wohninsider Oktober/November 2018

40 wohninsider.at NETZWERKE D ie Digitalisierung ändert nicht nur die Produktwelten der Weißware und die Her- stellung dieser Produkte. Sie ändert auch die Art und Wei- se, wie eine Marke mit dem Kunden in Kon- takt tritt und wie sich diese damit letztlich dar- stellen muss, um den Kampf um die knapper werdende Aufmerksamkeit zu gewinnen. Mar- kus Miele, der Urenkel des Firmengründers, hat einen fast schon spielerischen Zugang zur Veränderung: „Wir probieren viel aus, und in Summe lernen wir daraus: aus unseren Erfol- gen genauso wie aus unseren Fehlern.“ Auch Umwege führen ans Ziel Mitte Oktober fand sich der geschäftsführende Gesellschafter von Miele & Cie. zum Marke- ting Forum in Linz ein, um über das „Phäno- men Miele“ und die digitale Transformation des Traditionsunternehmens zu berichten. Zu- vor hatte Sven Gábor Jánszky einen Blick in die Zukunft gemacht. Sein Befund: Wie Er- fahrungen aus der Vergangenheit zeigen, weiß der Kunde meist gar nicht, was er in Zukunft will. „In Umfragen konnte sich keiner vor- stellen, ein Handy mit Touchscreen zu bedie- nen. Ein damals wichtiger Anbieter hat sei- nen Kunden geglaubt und blieb bei Tasten. Er heißt Nokia.“ Wie man heute weiß, war dies der Anfang vom Ende eines Marktführers und der Beginn des Aufstiegs des iPhones. Auch bei den Hausgeräten ist nicht immer klar, wohin die Reise geht. Miele lässt daher regelmäßig Versuchsballons starten: „1998 brachten wir InfoControl auf den Markt, eine Restlaufan- zeige unabhängig von der Waschmaschine“, erzählt Markus Miele. „Wir dachten, das wür- den bloß Junge kaufen – das Gegenteil war der Fall!“ InfoControl wurde vor allem bei den l- teren ein Verkaufsrenner. Diese unternahmen damit nun nicht mehr umsonst, nämlich vor Ende der Waschzeit, den mitunter beschwer- lichen Gang zur Waschmaschine im Keller. Mittlerweile existiert die InfoControl nebst vielen weiteren Infos, Bedienmöglichkeiten und Features natürlich längst als App auf dem Smartphone. ber dasselbe Medium lassen sich seit 2017 Rezepte für Herde und Kochfel- der abrufen. Aber auch die Geräte selbst kom- munizieren miteinander: Seit 2008 steuert das Kochfeld den Dunstabzug via Con@ctivity. Ein frühes Beispiel einer Smart Home-Funk- tionalität, deren Nutzen sich von Anfang an klar erschloss. Smart Home & Smart Trade Um das wachsende Feld zu beackern, grün- dete Miele vor zwei Jahren einen eigenen Ge- schäftsbereich für Smart Home: „Ziel ist es, Kompetenzen zu bündeln, Märkte zu analy- sieren, Partner einzubinden und Produkte zu entwickeln“, so der Miele-Chef. „Unsere neue Tochter, die Venture Capital GmbH, wickelt gemeinsame Projekte mit Start-ups ab.“ Auch der Vertriebskanal Internet wird aktiv gestal- tet – durch autorisierte Vertriebspartner, die sich den Miele-Werten verpflichten. „Letztlich geht es darum, dass POS- und Online-Auf- tritt die gleichen Leistungen erbringen, auch wenn diese für den jeweiligen Kanal übersetzt werden.“ Großes Geschäft sei Mieles Online- Shop, der etwa in sterreich seit 2013 besteht, keines, aber ein notwendiger Kontaktpunkt zum Kunden. Spitzenposition im Preiskegel Die einstige Preispyramide – mit einem brei- ten Economy- und einem spitzen Premium- Segment – ähnelt längst schon mehr einem Kegel als einer Pyramide. Die Entwicklung verschärft sich künftig, weil gerade im Billig- segment Aggregatoren-Marken an die Stelle von Herstellermarken treten, so Zukunftsfor- scher Jánszky. Bei diesen handelt es sich um Plattformen oder Bots, die Produkte mitein- ander vergleichen und das jeweils beste Ange- bot herausfiltern. Der Schluss daraus: „Echte Marken sterben nie – das gilt aber nur, wenn sie’s in den Premiumbereich schaffen.“ Wo- mit Miele der Weg zur Unsterblichkeit offen- stünde, denn kaum ein Unternehmen scheint so kompromisslos auf Premium ausgerichtet. „Unsere Vision ist es, die vertrauenswürdigs- te und begehrenswerteste Premium-Marke der Welt zu schaffen“, hält Markus Miele fest. MARKETING FORUM LINZ „EINFACH AUSPROBIEREN!“ "Prognosen sind oft unsicher – insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen." Miele-Chef Markus Miele hat ein ebenso einfaches wie erfolgreiches Patentrezept, um dem Wandel zu begegnen: Einfach mal etwas Neues ausprobieren! V on R einhard E bner Fotos: Roland Pelzl/cityfoto In Linz sprach Markus Miele über das Markenversprechen des seit 1899 bestehenden Anbieters. Zukunftsforscher Jánszky: „Echte Marken sterben nicht – wenn sie’s in den Premium- Bereich schaffen.“ „Österreich gehört für Miele zu den Top 5-Märkten – mit einem unglaublich hohen Marktanteil. Schade, dass das Land nicht mehr Einwohner hat!“ Markus Miele

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