wohninsider Februar/März 2021
01. 2021 | Februar/März |wohninsider.at 29 Werkzeuge, um mitzusprechen. Ich sehe es als meine Aufgabe in der Lehre wie bei design austria, das Berufsbild mehr in die Mitte unse- rer Gesellschaft zu rücken und Designer nicht als Rand-, sondern als Allgemeinberuf anzusehen. Die FH Joanneum hat traditionell einen Designzugang, der nicht nur eine konzeptionelle Stärke und Tiefe, sondern auch hohen handwerklichen Level hat. Das ist wichtig. Im Industriedesign geht es ja nicht nur um das kreative Denken, son- dern auch darum, die PS auf den Boden zu bringen, die Ideen re- levant realisieren zu können und zwar in einer Professionalität, dass Design auch gehört, gesehen und ernst genommen wird. Die Aus- bildung in Graz ist hier ganz vorne mit dabei, unsere Studierenden haben eine gestalterische und eine formale Sicherheit und entwurfs- technische Tiefe, und Industriedesign so eine spektakuläre Zukunft. Ist das auch für dich eine Quelle der Inspiration? Die Zusammenarbeit mit den Studierenden ist nichts Eindimensio- nales, sondern eher ein Rotationsprinzip. Wir sammeln gemeinsam Erfahrungen, bereichern uns gegenseitig und das offene Konzept ermöglicht so vieles, von dem auch ich profitiere. Ich sehe mich nicht nur als Lehrenden, sondern auch als Lernenden. Aus der Praxis, für die Praxis, in die Praxis? Der Praxisbezug ist ganz wichtig. Gleichzeitig braucht es wirtschaft- liche, gesellschaftliche und eine Nachhaltigkeits-Relevanz. Das The- ma der Nachhaltigkeit ist überhaupt ein Schwerpunkt an der FH mit unserem Forschungsschwerpunkt Eco-Innovative Design, bei dem es darum geht, Nachhaltigkeit umfassender zu begreifen. Einer der wichtigsten Merkmale in der Lehre ist, Design in seiner gesamten Komplexität zu verstehen, also woher das Produkt kommt, wer es fertigt, wie es transportiert wird, wie lange es verwendet wird, und ob es am Ende der Verwendung recycelt, refurbished, re-used, einem Kreislauf wieder zugeführt wird, um Neues entstehen zu lassen. Hier spielen wir ganz vorne mit und die inter- nationalen Designpreise, die unsere Studierenden ge- winnen, unterstreichen, dass wir am richtigen Weg sind. Woran arbeitest du aktuell? Natürlich darf ich weder Projekte noch Namen ver- raten, nur so viel: Ich entwickle ganz souverän Pro- dukte und habe Freude daran, mit Entwicklungspart- nern auch über eine lange Strecke zu gehen. Vielleicht haben die Corona-Pandemie und die Lockdowns bewirkt, dass weniger schnell aus der Hüfte geschossen, sondern genauer überlegt wird, in welche Richtung zielgerichtet entwickelt wird. Es macht mir Spaß, Ideen und Produkte bis zum Schluss souverän zu denken und Produkten noch mehr Tiefe zu verleihen. Dieses Phänomen sehe ich auch bei Designer-Kollegen und Unternehmen. Rücken dadurch Themen in der Vordergrund, die in den letzten Jahren ein bisschen verloren gegangen sind? Ich glaube, viele Unternehmen haben sich in dieser Corona-Pause Zeit genommen, um über ihre Unternehmenskonzepte und -strate- gien nachzudenken, und werden sich in Zukunft weniger an ihren Mitbewerbern orientieren, als vielmehr daran, was sie wirklich wol- len. Produkte werden wieder souveräner, seriöser, verantwortungs- voller und tiefgründiger, weniger repräsentativ, sondern funktiona- ler, stärker unseren tatsächlichen Bedürfnisse gerecht und weniger Statussymbole sein. Es wird wieder mehr nach dem Echten gefragt, verstärkt hinter die Kulissen geschaut und hinterfragt. Unser Kon- sum hat sich durch die Pandemie zwangsläufig verändert und durch die Konsolidierung der Unternehmen könnte es auch schwieriger für Designer werden. Nichtsdestotrotz bin ich guter Stimmung: Der Auf- schwung wird kommen. Ich bin überzeugt, dass die aktuelle Situation ein Neustart im positiven Sinne ist, kein Schlusspunkt. Ich freue mich auf die Neuentwicklungen und Messen, auf denen nicht mehr „more of the same“, sondern „the day after“ zu sehen sein wird. www.thomasfeichtner.com www.fh-joanneum.at/institut/industrial-design „Es macht mir Spaß, Ideen und Produkte bis zum Schluss souverän zu denken und Produkten noch mehr Tiefe zu verleihen“, so der international bekannte Produktdesigner. Eine von der Natur inspirierte geometrische Ästhetik charakterisiert das von Feichtner entworfene Fractal Light System von PRECIOSA. Work- trifft Lifestyle beim von Thomas Feichtner für und mit Bene entwickelten modularen Workplace System „STUDIO“.
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