Die KI kam schleichend

Im Zuge der Preview zu Mieles neuem Geschäftsfeld der Outdoor Kitchen Ende August baten wir den geschäftsführenden Gesellschafter Dr. Markus Miele zum Gespräch. Dabei erläuterte er, welche Rolle Österreich für das internationale Unternehmen spielt, dass die KI schon lange Teil von Miele ist und was man sich von dem neuen Geschäftsfeld erhoffen darf.

Von Lilly Unterrader

 

Seit mehr als 25 Jahren steht Dr. Markus Miele aktiv im eigenen Familienunternehmen an der Spitze. Ende August 2025 konnte er – gemeinsam mit Stefan Breit, Gernot Trettenbrein, Axel Kniehl und Christian Gerwens – mit Mieles Dreams nicht nur ein neues Produkt, sondern gleich ein zusätzliches Geschäftsfeld und einen neuen Raum für das Unternehmen eröffnen. Miele geht damit fortan aus dem bewährten Wohnbereich raus und eröffnet durch die Übernahme von Otto Wilde vor vier Jahren nun das Outdoor-Segment. Dabei begnügt sich das Traditionsunternehmen nicht nur auf klassische Gasgriller, sondern liefert gleich ein komplettes Sortiment und Konzept.

wohninsider: Dr. Miele, mit einem markanten Marktanteil und stetigen Wachstumsraten ist Miele Österreich wohl ein Vorzeigeland für den Konzern. Welche Rolle spielt die Alpenrepublik aus Ihrer Sicht für das Unternehmen?

Dr. Markus Miele: Österreich ist stets eine unserer am stärksten performenden Länderorganisationen und immer unter den Top 10 weltweit. Unsere österreichischen Kollegen sind Garant für kontinuierlich gute Arbeit, das sehen wir nicht nur an den Marktanteilen, sondern auch an den Kundenumfragen.

Und auch privat bin ich gerne in Österreich, etwa bei den Salzburger Festspielen.

In anderen großen Unternehmen mit deutscher oder internationaler Mutter wächst der Einfluss auf die österreichische Niederlassung seit Jahren kontinuierlich. Ist das bei Miele anders, aus Ihrer Sicht?

Wir stellen die Produkte zu einem Großteil in Deutschland her, haben aber immer auch die lokalen Anforderungen im Blick, weil die Marktgegebenheiten überall andere sind. Das fängt beim Service an, da gibt es etwa Täler in Österreich, die man im Winter nicht so schnell erreicht. Dann stellt sich für uns die Frage: Wie organisiert man hier Service? Diesbezüglich müssen unsere Kollegen in Österreich z.B. für die Reparatur von verschiedenen  Geräten geschult werden. Genau um das herauszuarbeiten, dafür haben wir unsere lokalen Kollegen vor Ort. Gleiches gilt auch etwa für Gerichte für unsere Automatikprogramme. Da gehen wir  auf die lokalen Erfordernisse ein und passen die Programme entsprechend an.

Im Grunde versuchen wir einerseits sehr eng am Kunden zu sein, auf der anderen Seite nutzen wir Synergien , wo es möglich ist, etwa bei Werbekampagnen.  

Um auf die Outdoor-Küche zurückzukommen. In der Präsentation hieß es, es gab zahlreiche Test-Haushalte …

Ja, es gab viele Anfragen,  Test-Haushalt zu werden (lacht). Aufgrund der Tatsache, dass wir mit Otto Wilde schon ein Start-up in diesem Markt hatten, war es einfach. (2021 erwarb Miele Teile des Unternehmens und übernahm es 2023 dann vollständig. Anm. der Red).  In Summe hatten wir deshalb 5.000 Haushalte, in denen ein G32 Connected von Otto Wilde im Einsatz war. Von ihnen haben wir Feedback und  wertvolle Hinweise darüber bekommen, wo etwas  verbessert werden kann.

Zusammenfassend kann man sagen: Wir von Miele kamen klassisch von Indoor, das Team von Otto Wilde kamen aus dem Outdoor-Bereich. Wir haben  bemerkt, dass wir  teilweise über ganz andere Dinge sprechen. Denn draußen und drinnen gelten etwa jeweils andere Normen. An dieser Stelle haben wir viel dazugelernt.

Nun wurde ja Otto Wilde als Marke aufgelassen zugunsten von Miele …

Miele hat die deutlich größere internationale Organisation, gleichzeitig lohnt es sich nicht, eine zweite Marke in 40 Ländern aufzubauen. Damit war klar, dass wir die Sparte unter Miele übernehmen. Vor allem für eine Internationalisierung ist dies sinnvoll – es gibt einen großen Markt in den USA und Australien, dort wird noch viel mehr draußen gekocht als in Europa. Und es war eine Entscheidung, bei der alle Beteiligten mitgegangen sind. Das zeigt sich auch daran, dass die drei Gründer von Otto Wilde heute (im Zuge der Preview Ende August, Anm. d. Red.) auch hier waren, das war sehr schön.

In der Präsentation wurde auch erwähnt, dass es für das neue Geschäftsfeld eigene Vertriebswege und ein eigenes Team geben wird. Wie wird das aussehen?

Es gibt bereits andere Vertriebswege für Outdoor Cooking, die wir heute teilweise schon mit Otto Wilde bespielen. Wir können uns des Weiteren gut vorstellen, Dreams mit einzelnen selektierten Händlern aus dem Küchen-Möbelhandel zu verkaufen. Jedenfalls braucht der Händler  eine gewisse Affinität und Herzblut dafür – und die Produktkompetenz. Daran arbeiten wir derzeit.

