wohninsider Februar/März 2021

01. 2021 | Februar/März |wohninsider.at 27 fungieren usw. Aber nach und nach wurde es besser, und Moor- mann begann, sich auch selbst am Design zu versuchen – obwohl er keine entsprechende Ausbildung hatte. Dafür hatte er Ideen, die ihn weiterbringen konnten: „Ich sagte mir, wenn ich etwas zum Design beitragen kann, dann nicht das, was gerade en vogue ist, sondern Dinge, die einfach sind und mit wenig Materialeinsatz hergestellt werden können.“ Irgendeine Erfindung musste immer dabei sein, bis heute. Nicht um der Originalität willen, sondern um ein Problem zu lösen: „Einen Tisch mit fünf Beinen beispiels- weise würde ich nie entwerfen, nur weil es originell oder modern ist. Aber die ,Möbelerfindung‘ war mir immer wichtig.“ Tatsächlich sind die Moormann’schen Möbel einfach, intelligent, innovativ und, so Moormann, „mit aller Leidenschaft“ entworfen. Sie bestechen durch ihre reduzierte Formensprache und die prä- zisen Detaillösungen und lassen ein kleines, fast unmerkliches Au- genzwinkern erkennen. Sie sind praktisch und einfach zu bedienen, leicht zusammenzubauen, zu klappen oder wegzustellen. „Diese Philosophie kommt vermutlich daher, dass ich als Autodidakt zum Design kam. Ich versuchte, den jeweiligen Entwurf soweit zu redu- zieren, bis nur die ,pure Form‘ übrigblieb. Aber Achtung, das Ein- fache ist nur vermeintlich einfach, das ist ein langer Weg. Da muss immer wieder hinterfragt werden, da muss jedes Detail immer wie- der berührt werden, wie riecht es, wie fühlt es sich an? Jeder Grad mehr oder weniger bei einer Kante verändert die Anmutung!“ Moormanns Möbel Moormanns erster großer Erfolg war die Schuhkippe von Hanspe- ter Weidmann, die 1984 herauskam. Moormann: „Ein Problem- löser, wenn man nicht viel Platz im Vorzimmer hat.“ Die Schuh- kippe hat nur 16 cm Tiefe, aber jede Menge Stauraum, und einen Kippmechanismus, der alle Fächer gleichzeitig öffnet oder schließt. 1989 folgte dann das wohl bekannteste Stück aus Moormann’scher Produktion, das von Axel Kufus entworfene Regalsystem FNP. Wie entstehen neue Moormann-Möbel? „Am Anfang steht eine Fragestellung, zum Beispiel, wir brauchen einen kunstflugfähigen Schrank, der sich von innen beleuchten und von außen belüften lässt – das soll ein Scherz sein! Nein, wir suchen nach Ideen für bestimmte Anforderungen. Das geschieht entweder durch interne Brainstormings – wir haben hier im Haus unsere eigene Kreativ- abteilung. Oder ich greife selbst zum Stift und mache eine Skizze auf einem Bierdeckel oder während ich auf der Autobahn im Stau stehe oder so. Als Autodidakt bin ich etwas scheu damit, selbst zu entwerfen. Ich überreiche die kryptische Skizze den Designern im Haus, und die versuchen, etwas Sinnvolles daraus zu machen! – Oder wir sehen uns eine Einreichung näher an. Wir bekommen so gut wie jeden Tag des Jahres eine, und da ist viel Interessantes dabei. Aber es muss zu uns passen, wir bringen ja nur zwei neue Produkte im Jahr heraus. Ich finde überhaupt: Als Firma muss man aufpassen, dass man nicht zu groß wird, dass man nicht zu viele Möbel macht. Jedes neue Stück in der Kollektion muss ,ver- standen‘ und ausentwickelt sein, ehe es in Produktion geht!“ www.moormann.de Das „Kammerspiel“, Nils Holger Moormanns Beitrag zum Thema Wohnen auf kleinem Raum, vereinigt die wesentlichen Bereiche wie Essen, Schlafen, Arbeiten oder Lesen im, auf dem und rund um den Kubus herum. © Julia Rotter „Unternehmer wie ich haben einen Dickschädel. Was sie machen, kann gut sein oder auch nicht – aber es hat auf jeden Fall Charakter!“ Viel Inhalt, wenig Regal, dünn und doch stabil, öko- nomisch und öko- logisch: Das von Axel Kufus 1989 entworfene Regal FNP – die Be- zeichnung steht, sehr „deutsch“, für Flächennut- zungsplan – ist ein Moormann’scher Klassiker. © Jäger & Jäger

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