Oktober-November 2019

05.2019 |Oktober/November |wohninsider.at 129 AM POINT OF SALE WALTER KANDUT Die „Verkäufer“ der Zukunft! Foto: © Kandut Walter Kandut betreibt gemein- sam mit seiner Frau Elisabeth die „agentur für wohnen und mehr“ in Wien. Seine Handelsagentur mit Schwerpunkt auf Service und Kompetenz für den exklusiven Möbel- und Objektfachhandel baut auf über 30-jährige Erfahrung im Verkauf und als Agentur. D er österreichi- sche Möbel- markt ist mehr oder weniger aufgeteilt in zwei sehr konträre Bereiche. Auf der einen Seite die großen Player, wo der Kunde „selbst“ einrich- tet, sein eigener Innenarchitekt ist. Problem: Der Kunde hat meistens kein räumliches Vorstel- lungsvermögen, ist sich unsicher bei Farben und Materialien oder braucht einfach einen Mediator zwischen Frau und Mann, Jung und Alt, einfach zwischen unter- schiedlichen Vorstellungen. Auf der anderen Seite sind dann die unzähligen Spezialisten, ex- klusiven Studios und kreativen Planer gefragt. Diese haben je- doch ein riesengroßes Problem, nämlich geeignetes Personal zu finden. Ein schwieriges Unter- fangen, deshalb reduzieren sich immer mehr auf die eigene Per- son mit begrenzter Zeitkapazi- tät. Das spürt der Markt, gute Studios und gutes Personal sind Mangelware. Wohin soll der Kunde gehen? Im wohninsider habe ich schon mehrmals über dieses Thema geschrieben, gefühlsmäßig wird die aufgezeigte Problematik aber immer schlimmer. Wohin sollen die kaufwilligen Kunden gehen, wenn sie keine geeigneten Persön- lichkeiten finden oder kennen? Was sind die optimalen Anfor- derungen an den spezialisierten Möbelverkäufer, der Wünsche und Vorstellungen des Kunden lösen kann? Eine abgeschlossene Tischler-Ausbildung, ein absol- viertes Architekturstudium und mindestens vier Semester Psycho- logie-Studium? Zu dieser Grund- ausbildung kommt noch der ge- sunde Hausverstand, eine äußerst kommunikative Persönlichkeit und absolute Bereitschaft, dann zu arbeiten, wenn der Kunde Freizeit hat. Wenn man all diese Vorgaben erfüllt, und dann noch bereit ist ein Leben lang zu ler- nen, ist man ein Spitzenverkäufer und ein echter Spezialist in der Branche. Jedoch haben und wer- den diese Voraussetzungen nicht sehr viele erfüllen können. Es sind also andere Werte gefragt, um das Problem überhaupt zu lösen. Freude an der Herausfor- derung, dem Umgang mit Ande- ren und Freude an der ständigen Erneuerung seines Wissens. Mit dieser Einstellung kann man viele der Vorgaben wettmachen und zum Problemlöser des Kunden werden. Die „Probleme“ sind sehr vielfältig und haben mit dem „Produkt“ Möbel nicht immer viel zu tun. Die Lösung der ein- gangs erwähnten Themen steht im Vordergrund. Das Vertrauen des Kunden muss oder besser sollte vorhanden sein, sonst wird die Lösung nicht ankommen oder wird der Kompromiss des Vermittlers nicht umsetzbar sein. Freude am Beruf Aber wie kann man in der heuti- gen Zeit an die „Freude“ am Be- ruf appellieren oder diese zurück- gewinnen, wenn die Konkurrenz anderer Branchen übermächtig scheint, die brancheninterne Aus- bildung andere Schwerpunkte verfolgt oder einfach keine geeig- neten Rezepte entwickelt werden? Ich sehe in der Aufwertung der gesellschaftlichen Akzeptanz die- ses Berufes die einzige Chance der Abwärtsspirale zu entrinnen. Es muss die soziale, die kollektive Bedeutung einen anderen Stel- lenwert bekommen damit wir eine Trendumkehr erreichen. Wir müssen die Fehler der Ver- gangenheit offen ansprechen und uns von Pseudo-Innenarchitekten deutlich distanzieren, die uns die Suppe ganz schön versalzen haben. Die sichtbare Freude am Beruf ist entscheidend, sollte im Vordergrund stehen. Aber eine authentische, keine gespielte Be- geisterung muss es sein, das spürt der Kunde sofort und es kommt zu keiner Kaufentscheidung. Eine weitere Aufgabe ist, wie ver- mitteln wir unseren potenziellen Kunden, dass es uns gibt? Wie finden die lange „suchenden“ Kunden diese kreativen Persön- lichkeiten im Handel? Entweder nimmt die Branche gemeinsam sehr, sehr viel Geld in die Hand für professionelle Öffentlichkeits- arbeit und/oder wir forcieren die äußerst positive und effekti- ve Wirkung einer persönlichen Empfehlung viel mehr. Es sollte auch kein Brotneid vor- handen sein, der Kunde kauft dort wo das größte Vertrauen zur Persönlichkeit besteht, bekannt- lich kann man eine „Person“ nicht kopieren oder günstiger machen. Deshalb braucht sich der Möbelhandel außerhalb der Großfläche nicht vor der vermeintlichen Übermacht der Konzerne fürchten, wirklich gute Leute gibt es dort immer weni- ger oder sie sind eigentlich jetzt schon nicht mehr vorhanden. Unsere starken Frauen Es ist nicht alles schlecht in unse- rer Branche, diesen Eindruck möchte ich nicht erwecken. Es gibt in Österreich durchaus Re- gionen mit Lichtblicken, wo die soziale Bedeutung des Berufes noch immer vorhanden ist und es wieder „IN“ ist in diesem Be- ruf zu arbeiten. Es zeigt sich al- lerdings auch, dass dies zu einem überwiegenden Teil von Frauen betrieben und forciert wird. Die ehemalige Männerbastion wird zusehends von Frauen kräftig durchmischt. Frauen bringen die Freude, den gesunden Hausver- stand teilweise besser rüber und sind selbstbewusster als manche männlichen Kollegen und sie sind darüber hinaus auch sehr oft besser ausgebildet. Vielleicht liegt es daran, dass über 90 % der Kaufentscheidungen in unserer Branche direkt oder indirekt von Frauen getroffen werden, schein- bar lässt sich von Frau zu Frau ein besseres Vertrauen aufbauen. Fakt ist, einer der schönsten und abwechslungsreichsten Berufe ist der Verkauf in einem Möbel- studio. Der entspannte Umgang mit anderen Menschen, Formen und Materialen steht im Vorder- grund, das allein ist schon Grund genug, um den Beruf wieder at- traktiver zu machen. www.agentur-kandut.at

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