Juni-Juli 2020

28 wohninsider.at | Juni/Juli | 03.2020 BRANCHENTALK weiter: „Und wir merken, seit etwa 14 Ta- gen zieht das Geschäft wieder an.“ Dabei hätten sich kleinere regionale Händler, die sich marketingseitig positioniert haben und auf eine treue Stammkundschaft verweisen können, leichter getan als die Großfläche, wo vieles anonymisiert läuft. Noch schneller wäre es allerdings im Elektrobereich gelaufen. Bereits Mitte April sei hier die Notwendig- keit einer neuen Waschmaschine oder eines Kühlschranks schlagend geworden. Unter dem Strich ist Scheithauer zukunftsfroh, denn das Sparvolumen der Österreicher, das zweifelsohne vorhanden wäre, würde derzeit bevorzugt in Einrichtung und das eigene Zu- hause investiert. Auch wenn Faktoren wie die Arbeitslosigkeit derzeit noch nicht abschätz- bar seien, zeige der Mai und Juni für Siemens und seine Partner in eine positive Richtung. Beratungsgespräche wie nie zuvor Für den Essplatz im Studiobereich bilanzierte Roland Potapow von Lavida die Situation: „Einige Händler haben mir berichtet, dass sie nach dem Lockdown Beratungsgespräche wie nie zuvor hatten. Die Leute sind in der Coronazeit erst drauf gekommen, wie sie wohnen. Durch das Home Office haben sie bemerkt, dass sie keinen oder zu wenig Platz haben usw.“ Seine 140 Partner-Betriebe in Österreich wären jedenfalls sehr zufrieden, so Potapow. Die Investitionsbereitschaft im Essbereich liege seiner Einschätzung zufolge ebenfalls bei etwa 10.000 Euro. Auch bei der Edel-Armaturen-Schmiede Dornbracht bilanziert man die Zeit bis dato äußerst positiv: Vertriebsleiter Michael Fürst ist sogar euphorisiert: „Weil unsere großen Mitbe- werber geschlossen hatten oder in Kurzarbeit waren, können wir sehr sehr gut bilanzieren.“ Fürst erzählt: „Ich habe für Dornbracht ent- schieden, keine Kurzarbeit zu machen. Dabei war es überraschend, wie viele Leute angeru- fen haben wegen Ersatzteilen, Austausch von Küchenarmaturen, Muster oder auch ganzer Planungen neuer Bäder.“ Dabei machte die Not auch erfinderisch: Weil der Schauraum geschlossen war, „haben wir im Stiegenhaus für die Investoren unsere Standmodelle aufge- baut.“ Teilweise wären Hotelprojekte vorzogen worden, sodass die Marke aktuell auf Rekord- kurs unterwegs ist. Für das Jahr 2020 sagt Fürst: „Wir werden im oder sogar über Plan sein. Aber ich bin trotzdem vorsichtig. Wie es im Q1 2021 weitergeht, das wird aus heutiger Sicht spannend.“ Schließlich wurde hier si- cherlich viel Vorzugsgeschäft gemacht.“ Dass der Erfolg dabei nicht zufällig kommt, und man nun die Früchte jahrelanger Arbeit erntet, liegt für Fürst auf der Hand: „Wir haben den Vorteil, dass wir vor vielen Jahren schon unsere Hausaufgaben gemacht haben. Wir haben uns anders aufgestellt und sind vom traditionellen Großhandel nicht mehr so abhängig: Architek- ten, Innenarchitekten, Investoren, Bauträger – das bespielen wir alles selber.“ Nachsatz: „Und das hat uns auch sehr geholfen. Denn wenn wir nur über den Sanitärgroßhandel Installateure bedient hätten, dann hätten wir im April null Auftragseingang gehabt.“ Bei Dornbracht (und Alape) habe man konsequent weiter produziert und auch – so möglich – weltweit ausgeliefert. Der extrem wichtige chinesische Markt etwa hätte schon alles wieder aufgeholt, jetzt gelte es, für 2021 vorzuarbeiten, so Fürst. „Wir hätten uns am besten vierteilen sollen“ Markus Gabriel, Inhaber der Firma Decken- design, bedient sowohl Privatkunden als auch den Objektbereich. Er berichtete von mas- siven Einbrüchen im Projektbereich, wäh- rend im privaten Bereich nach einer kurzen Schockstarre das Geschäft schnell wieder an- gelaufen sei. „Mitte April ist es wieder so rich- tig losgegangen. Da hätte man sich am besten vierteilen sollen.“ Dabei hätte er, Gabriel, mit Deckendesign ein klassisches Designprodukt, das im Falle des Falles sicher hintangestellt werden würde, wenn sich der Kunde finanziell entscheiden müsste. Auch Hannes Kober, Inhaber und Chef von Kober Glass, berichtet Ähnliches. Mit sei- nen schaltbaren Gläsern hat er während des Lockdowns Anfragen bis Kiel und Hamburg oder Holland rauf bekommen. „Da war eher das Problem mit der Anreise“, so Kober. Im Objektbereich hätte sich hingegen einiges ver- schoben, Probleme mit Baugenehmigungen waren oft das Hindernis. Bei seinem zweiten Standbein der Küchenrückwände differen - zierte sich seine Kundschaft: „Jene Küchen- studios, die gut aufgestellt sind, haben einen Polster an Aufträgen.“ Und, subsumiert er: „Schauen wir mal, ob die Leute nächstes Jahr noch Geld haben, derzeit schaut es jedenfalls nicht schlecht aus.“ „Wir fühlen uns im Stich gelassen“ Ein dramatischeres Bild zeichnet hingegen Edi Seliger von Reed Messen: „Wir haben das Gefühl, dass man uns als Messeveranstalter Michael Fürst, Vertriebsleiter Dornbracht und Alape: Wir haben den Vorteil, dass wir vor vielen Jahren schon unsere Hausaufgaben gemacht haben. [...] wenn wir nur über den Sanitärgroßhandel die Installateure bedient hätten, dann hätten wir im April null Auftragseingang gehabt.“ Roland Potapow von Lavida. Markus Gabriel, Inhaber der Firma Deckendesign. Hannes Kober, Inhaber und Chef von Kober Glass.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDA0NA==