wohninsider Februar/März 2021
01. 2021 | Februar/März |wohninsider.at 19 BRANCHENTALK wahrscheinlich ohnedies ein sehr gutes Jahr in der Möbelbranche gehabt, jetzt wird es Corona zugeschrieben“, analysiert er er- nüchternd. Unter dem Strich wurden 2020 in Österreich um etwa 14 % mehr Wohnungen bezogen als im Vorjahr. Jede neue Wohnung benötigt Einrichtung, während jedoch Polstermöbel oder Schränke öfter auch mal bei einem Umzug mitgenommen werden, ist das bei Küchen kaum der Fall. Vergleich: Im Jahr 2019 wurden von rund 180.000 Küchen 48.000 im Neubau montiert. Wie sieht aber die aktuelle Situation aus? Deutschland hat auch im vergangenen Jahr Baugenehmigun- gen und Baubewilligungen vorangetrieben, sodass weiterhin mit einem deutlichen Plus bei Fertigstellungen zu rechnen ist. In Öster- reich hingegen wird heuer in Sachen Wohn- baugenehmigungen voraussichtlich ein Mi- nus von etwa 6 % zu Buche schlagen. Und das könnte sich in den nächsten Jahren wohl auch auf den Einrichtungsfachhandel und die Küchenstudios auswirken. „Cocooning war ein Trend der 80er Jahre“ Und mit noch einem Punkt räumt Kreutzer auf: „Viele schreiben jetzt von Cocooning und der neuen Liebe zum Wohnen. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das ein lan- ge anhaltender Trend ist. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass, sobald wieder alles offen ist, die Leute noch viel mehr als vorher rausgehen und das Geld wieder vermehrt an anderen Stellen investiert wird.“ So sieht er das Gros der Investitionen heuer einem Vor- zieheffekt geschuldet, aus Mangel an Alter- nativen. Auch ein geschichtlicher Vergleich sei hier angeführt: „Wir hatten 2020 ein Bie- dermeier-Jahr, und vielleicht folgt dem heuer ein zweites – je nach weiterem Infektionsge- schehen. Aber wir alle wissen, was nach dem Biedermeier gekommen ist ...“ Geschuldet ist die in den letzten Jahren eher verhalteneNachfragenachMöbelnaber nicht zuletzt auch der Branche selbst, wie Kreut- zer anmerkt. „Der Wohnbereich ist nicht sexy genug. Der Großteil der Branche Der BVDM (Handelsverband Möbel und Küchen) gab in einer Pressemitteilung vom 20. Jänner bekannt, dass das Jahr 2020 für den deutschem Möbel-, Küchen- und Ein- richtungsfachhandel trotz der Umstände wohl leicht positiv abschließen würde. Der Jahresbruttoumsatz liege demnach bei 34,5 Mio. Euro. Nach dem Einbruch im 2. Quar- tal erholte sich die deutsche Wirtschaft im Sommer wieder deutlich. Auch die Bau- industrie – eine wesentliche Grundlage für den Möbel- und Einrichtungshandel – sei im Vorjahr um voraussichtlich 4 % gestie- gen. Für heuer wird ein weiteres Wachstum von 3 % prognostiziert. So sehen die deutschen Analysten auch den Trend zum Cocooning und Homeoffice, welcher die Branche beflügelte. Gleichzeitig bewirkten sie, dass Themen wie Nachhaltig- keit, Qualität, natürliche Materialien und Langlebigkeit ebenfalls eine Renaissance erleben konnten und wohl auch für die Zu- kunft an Bedeutung gewinnen. Auch die temporäre Senkung der Mehr- wertsteuer hätte sich gerade bei hochprei- sigen Gütern positiv auf die Kaufentschei- dung ausgewirkt. Generell standen einigen positiven Effekten bremsende Faktoren wie etwa erhöhte Logistikausgaben gegenüber. Unter dem Strich hätte im Vorjahr der Möbelhandel etwas, der Bereich Küche (inkl. Geräte) jedoch stark angezogen. Ein Umsatzwachstum bei Letzterem von rund 8 % führte zu einem Marktanteil von 39 %. Polstermöbel mit einem Marktanteil von etwa 18 % stagnierten, Schlafzimmer und Wohnmöbel ebenso bei etwa 8 bzw 6 %. Für den Online-Handel markiert das IFH im Jahr 2020 ein Wachstum, das sich gegenüber Vorjahr verdoppelt hat und ein Ausmaß von 80-88 Mrd. Euro ausmacht. Das IFH prognostiziert daraus resultierend für das Jahr 2024 einen Online-Anteil am Einzelhandelsumsatz zwischen 16,5 und 19,4 %. Ebenso zugenommen hätte auch Click & Collect. Abschließend empfiehlt der BVDM dem deutschen Einrichtungshandel digitaler zu werden. Hybride Mischformen wären unerlässlich, ebenso Beratungstools à la Virtual und Augmented Reality. Für das laufende Jahr sieht man – natürlich abhän- gig vom Infektions- und Lockdown-Ge- schehen, weiterhin einen sehr hohen Stel- lenwert beim Thema Einrichten und daher auch einen anhaltend zufriedenstellenden Geschäftsverlauf. www.hwb.online Wie ist die Situation in Deutschland? „Viele schreiben jetzt von Cocooning und der neuen Liebe zum Wohnen. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das ein lange anhaltender Trend ist. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass, sobald wieder alles offen ist, die Leute noch viel mehr als vorher rausgehen und das Geld wieder vermehrt an anderen Stellen investiert wird.“ Fotos: David Bohmann »
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