wohninsider Juni-Juli 2019
03.2019 | Juni/Juli |wohninsider.at 33 selbst nimmt. Das spiegelt sich auch in den Hotelzimmern wider. Die Badezimmer dort werden zu immer aufregenderen Plätzen, in einem Top-Hotel ist eine Badewanne mittlerweile Standard. Was ist das Besondere am Arbeiten mit Keramik generell und an SaphirKeramik im Besonderen? Marc hat mich angerufen, um eine Design-Präsentation zu ma- chen, bei dem das Potenzial des neuen Materials, das sie gerade eben patentiert hatten, ins rechte Licht gerückt wird. Es hat die Wahrnehmung der Dicke der Sanitär-Wände komplett verän- dert. Am Anfang wollte man bei LAUFEN einfach der Erste sein. Aber ohne Anwendungsgebiet ist es schwierig zu verstehen und zu vermitteln. LAUFEN hat daher mehrere Designer beauftragt, ihre jeweilige Interpretation dessen darzulegen, wie man das Potential dieses unglaublichen Materials anhand von Waschbecken demons- trieren könne. Für mich war es dabei wichtig, nicht nur ein Design zu präsentieren, sondern ein Produkt zu entwerfen, das nicht gegen das Naturell des Materials geht. Als ich den Laufen-Technikern meinen ersten Entwurf von INO zeigte, hab ich sie gefragt, ob das umsetzbar sei. Sie antworteten mir: „Vielleicht“, und dass sie der Umsetzung schon mit großer Spannung entgegenfiebern. Wenn sie mir jedoch geantwortet hätten, es wäre einfach umzusetzen, wäre das für mich die schlimmste Antwort gewesen, denn dann hätte es schließlich jeder machen können. Kann man also sagen, Ihr Ziel ist es, einerseits nie die Verbindung zum Design zu verlieren, auf der anderen Seite aber auch den physischen Kontakt der Nutzer ständig im Auge zu behalten? Als wir die INO das erste Mal gezeigt haben, haben wir der Keramik eine neue Wertigkeit gegeben. Was macht den Unter- schied? Wenn ich einen Orangensaft trinke, macht es auch einen Unterschied, ob ich den aus dem Glas trinke oder einem Plastik- becher. Keramik ist ein altes Material, und als die Menschen es angegriffen haben, waren sie überrascht. Das war der erste Zugang. Eine Überraschung mit einer Innovation zu kombinieren ist ein Punkt. Das Zweite: Bedeutend ist, dass alle Sinne miteinander verbunden werden. Die Haptik, die Form, die Mischung aus alldem. Diese dünnen Kanten, die trotz- dem nicht scharf sind, sondern im Gegenteil, sehr sanft, die Balance in der Arbeit macht einen Reiz aus. Wenn ich zum Beispiel ein Sofa entwerfe, ist es für mich wichtig, dass man schon bevor man darauf sitzt, das Gefühl von Komfort verspürt. Und wenn man sich dann hinsetzt, wird dies nochmals bestätigt. In Wirklichkeit dreht sich alles um Erlebnis. Einen wesentlichen Teil meiner Arbeit verstehe ich darin, einen guten Grund für das Design zu finden. Als letzte Frage stelle ich gerne jene: Welche Frage wurde Ihnen noch nie gestellt, die Sie aber immer schon beant- worten wollten? (lacht) Es gibt eine Menge Fragen, die ich gerne beantworten wür- de. Aber ich suche nicht nach Fragen, das ist immer ein Austausch. Jede Frage, die eine Diskussion ergibt, ist für mich eine gute Frage. Vielleicht sollte es mehr um den Schaffensprozess der Menschen gehen… Die Menschen erzeugen das Produkt mit mir, ich sehe die Menschen, die Zusammenarbeit. Ich liebe es, mich mit den Menschen, die es produzieren, auszu- tauschen. Wir reden immer über Designer, Namen, Stars. Aber alle Designer sind nur deshalb dort, wo sie sind, weil sie in Zusammenarbeit mit dem richtigen Unternehmen sind und den Menschen dahinter. In meiner Arbeit geht es um Verstehen. Wenn die Techniker meine Entwürfe nur mit enor- men Kosten umsetzen können, habe ich das Ziel verfehlt. Ich lerne sehr viel in der Zusammenarbeit mit den Menschen, wie etwa bei LAUFEN. Mit jedem Diskurs lerne ich. Ich möchte nicht nur ein Spezialist sein, ich möchte es verstehen, was dahin- ter passiert. Vielleicht kann man es so beantworten, ich möchte nicht an der Oberfläche bleiben, ich möchte in die Tiefe des Ozeans eintauchen… toan-nguyen.com | www.laufen.com ÜBER TOAN NGUYEN Nguyen wurde 1969 in Paris geboren und ab- solvierte 1995 die ENSCI ebenda. Er über- siedelte bereits 1996 nach Mailand, wo er auch bald die Design-Abteilung bei Antonio Citterio’s design department übernahm. Mit ihm arbeitete er knapp zehn Jahre u.a. für Axor-Hansgrohe, B&B Italia, Kartell, Tech- nogym. 2009 gründete er schließlich sein eige- nes Design-Studio in Mailand, basierend auf zahlreichen erfolgreichen Kooperationen mit Top-Industrie und edler Handwerkskunst in Europa, Nordamerika und Asien in den Sparten Einrichtung, Licht, Keramik und technologische Produkte. Er ent- warf unter anderem für Marken wie Dedon, Laufen, Bugatti Home, Fendi Casa, Coalesse, Teknion, Studio TK, Vibia, Viccarbe, Walter Knoll, Lema, Busnelli, Wendelbo, RH und gewann zahlreiche Auszeichnungen. „Einen wesentlichen Teil meiner Arbeit verstehe ich darin, einen guten Grund für das Design zu finden.“ Vom Gegenstand des täglichen Gebrauchs zum Design-Objekt.
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