wohninsider Juni-Juli 2018

22 wohninsider.at BRANCHENTALK M it einem schwachen Plus von 0,5% reüssierte der Kü- chenmarkt im Jahr 2017. Erlösseitig brachte das 396 Mio. Euro bei einer stagnie- renden Anzahl an Küchen von 179.000 Stück. Klar auszumachen sei hier ein Plus von +6,2% in der Erstausstattung und ein Minus von -1,8% im Ersatzbedarf. Auch die durchschnittliche Zahl der Küchenschrän- ke ist 2017 leicht zurückgegangen von 9,6 auf 9,54 Einheiten pro Küche. Geschuldet sei das dem neubaugetriebenen Wachstum, welches sich in erster Linie durch den Geschosswohn- bau nährt. Und hier wären die Küchen jeden- falls kleiner als in anderen Wohnformen. Beim Material lässt sich ebenfalls ein klarer Trend ausmachen. Die Folien verlieren wei- terhin stark (-22%), ebenso wie die Kunststoff- oberflächen (-7%). Weiterhin steigend sind Lack (+7,9%, MA 48,5%) und, so Kreutzer, „überraschend“ massiv/furniert mit +10% (MA 8%). Kreutzer: „Es zeichnet sich ab, dass die Folie wohl bald aus dem Markt rausfliegen wird. Auch der Kunststoff, der derzeit zwar noch 37% MA hat, kommt zunehmend in Be- drängnis.“ Einher mit den Bewegungen hat sich auch der Durchschnittspreis um 1% gestei- gert. Markenseitig ist weiterhin DAN Markt- führer, vom Einbruch von ALNO haben in ers- ter Linie IKEA und Nolte, aber auch Schüller profitiert. Ebenso gut entwickelt habe sich Breitschopf, der mittlerweile die Nummer 3 am Markt bei den österreichischen Marken stellt. Spülen: Kompositprodukte wachsen stark Einem minimalen stückmäßigen Plus von +0,1% steht ein starkes wertmäßiges Wachs- tum gegenüber. 194.000 Spülen wurden 2017 verkauft, der Durchschnittspreis auf Wa- renebene ist um +4,6% gestiegen. Kreutzer macht hierfür zweierlei Gründe aus: „Einer- seits ist das auf die steigenden Preise bei Edel- stahl zurückzuführen, andererseits weil die Kompositprodukte, die deutlich teurer als die Edelstahlspülen sind, unglaublich rasch wach- sen.“ In Zahlen ausgedrückt heißt das: Edel- stahl hat um -2,6 % stückmäßig verloren, liegt aber nach wie vor bei fast 70% MA. Kreutzer: „Edelstahl erodiert absatzseitig und wird nach und nach durch Komposit, die ein Plus von 6,9% verbuchen, substituiert.“ Auch die Einbauart ist Wandlungen unterle- gen. Derzeit werden 80% als klassische Ein- baubecken verkauft, aber zunehmend durch andere Becken (Anbau, Unterbau-Becken) er- setzt. In Zahlen heißt das, dass die Einbau- becken -3% verlieren, während die Küchen- spülen anderer Art (Unterbauspülen bei Stein, flächenbündige Spülen) +15% zulegen. Bran- chenanalyst Kreutzer bewertet die Situation so: „Dadurch, dass wir einen Trend zu Komposit, zu flächenbündig und Unterbau haben, also einen Trend zu höherwertigen Becken, ent- wickeln sich Anbieter wie Blanco und Franke besser als alle anderen.“ Kreutzer fasst zusam- men: „Wir haben hier einen klaren Trend zur Marke.“ Im Küchenhandel ortet er jedoch ein Manko: „Wenn die Kunden nicht extra fragen, bekommen sie in der Regel eine 08/15-Spüle rein.“ Hier sei also auch handelsseitig Potenzi- al gegeben. Bei den Armaturen konnte der Markt um 1,2% umsatzseitig wachsen, bei einem stück- mäßigen Plus von 0,7% auf 280.000 Stück. Der Durchschnittspreis ist um 0,5% gestiegen. Der Marktführer ist hier Blanco mit rund 17% Marktanteil. Küchenarbeitsplatten: Es geht in Richtung Qualität Bei den Küchenarbeitsplatten ist die Entwick- lung ähnlich wie bei den Küchenspülen. Wert- mäßig sind diese um 1,9% gewachsen, flächen- mäßig sogar leicht um -0,6% zurückgegangen. Kreutzer: „Im Regelfall haben wir eine lami- nierte Pressplatte, aber es kommen zunehmend andere Materialien, wobei der Naturstein hier mit Abstand der wichtigste ist.“ Weiters gibt es noch Zuwächse bei der Keramik. Kreutzer kann auch hier bestätigen: „Es geht in Rich- tung Qualität.“ Um gleich nachzusetzen: „Ich bin vorsichtig, wenn von Boom oder Trend ge- sprochen wird. Man muss sich immer die Basis ansehen, von der ausgegangen wird.“ Als Bei- spiel nennt er hier das Wachstum bei Keramik: „Keramik hat sich gegenüber dem Vorjahr um 12% besser verkauft, aber wir sprechen von ei- nem Marktanteil von 2,1%.“ BRANCHENRADAR „AUSBRECHEN AUS BESTEHENDEN BAHNEN“ Mit im wahrsten Sinne des Wortes bahnbrechenden Ideen überrascht Marktanalyst Mag. Andreas Kreutzer beim wohnin- sider-Interview Ende Mai. Die Prozesskette sei einfach umzudre- hen und das im doppelten Sinne „Kasten-Denken“ neu zu erarbei- ten. Nebenbei verriet er uns noch die aktuellen Branchenzahlen zum Küchenmarkt, Küchen- spülen, Arbeitsplatten und Ar- maturen. Fotos: wohninsider/Lilly Unterrader V on L illy U nterrader und G erhard H abliczek „Man muss schon die Kirche im Dorf lassen und sich ansehen, von welcher Basis die Wachstumsraten generiert wurden.“ Mag. Andreas Kreutzer im Gespräch mit wohninsider-Herausgeber Gerhard Habliczek.

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