wohninsider Juni-Juli 2019
22 wohninsider.at | Juni/Juli | 03.2019 BRANCHENTALK wohninsider: Die deutsche Möbelindust- rie berichtet von einem leichten Plus bei der Küche, während andere Möbelseg- mente verlieren. Was sagen die Zahlen in Österreich? Mag. Andreas Kreutzer: Sie stimmen nur bedingt für Österreich. Insgesamt wurden 2018 hierzulande 179.000 Küchen verkauft, also so viel wie im Jahr davor. Bezogen auf die Anzahl der Schränke gab es in Öster- reich im letzten Jahr allerdings ein Minus von 0,6 Prozent. Der Grund für die gegen- läufige Entwicklung liegt darin, dass die durchschnittliche Anzahl der Schränke pro Küche abermals gesunken ist, konkret von durchschnittlich 9,54 Schränke im Jahr 2017 auf 9,48 Schränke im letzten Jahr. Und das aus gutem Grund, wurde doch im letzten Jahr der Markt von Erstausstattungen in neu errichteten, mehrgeschossigen Wohnbau ge- stützt, während das Ersatz- und Austausch- geschäft schrumpfte, insbesondere in Eigen- heimen. Infolge des steigenden Anteil der vergleichsweise kleineren Küchen im Woh- nungsneubau ging auch die durchschnittliche Schrankanzahl am Küchenmarkt zurück. Und die Preisentwicklung? Hier bewegen sich Deutschland und Ös- terreich nahezu im Gleichschritt. In beiden Ländern entwickelte sich der Durchschnitts- preis leicht rückgängig. In Deutschland be- trug das Minus 0,4 Prozent, in Österreich 0,9 Prozent. Die Meinung, dass der Markt durch den stärkeren Verkauf von hochpreisi- gen Küchen gestützt wird, ist eine Mär. Es ist zwar richtig, dass in Österreich der Anteil so- wohl von Lackküchen als auch von Küchen mit furnierten Fronten bzw. aus Massivholz an Marktanteil gewinnen. Das geht aber ein- her mit einem signifikant sinkenden Durch- schnittspreis. Alles in allem lagen die Erlöse der Hersteller im Jahr 2018 um 1,5 Prozent hinter Vorjahr. In Deutschland schaffte man zumindest ein moderates Umsatzplus von einem Prozent. Und wie ist die Entwicklung bei den Materialien? Lack macht in Österreich mengenmäßig die Hälfte aller verkauften Küchen aus und hat letztes Jahr erneut um rund zwei Prozent zu- gelegt. Dahinter folgt das Materialsegment Kunststoff mit einem Marktanteil von rund 36 Prozent. Massivholz- beziehungswei- se furnierte Küchen sind wie bereits gesagt wieder ein bisschen im Kommen. Mit einem Marktanteil von acht Prozent besetzen sie aber nach wie vor eine Nische, genauso wie „Folienküchen“, die nicht einmal mehr auf sechs Prozent Anteil kommen. Wie bestimmt sich die Hochwertigkeit einer Küche? Die Hochwertigkeit der Küche macht sich nicht mehr am Küchenmöbel, am Dekor, fest, sondern an den Features, also Spüle, Arbeitsplatte und Armaturen. Dies hat auch einen guten Grund. Vor allem bei grifflosen Küchen schauen die Modelle gleich aus. Kü- chenmöbelhersteller können sich mit ihren Möbeln nur noch schwer differenzieren. Die optische Differenzierung der Küche findet über die Geräte statt und der Konsument hat die Möglichkeit der Individualisierung bei der Spüle, bei der Arbeitsplatte und bei der Küchenarmatur. In diesen Bereichen gibt es tatsächlich auch Tendenzen zur Hochwertigkeit und steigende Preise, wobei in Folge der sinkenden Möbelpreise nicht zwingend auch die Durchschnittspreise der Küche insgesamt ansteigen. Sondern? Die Preise stehen unter Druck und es zeigt sich, dass innerhalb der Kategorien die günstigeren Marken gewählt werden, schlussendlich auch, weil die Küchen wie generell Möbel nicht auffällig gelabelt sind. Kunden wählen günstigere Küchenmodelle und peppen sie mit einer Naturstein- oder Keramikplatte, einer Spüle aus Keramik MAG. ANDREAS KREUTZER Küche bedeutet Funktionsmöbel und Stauraumkonzept Wie entwickelt sich der Küchenmarkt in Österreich? BRANCHENRADAR.com Marktanalyse liefert schwarz auf weiß Zahlen und revidiert damit so manche Einschät- zung. „Die Meinung, dass der Markt durch den stärkeren Verkauf von hochpreisigen Küchen gestützt wird, ist eine Mär“, so Mag. Andreas Kreut- zer. Die Features machen den Unterschied – und neue Wege bei der Planung. V on G erhard H abliczek und S ylvia P ilar „Küche muss funktionieren. Küche ist eigentlich ein Funktionsmöbel und daher muss mehr über die Funktion gesprochen werden.“ Mag. Andreas Kreutzer „Küchenmöbelhersteller können sich mit ihren Möbeln nur noch schwer differenzieren.“ Foto: Andreas Kreutzer
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