wohninsider Juni-Juli 2019

03.2019 | Juni/Juli |wohninsider.at 145 AM POINT OF SALE WALTER KANDUT Ist die Erde, sind wir noch zu retten? Foto: © Kandut Walter Kandut betreibt gemein- sam mit seiner Frau Elisabeth die „agentur für wohnen und mehr“ in Wien. Seine Handelsagentur mit Schwerpunkt auf Service und Kompetenz für den exklusiven Möbel- und Objektfachhandel baut auf über 30-jährige Erfahrung im Verkauf und als Agentur. I ch bin normalerweise ein sachlicher Optimist, vor allem was die Zukunft anbelangt. Aber bei der derzeitigen Diskussion über den allgegenwärtigen Kli- mawandel zweifle ich schön lang- sam an der Menschheit, es schaut aus, als ob die Evolutionskraft der Menschen von innen her sabotiert wird. Wobei ich nicht von einem Wandel sprechen möchte, son- dern von einer eindeutigen Krise. Dass es ein globales Problem ist, kann keiner bestreiten, obwohl es immer noch Ewiggestrige gibt, die eine Erderwärmung nicht anerkennen. Alle sind gefordert ihren Beitrag zu leisten, und vor allem nicht zu warten, bis andere damit beginnen. Das gilt für die internationalen und regionalen Politiker, für die verursachende Industrie und Wirtschaft bis hin zu jedem einzelnen unter uns. Mich verwundert und stört letzt- endlich, dass unsere Branche, die Einrichtungsbranche, keine nen- nenswerten Akzente setzen kann oder will, um die Lösung dieses Problems aktiv mitzugestalten. In den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrtausends hat es eine Aufbruchstimmung gegeben, um den Begriff „Bio“ ohne umweltschädliche Stoffe (z.B. Formaldehyd), um nachhal- tiges Massivholz, um Mülltren- nung und Vermeidung, einfach um eine andere Lebensweise ist es gegangen. Einige sehr positive Ideen und Unternehmen sind entstanden und zum Teil auch wieder verschwunden. Geht es nur um Profit? Sang- und klanglos ist diese Zeit verschwunden. Derzeit geht es anscheinend nur um ein Thema – Profit. Um profitabel zu bleiben oder werden sind anscheinend alle Grundsätze von damals nur einer Maxime unterworfen – wir müssen konkurrenzfähig bleiben. Wenn die anderen nichts un- ternehmen können wir es auch nicht, das würde unseren Markt- anteil beeinträchtigen. Mir fehlt einfach der innovative Umgang mit dem geschunde- nen Thema Umwelt in unserer Branche. Da haben wir als Kon- sumenten in den letzten 30 Jah- ren alles falsch gemacht, so hat es zumindest den Anschein. Wir haben Möbel und Einrichtungs- gegenstände dort gekauft wo es am billigsten ist, egal wie und wo es produziert wurde. Wir ha- ben nicht hinterfragt was das für Auswirkungen auf uns Menschen und die damals schon geschunde- ne Umwelt hat. Der überwiegende Teil des Mark- tes ist offensichtlich und vorran- gig nur einem Prinzip unterwor- fen – billig zu produzieren. Egal wo auf der Welt, egal mit welcher zurückbleibenden Umweltver- schmutzung, egal ob die ärmsten Menschen und vor allem Kinder ausgebeutet werden, egal wieviel CO 2 Ausstoß verursacht wird. So hat es zumindest den Anschein. Das Kinder auf die Straße gehen und aktiv Missstände aufzeigen und gegen den Klimawandel de- monstrieren sagt schon alles. Wir, also unsere Generation, sollte nun alles unternehmen, um ge- gen diesen von der Jugend aufge- zeigten Wahnsinn anzukämpfen. Nur abzuwarten bis Vorgaben von der Politik kommen, wird uns nicht retten. Ich denke hier an die erbärmliche Diskussion um das Plastiksackerl. Bis ein Verbot kommt, dauert es ge- fühlsmäßig ewig, und dann gibt es genügend Ausnahmen. Dieser Teil des Problems ist jedoch nur ein verschwindend kleiner aber enorm wichtiger Teil unseres ge- nerellen Problems. Ich verstehe schon, dass dies eine Vorbild- wirkung für andere „Reformen“ sein kann, aber es geht um ein grundsätzliches Umdenken, um eine Neuordnung unserer Syn- apsen im Hirn (wie in der Puber- tät), wenn dies nicht „sofort und umgehend“ stattfindet, werden wir den Planeten nicht retten können. Erst wenn in unseren Köpfen eine andere Denkweise stattfindet können wir an der Lö- sung der Probleme arbeiten. Mir kommt vor, wir (die sogenannte westliche Menschheit) sind aus dem Flugzeug gesprungen und haben den Fallschirm vergessen – und wissen nicht, wie wir den Notfallschirm öffnen können. Nachhaltiger Umgang fehlt Um auf unsere Branche zurück- zukommen fehlt mir einfach der nachhaltige Umgang mit dieser Problematik. Die wenigsten hin- terfragen, wo es produziert wird (lange Transportwege verursa- chen einen Gutteil unserer CO 2 Emission), welche umweltschäd- lichen Stoffe bei der Produkti- on freigesetzt werden, welche schädlichen Zusatzteile (z.B. Plastik das früher oder später in unseren Zellen als Microplastik landet und unsere Gesundheit nachhaltig verändert), welche umweltschädlichen Zusatzstoffe (z.B: Kleber oder Lacke), welche nicht nachwachsenden Rohstoffe (z.B: Tropenholz und der damit verbundene Verlust von Klima- wäldern) werden verwendet. Leben wir „Westler“ auf Kosten ärmerer Kontinente, lassen dort billig produzieren und entsorgen unseren Müll auch dort (doppelte Transportwege)? All diese Fragen werden viel zu wenig gestellt, um den Prozess von innen heraus an- zugehen. Wenn wir nur auf unsere Ge- neration schauen und nicht an unsere Kinder und Kindeskinder denken, werden wir als Genera- tion in die Geschichte eingehen, die den Untergang eingeleitet hat. Sorry, gibt es keine Men- schen, dann gibt es auch keine Geschichte. Wir sind nur Gäste auf diesem Planeten, vor uns hat die Erde schon existiert, sie wird auch nach uns da sein, das steht schon fest. Die Frage ist nur in welchem Zustand. www.agentur-kandut.at

RkJQdWJsaXNoZXIy NDA0NA==