Februar-März 2020

102 wohninsider.at | Februar/März| 01.2020 RAUM : OBJEKT W enig überraschendes Ergebnis einer jüngst publizierten Studie von Ernst & Young: Der Fachkräftemangel gilt den Führungskräften aus Familienunter- nehmen mehrheitlich als die aktuell größte Herausforderung. Allerdings mangelt es nicht nur an Fach-, sondern auch an adäquaten Führungskräften (65 Prozent). Alarmierend ist angesichts dieser Selbsteinschätzung das ge- ringe Problembewusstsein bei der Nachfolge- planung. Zwar hat die Weitergabe innerhalb der Familie hohe Priorität, doch gaben nur 49 Prozent der Befragten an, dass sie die Unter- nehmensnachfolge bereits klar geregelt hätten. Wo dies der Fall ist, übernimmt in neun von zehn Fällen ein Familienmitglied die Führung. „Das Bewusstsein für die Wichtigkeit einer frühzeitigen Nachfolgeplanung steigt erst in älteren Unternehmen an. Bei Gründern or- ten wir einen blinden Fleck“, kommentiert Erich Lehner. Der Verantwortliche für Mit- telstand bei EY Österreich sieht dringenden Nachholbedarf, denn „jene Unternehmen, die ihre Nachfolge geregelt haben, haben eine klarere Strategie und damit die Basis für ein gemeinsames Werteverständnis“. Auch wenn viele noch nicht wissen, wie die Übergabe aus- sehen wird – dass sie innerhalb der Familie stattfindet, ist für knapp zwei Drittel laut Be- fragung wichtig oder sehr wichtig. Die größte Herausforderung dabei: mangelndes Interesse oder fehlende fachliche Eignung der in Frage kommenden Familienmitglieder. Die notwen- digen Aspekte einer erfolgreichen Übergabe: klare Kommunikation (90 Prozent), rechtzeiti- ge Vorbereitung (88 Prozent) und strukturierte Nachfolgeregelung (82 Prozent). Raum für Weiterentwicklung geben Da und dort dürfte man dem Nachfolger die Zügel ruhig ein bisschen lockern: Am liebs- ten wäre es nämlich den meisten, wenn die nächste Generation das Unternehmen mit denselben Werten und Mitarbeitern weiter- führt. „Stabilität und nachhaltiges unterneh- merisches Handeln sind wichtig, aber hier wird unterschätzt, dass auch Weiterentwick- lung essenziell ist“, so Lehner. „Nur knapp mehr als ein Drittel erwartet von der Nach- folge-Generation eine Transformation des Geschäftsmodells.“ Manchmal wäre jedoch genau das nötig, um einen Traditionsbetrieb für die Zukunft zu rüsten. Ähnlich sehen dies Studienautoren von Pricewaterhouse- Coopers: „Familienunternehmen sollten auf Nachwuchsführungskräfte vertrauen, um im digitalen Zeitalter erfolgreich zu sein“, kom- mentiert der österreichische PwC-Experte für Familienunternehmen Rudolf Krickl. Wohin es führt, wenn man die Jungen nicht ans Ru- der lässt, zeige sich überall: „Die heimischen Mittelständler gehen zu vorsichtig an die Digitalisierung heran. Gerade die Chefs von Faktoren für erfolgreiche Weitergabe 90 88 84 83 82 80 74 72 96 93 85 81 81 78 89 74 86 90 76 76 79 69 69 69 89 84 89 89 84 89 68 73 Familiengeführte betriebe (n=93) Aus Sicht eines Gründerbetriebs / 1.Generation (n=27) Aus Sicht eines Betriebs in 2. Generation (n=29) Aus Sicht eines Betriebs in 3. Generation und länger (n=37) Klare Kommunikation innerhalb des Unternehmens Rechtzeitige Übergabe von der alten auf die neue Generation Innovationsbereitschaftder Nachfolger Generation Kennenlernen anderer unternehmen bevor Eintritt ins eigene Unternehmen Klare nachfolge Regelung Hervorragende Ausbildung der Nachfolger Frühzeitige Integration der Nachfolger in das unternehmen Eine mit den Nachfolgern abgestimmte Strategie und Zielsetzung 1. Studienergebnisse «Nachfolgeplanung österreichischer Familienunternehmen» Fragestellung: Was macht aus Ihrer Sicht die erfolgreiche Weitergabe innerhalb der Familie aus? UNTERNEHMENSNACHFOLGE Der blinde Fleck im Betrieb Heimische Familienunter- nehmen leiden nicht nur an einem Fach-, sondern auch an einem Führungskräftemangel. Die Problematik ließe sich entschärfen, wenn rechtzeitig die Weichen für eine geglückte Übergabe gestellt würden. Die Einbindung der nächsten Generation trägt dazu bei, das Unternehmen insgesamt zukunftsfit zu machen. V on R einhard E bner „Gerade bei Gründern orten wir in der Nachfolgerege- lung einen blinden Fleck.“ Erich Lehner, Ernst & Young Klare Kommunikation und rechtzeitige Übergabe sind die wichtigsten Faktoren. „Familienunternehmen brauchen den Nachwuchs für den digitalen Wandel.“ Rudolf Krickl, PricewaterhouseCoopers Grafik: LGT, Foto diese Seite: PwC

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