Oktober/November 2020
112 wohninsider.at |Oktober/November | 05.2020 AM POINT OF SALE WALTER KANDUT Schön langsam verstehe ich die Gesellschaft nicht mehr! Foto: © Kandut Walter Kandut betreibt gemein- sam mit seiner Frau Elisabeth die „agentur für wohnen und mehr“ in Wien. Seine Handelsagentur mit Schwerpunkt auf Service und Kompetenz für den exklusiven Möbel- und Objektfachhandel baut auf über 30-jährige Erfahrung im Verkauf und als Agentur. I m September 2020 wurden so viele SUVs wie noch nie verkauft. Die motorbezogene Versicherungssteuer wurde mit 1.10. stär- ker an den CO 2 Ausstoß gekop- pelt. SUVs haben in der Regel kostspielige Motoren mit höhe- ren Volumen und Verbrauch in einer eher gehobenen Preis- klasse. Hier hat sich die Steuer pro Jahr im Durchschnitt um 50-70 % erhöht. Im Verhältnis zum Kaufpreis ein Pappenstiel, aber dem Anschein nach war es doch ausschlaggebend. Man könnte sagen, die haben nicht verstanden, um was es geht. Wir haben ein Klimaproblem, wenn wir das nicht gemeinschaftlich lösen, sieht es schlecht für unse- re Nachkommen aus. Wenn wir nicht ALLE schon vorab begin- nende Eigeninitiative zeigen, wird irgendwann der Staat sehr drastische Maßnahmen ergrei- fen müssen. Dieser Einschnitt wird dann gefühlsmäßig sehr plötzlich sein und dadurch viel schmerzlicher und letztendlich einschneidend. Ein Anstoß zum persönlichen Nachdenken Wir müssen von uns aus JETZT beginnen, darauf zu achten und jeder für sich seinen persönlich CO 2 Ausstoß verringern. Wenn wir das Floriani-Prinzip anwen- den (die anderen zuerst), wird nichts passieren. Im letzten Au- genblick noch auf die Pauke zu hauen ist eine Breitseite gegen die Umwelt und verschlimmert die ganze Problematik noch mehr. Ausbaden müssen es dann auch immer die Schwächeren, die Vorbildlichen, die, die ver- standen haben, um was es geht. Das gleiche Prinzip sehen wir bei der Covid-19 Krise. Einige wenige Unverbesserliche halten sich nicht an die Hygiene-Maß- nahmen (vor allem bei privaten Feiern) und verursachen dadurch höchstwahrscheinlich die steigen- den Infektionszahlen. Was bleibt dann der Kommune, dem Staat noch anderes übrig, als drastische Maßnahmen zu ergreifen. Zum Handkuss kommt dann wieder die „verantwortungsbewusste“ Mehrheit der Gesellschaft. Oder die aufkommende Kauf- euphorie von exklusiven Immo- bilien. Wenn man genug Geld hat, kauft man sich das dritte oder vierte Haus, die fünfte oder sechste Wohnung. Jeder kann aber nur jeweils eine gleichzeitig nutzen. Jede Immobilie hat auch seinen individuellen ökologischen Fußabdruck und Energiebedarf. Daraus ergibt sich, dass 10 % der Reichsten 50 % des Co 2 Aussto- ßes verursachen, vielleicht eine plakative und überspitzte Aussa- ge, aber ein Anstoß zum persön- lichen Nachdenken. Die Folge dieser Entwicklung ist, dass die Preise steigen und steigen und im- mer mehr Bevölkerungsschichten sich angemessenes Wohnen nicht mehr leisten können. Ein gutes Beispiel ist hier Kitzbühel. Grund und Boden wird verkauft. Die Preise steigen in astronomische Höhen, die meisten „Einheimi- schen“ können sich das Leben im Ort nicht mehr leisten und ziehen in umliegende Regionen. Die Fol- ge ist, der Verkehr steigt, sie pen- deln dann täglich zur Arbeit, der CO 2 Ausstoß durch den Verkehr steigt und steigt. Da beißt sich Katze in den Schwanz, ein ver- flixter Teufelskreis, von dem man nur mehr schwer loskommt. In den großen Ballungszentren spielt sich ein ähnliches Drama ab. Mit genug Geld zieht man aufs Land, die Speckgürtel wer- den immer größer, die schönsten landwirtschaftlichen Flächen werden zubetoniert, der Verkehr steigt und steigt, die vorhandene Infrastruktur kollabiert usw., eine Kettenreaktion wird ausgelöst. Für und Wider Es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Die augenscheinliche Entwicklung ist eine positive für unsere gehobene Möbelbranche. Diese offensichtliche Zunahme ist schon fast wie eine Goldgru- be. Die ganze Entwicklung hängt aber auch mit dem Fremdenver- kehr zusammen und dem immer stärker dominierenden Ost-West- Gefälle. Der Westen Österreichs hatte 2020 den besten Sommer- Fremdenverkehr aller Zeiten, das hat auch seine positiven Auswir- kungen auf unsere Branche bzw. deren Umsatz. Bleibt nur die Frage, wie lange dieser kurzzeitige Trend noch anhalten wird. Im schlimmsten Fall kann es von einem Tag auf den anderen ins Gegenteil um- schwenken. Diese beschriebene Entwicklung ist aber nicht „nach- haltig“, löst das dahinterliegende Problem leider nicht. „Nach mir die Sintflut“ ist nicht der richtige Ansatz. Es fehlt an der persön- lichen Grundeinsicht daran was zu ändern. Je mehr wir darüber reden, desto schlechter wird es, so ist zumindest meine Wahrneh- mung. Denken wir lieber langfris- tiger. Wer hofft, die Politik wird schon die Vorgaben machen, den muss ich leider enttäuschen. Die meisten Politiker machen nur das, was die vermeintliche Mehr- heit will. Wir dürfen uns daher keine allzu großen Aktivitäten von „oben“ erwarten, wenn nicht die Mehrheit der Gesellschaft entsprechenden Druck ausübt. Das ist kein Feldzug gegen die „Reichen“ oder die, die es gerne sein wollen, im Gegenteil, ich möchte einen Denkanstoß geben, um die Probleme unserer Zeit aus einer anderen Perspektive zu betrachten, egal ob Arm oder Reich. Derzeit hat es für mich den Anschein, dass wir in die falsche Richtung steuern. Jeder für sich sollte überlegen, ob wir dieses Spiel mitspielen oder was ändern. Es muss aber jetzt sein, nicht erst am Sankt-Nimmer- leins-Tag, denn dann werden die nächsten Generationen, unsere Kinder und Enkel, das Problem nicht mehr bewältigen können. www.agentur-kandut.at
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