Viele Studios gehen mittlerweile in die Komplettausstattung. Wird es für ein klassisches Küchenstudio mit Ambitionen zu mehr möglich sein, Mieles Dreams ins Sortiment zu nehmen?

Ich kann mir vorstellen, dass es ein paar passende Partner gibt. Denn, wenn ich eine Küche beraten kann, könnte Outdoor eine natürliche Erweiterung sein. In beiden Fällen spreche ich über Kochen. Viele dieser Dinge sind ähnlich. Und trotzdem ist das Thema komplex. Neue Fragen stellen sich, wie:  Was kann ich draußen machen, wie setze ich die Modularität ein, was möchte der Kunde wirklich? Da braucht es entsprechende Kompetenz …

… und eine Ausstellung.

Ja, klar. Wir gehen davon aus, dass der Kunde die Geräte dann auch ausprobieren möchte. In Deutschland haben wir schon einige Partner, die mit der Outdoor-Küche solche Events anbieten. Das zieht dann oft weitere Kreise: Da kommen dann Fragen wie: Wo bekommt man das passende Fleisch her? Wie funktioniert das mit direktem/indirektem Grillen? Im ersten Step gehen wir sehr selektiv vor und müssen das Produkt aus Endkundensicht anschauen. Zudem kommt unser Gerät aufgebaut, nicht als Flatpack, d.h. wir brauchen eine entsprechende Logistik bis zum Endkunden.

In Bürmoos werden ja bereits jetzt Teile der Outdoor-Sparte produziert. Wie sieht es mit dem Rest aus und wird das etwas ändern am Setting?

Das ist korrekt, der Sear-Pro (der Oberhitzen-Grill, Anm. der Redaktion) wird in unserem Werk in Bürmoos hergestellt, das Top für den Gasgrill kommt aus unserem Werk in China, weitere Teile kommen aus Bünde, die Module aus Ansberg sowieweitere Teile aus Gütersloh. Insgesamt sind fünf unserer Werke an der Produktion der Outdoor-Küche beteiligt.

Blicken wir auf die allgemeine Geschäftssituation: Wie lautet Ihre Prognose für das laufende Jahr?

Nach wie vor haben wir eine angestrengte Geschäftslage. Die geopolitischen Herausforderungen werden nicht weniger. Viel hängt davon ab, ob sich die Welt beruhigt.

Gehen Sie für das laufende Jahr von einem positiven Ergebnis für Miele aus?

Wir erwarten ein solides Geschäftsjahr, auch wenn die Rahmenbedingungen herausfordernd bleiben.  Natürlich ist alles volatil. Allein die Zollankündigung von Trump beeinflusst einen erheblichen Teil des Geschäfts …

Noch eine allgemeine Frage: Wie bereiten Sie sich auf Trends vor, z.B. KI?

Damit beschäftigen wir uns schon sehr lange. Seit 20 Jahren schauen wir uns Zukunftstrends an, in unterschiedlichen Kategorien. Da geht es zum Beispiel um Wohnformen oder demografische Studien. Diese Erkenntnisse brechen wir dann auf kurzzyklische Trends herunter – etwa aus der Automobilindustrie. Anschließend schauen wir uns die etwa die Mode  an und führen Szenarien zusammen. Für all diese Optionen versuchen wir mögliche Lösungen zu finden; idealerweise gibt es eine Antwort, die für alle Szenarien gilt.  Diesspielen wir mit den einzelnen Business Units durch – Produkt und Markt – und versuchen alles übereinanderzulegen. Das machen wir immer wieder für einzelne Produktbereiche. Wie entwickelt sich Küche, wie entwickeln sich Lebensformen etc.? Daraus schließen wir dann auf Trends.

Als Beispiel lässt sich hier der Staubsauger Vooper, der im Vorjahr präsentiert wurde, nennen, richtig? Wenn man aber von globalen Entwicklungen spricht, etwa KI: Wie kann man sich auf so etwas vorbereiten?

Dazu stellen wir immer die Frage: Was ist der Einfluss dessen auf unsere Produkte? So haben wir 2015 etwa das erste TempControl-Kochfeld auf den Markt gebracht. Da wird mit einem Sensor die Temperatur des Topfbodens gemessen. Da ist ein neuronales Netz mit dabei. Im Prinzip handelt es sich dabei schon um eine KI, aber wir haben es nie so genannt. KI hat sich bei uns nach und nach im Unternehmen und den Produkten etabliert. Für Miele ist dabei jedoch immer relevant: Was hat der Kunde davon?

In der Produktion optimieren wir Prozesse, da gehtes um Stabilität und Qualität. Mittels Bilderkennung wird etwa die Qualität der WM-Fronten beurteilt. Früher wurde das von Menschen kontrolliert, heute macht das ein Bilderkennungssystem.

Wir gehen bei Miele sehr offen damit um und fragen uns in eigens zusammengestellten Teams, ob es für bestimmte Anforderungen eine KI-Anwendung braucht oder eben nicht. Oft reicht eine Regressionsanalyse, aber manchmal gibt es spannende Themen, bei denen man KI einsetzen kann. Wir arbeiten hier mit dem großen Baukasten an verschiedenen Applikationen – können die Large Language Models durchfräsen und setzen dann das ein, von dem wir glauben, dass das die richtige Idee für das Problem ist.

Stichwort MPP – Sind weitere Verlagerungen/Personaleinsparungen geplant?

Wir liegen aktuell gut im Zeitplan und sind sehr zuversichtlich, die definierten Ziele zu erreichen. Unser oberstes Ziel ist, Miele als unabhängiges Familienunternehmen mit der stärksten Marke und den besten Premiumprodukten am Markt nachhaltig in die Zukunft zu führen – hieran hat das Miele Performance Program einen wichtigen Anteil.