1. Themen-eBook Mai 2021

50 wohninsider.at | Nachhal t igkei t als Verkaufsargument | Mai 2021 ROMAN LECHNER S chon einmal, im November 2019, trafen wir Roman Lech- ner in seiner Vollholztischle- rei in Gföhl im Waldviertel. Damals sorgte er mit seiner Aussage „Billigmöbel sind Kli- makiller“ f ür Aufsehen. Das Thema Nachhal- tigkeit ist für ihn also sicher kein neues. Neu hingegen ist die Solaranlage am Dach sei- ner Werkstatt, inklusive eines Stromspeichers. Lechner: „Unser Ziel war es, uns so unabhän- gig wie möglich zu machen, sodass wir nichts mehr vom Netz brauchen.“ Diesem Wunsch ist man jetzt einen bedeutenden Schritt nä- her gekommen. Doch das ist nicht die ein- zige Handlung in Richtung Nachhaltigkeit, wie Roman Lechner es definiert: Er erläutert seinen Grundgedanken: „Bei mir fängt Nach- haltigkeit schon bei den Ressourcen an. Wo- her kommen die Materialien, die ich benötige. Kann ein Produkt, dessen Materialien aus China kommen, überhaupt nachhaltig sein?“ Und er erläutert seinen eigenen Weg: „Das von uns verarbeitete Holz wird nach einem möglichst kurzen Transport aus der Region bei uns freiluftgetrocknet. Somit wird auch dabei keine Energie verbraucht. Die Ver- arbeitung in der Werkstatt erfolgt dann größ- tenteils mittels Solarstrom aus der eigenen Anlage.“ Und er schließt: „Der letzte Punkt ist dann die zu erwartende Lebensdauer. Wir bauen Möbel, die viele Jahrzehnte halten, vererbt und dann auch noch restauriert wer- den können.“ Sein Blick fällt dabei auf einen in seiner Werkstatt stehenden zu restaurieren- den Stuhl. „Dieser Sessel ist etwa 100 Jahre alt, die Energie, die damals da reingeflossen ist, hauptsächlich Handarbeit, ist heute noch da, das damals verbrauchte Holz ist schon mindestens dreimal nachgewachsen. Und man kann es noch immer verwenden. Das ist für mich echt nachhaltig.“ Eigenverantwortung gefragt Wie würde er nun Nachhaltigkeit definieren? „Zusammengefasst würde ich sagen, alles, wo man dem Planeten nichts wegnimmt, ist nach- haltig.“ Dabei sei auch sehr viel Eigenverant- wortung gefragt, wie er meint: „Die Politik handelt meiner Ansicht nach nicht nachhaltig, sonst müssten sie die Importe stark verteuern, denn z.B. Frachtschiffe sind die große Umwelt- sünder und erzeugen mehr CO 2 als alle Privat- autos in Mitteleuropa zusammen gerechnet.“ Aber Lechner geht noch weiter: „Meiner An- sicht nach ist das aktuelle Agieren der meisten Betriebe grob fahrlässig. Wenn ich keine vier Wochen weiterarbeiten kann ohne Fremdhilfe, weil ich die Materialien nicht habe, weil mir Komponenten fehlen, dann bin ich zu sehr in Abhängigkeit, dann steht alles binnen kürzes- ter Zeit, wie wir jetzt erst bei dem stecken ge- bliebenen Frachtschiff im Suezkanal gesehen haben.“ Nachhaltigkeit ist … Unabhängigkeit Roman Lechner aus Gföhl hat in vielerlei Hinsicht sein eigenes Konzept. Allen Gedanken zugrun- de liegt jedoch die Idee von Nachhaltigkeit. Er ist Möbelbauer, Planer und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger. Von Gerhard Habliczek und Lilly Unterrader Für den Tischlermeister Nachhaltigkeit pur: Ein Sessel, gebaut vor mehr als 100 Jahren, aus mittlerweile oftmals nachgewachsenen Materialien, und gut restauriert wohl weitere 100 Jahre nutzbar. „Zusammengefasst würde ich sagen, alles, wo man dem Planeten nichts wegnimmt, ist nachhaltig.“ Roman Lechner

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