wohninsider Februar/März 2021

01. 2021 | Februar/März |wohninsider.at 97 AM POINT OF SALE WALTER KANDUT Gemeinwohl statt Eigennutz! Foto: © Kandut I n bestimmten Situatio- nen kommt das „wahre Ich“ des Einzelnen zum Vorschein. Das ist zu- mindest mein Empfinden in der jetzigen Zeit. Die Rück- sicht auf Andere, vorausdenkend Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, lässt momentan zu wünschen übrig. In einer Situation wie derzeit kom- men Verhalten zum Vorschein die mir ein düsteres Bild der Zu- kunft vermitteln. Vor allem weil die jetzige Krise nur ein Vorspiel ist. Weitaus schlimmere werden kommen, die noch wesentlich stärkere Veränderungen bringen werden (Stichwort Klimaver- änderung). Na, dann mal Prost Mahlzeit. Man könnte meinen, jeder einzel- ne versucht sich auf Kosten ande- rer einen Vorteil zu verschaffen. Dies zeigt sich auch im Verhalten bei den Covid-Beschränkungen. Wenn sich einzelne Gruppen oder Regionen einen unverhoh- lenen Vorteil „aushandeln“ dann werden zwangsläufig Neid und offenes Unverständnis geschürt. Eine Mischung die in normalen Zeiten gerade noch akzeptabel ist, nicht jedoch in einer Krisen- situation. Rein geschäftlich ist unsere Bran- che bis dato aber sehr gut durch die ganze Misere gekommen. Die doch beachtliche Kunden- frequenz (Covid-konform) und überdurchschnittlichen Auftrags- höhen sind für die jetzige Lage beachtenswert. Als wenn es keine Pandemie gäbe. Jede Medaille hat folglich aber zwei Seiten. Die- se Situation ist auch die einmalige Chance für die Zeit „danach“. Eines muss uns aber bewusst sein: Danach ist nie wie vorher. Weite Teile der Wirtschaft versuchen fast krampfhaft den Zustand „vor der Krise“ wieder herzu- stellen. Das wird es nicht geben, da wurde schon zu viel Porzellan zerschlagen, zu viele Beteiligte haben sich verändert. Nicht in unserem unmittelbaren Segment, aber in vielen anderen Bereichen. Für manche, hoffentlich viele, ist es die beste Möglichkeit in eine nachhaltigere Zukunft zu wech- seln. Nach einer langen Zeit der Veränderung werden sich sehr viele einer neuen Herausforde- rung stellen oder stellen müs- sen. Die zwangsläufige Weiter- entwicklung in den Köpfen hat schon die Basis für eine neue und bessere Zukunft geschaffen. Reden wir über eingeschlichene Fehlentwicklungen auf allen Sei- ten, um sie zu revidieren. Ein not- wendiger Wandel steht im Raum, das bedeutet, wir alle entscheiden mit unserem Verhalten über unsere gemeinsame Zukunft. Die Karten sind neu gemischt, ein neues Spiel beginnt! Es ist aber nicht alles negativ in dieser Zeit. Es gibt auch jede Menge an posi- tiven Ereignissen in der Gegen- wart. Die beste Recherche hat der Zukunftsforscher Mathias Horx in einer seiner aktuellen Kolum- nen veröffentlicht. Er hat welt- weit 35 Projekte aufgelistet, die sehr interessant sind. Schauen sie rein, es lohnt sich (www.horx.com/ 66-good-news-2021) . Wir sind kreativ Eines hat 2020 auch gezeigt. Wir „Möbler“ sind enorm kreativ, um uns auf geänderte Situationen und Rahmenbedingung einzu- stellen. Eine Stärke die nicht in allen Branchen vorhanden scheint. Es ist auch eine Chance und ein sinnvoller Anreiz sich von anderen Trends abzukoppeln und mehr auf die eigene Identität zu achten. Sehr oft hat die Mode vermeintliche Farbtrends gesetzt oder es zumindest versucht. Dies auf die exklusive Einrichtung umzumünzen war und ist immer noch eine Herausforderung. Wir leben von langanhaltenden Inves- titionen, die eigenen vier Wände müssen auch nach Jahren noch ein Lächeln hervorrufen. Das ist zurzeit wichtiger denn je. 2020 zeigte auch die offen- sichtliche Schwachstelle in der omnipräsenten Digitalisierung. Technisch sind die meisten in der Branche schon sehr gut ausgestat- tet. Fast alle Premium Hersteller geben inzwischen 3D-Daten kos- tenlos an die Händler ab. Aber da hapert es oft an geschultem Ver- kaufspersonal. Für nicht geübte ein sehr zeitintensives Unterfan- gen. Da rächt sich auch der so gut wie nicht vorhandene Nach- wuchs in unserer Branche. Eine Stellenbeschreibung für unseren Berufszweig könnte folgendermaßen ausschauen: Ein guter Möbelverkäufer sollte eine handwerkliche Ausbildung (vornehmlich Tischler), ein ab- geschlossenes Architektur Stu- dium, mindesten vier Semester Psychologie studiert haben sowie über einen gesunden Hausver- stand verfügen und neuerdings noch zusätzlich ein 3D-Spe- zialist sein. Einrichten hat sehr viel mit gelebter Emotion, mit zwischen den Zeilen lesen und mit umfassendem Wissen und großem Vertrauen zu tun. Das einem Dritten zu vermitteln ist aufwendig und schwierig. Der doch enorme Zeitaufwand einen guten Plan und eine 3D-Visua- lisierung zu erstellen ist aber in Zukunft Voraussetzung für den notwendigen Erfolg. In Zeiten von geschlossenen Geschäften und nicht stattfindenden Messe- veranstaltungen wäre aber diese Digitalisierung ein gangbarer Weg und ein enormer Vorteil für die zukünftigen Geschäfte. Dieses Thema wird derzeit durch viele kleine Büros und Einzel- kämpfer abgedeckt. Büros mit starkem Bezug zur Architektur, zu gefälligem Design und mit kreativen jungen Leuten wach- sen wie die sprichwörtlichen Schwammerl aus dem Boden. Sie werden eine echte Konkurrenz für die etablierten Einrichter. Die können mit der 3D-Technik schon perfekt umgehen, haben in den meisten Fällen keine oder nur geringe Kosten für einen Schauraum. Diese zwei Bereiche sollten zusammenwachsen und nicht als vermeintliche Gegner auftreten. Jeder Mensch ist sich selbst am nächsten – so war es zu- mindest gestern. Wir haben nun die Gelegenheit ein Stück mehr Gemeinwohl in unser Handeln einfließen zu lassen und uns wei- ter zu entwickeln. Nutzen wir die Chance für morgen! www.agentur-kandut.at Walter Kandut betreibt gemein- sam mit seiner Frau Elisabeth die „agentur für wohnen und mehr“ in Wien. Seine Handelsagentur mit Schwerpunkt auf Service und Kompetenz für den exklusiven Möbel- und Objektfachhandel baut auf über 30-jährige Erfahrung im Verkauf und als Agentur.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDA0NA==