ich im italienischen Hersteller Nemo Lighting – meinem Hauptkunden – einen Partner gefunden habe, mit dem die Zusam- menarbeit stimmt. Nemo Lighting ist international aufgestellt, der Vertrieb ist gut – da passt alles. Der De- signprozess ist sehr langwierig, da ist es wichtig, einen guten, verlässlichen Partner zu haben. Von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt vergehen normalerwei- se zwei Jahre, manchmal dauert das sogar noch weit länger. Meine Tisch-, Wand- und Stehleuchte Untitled beispielsweise wurde zunächst als zu aufwändig ver- worfen und erst nach zehn Jahren letztendlich realisiert. Mit dem Leuchtendesign bin ich derzeit gut ausgelastet, aber ich würde nicht sagen, dass ich darauf abonniert bin. Möbeldesign zum Beispiel würde mich schon auch interessieren. Als Tischler entwerfe ich auch viel in diese Richtung – jedoch nicht im Sinne eines Autorendesigns. Haben Sie beim Entwerfen eine mehr technische oder eine mehr kreative Herangehensweise? Bei der Arbeit mit der LED sind viele technische Fak- toren wie Kühlung oder Stromführung zu berücksich- tigen, die die Gestalt mitbestimmen. Dann ergeben sich Fragen daraus, wie die Lichtquelle genutzt werden soll, beispielsweise, ob man die Leuchtpunkte auf einer Linie anordnet, ob man direktes oder indirektes Licht haben möchte oder Ähnliches. Es macht auch einen Unterschied, ob man mit der LED große Flächen gleichmäßig ausleuchtet, oder ob man es in der Innen- einrichtung, etwa als Arbeits- oder Tischlampe, ver- wendet. Dort ist der Designfaktor tendenziell höher als etwa bei der Ausleuchtung einer Halle, Lobby und der- gleichen, wo die Lichtquelle selbst unter Umständen gar nicht sichtbar ist. Kurz, gerade bei der LED ist das Entwerfen ein ständiges Hin und Her, ein Wechselspiel aus Kreativität und Technik. Was sollte Industriedesign im 21. Jahrhundert „können“? Kurzfristige Trends zu bedienen kann heute nicht mehr der Weg sein. Design sollte zum einen ein Auge darauf haben, sparsam mit den Ressourcen umzuge- hen; und zum anderen sollte es sowohl von der Gestal- tung als auch von der Qualität her langlebig sein. www.b-osann.com Auch Regale können einmal einen Durchhänger haben. Beim Watn Blech für Nils Holger Moormann ist das sogar ganz programmatisch der Fall. Es macht aus dem Problem sich durchbiegender Regalböden eine Lösung: Mit zwei Ha- ken befestigt wölbt es sich leicht und stützt sich über einen abgekanteten Falz in der Mitte an der Wand ab. Durch das Zusammenwirken von Biegung und Spannung wird aus einem dünnen Blech eine belastbare Fläche. Das Regal kann schwere Bücher tragen, aber auch in Küche und Bad eingesetzt werden. © Nils Holger Moormann GmbH Kap setzt Licht in Bewegung. Die Abdeckung auf der leuchtenden Ku- gel kann nach oben und unten ge- schwenkt werden. Durch einen wei- teren Drehpunkt in der Aufhängung entsteht die Beweglichkeit in alle Richtungen. Das Licht wird von zwei schmalen LED-Modulen erzeugt, die an dem Stab befestigt sind, an dem die Leuchte aufgehängt ist und der gleichzeitig als Kühlkörper dient. Kap wurde im Rahmen der Light + Buil- ding mit Design Plus ausgezeichnet. ® Nils Emde Quasi körperlos und doch gerahmt: die Leuchtenserie Frame für Nemo Lighting. Ausgeschaltet ist die Fläche komplett transparent. Wird von den im Rahmen verborgenen LEDs Licht eingespeist, leuch- tet sie homogen und – dank eines Kunststoffs, bei dem mikroskopisch kleine Partikel das Licht brechen – völlig blendfrei. Mit zunehmender Lichtstärke nimmt die Transparenz ab. © Bernhard Osann
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