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Mut zu „outstanding“

Standardlösungen sind nicht Patrick Wertheimers Ding. Trends jagt der Interior Designer schon gar nicht hinterher. Mit seinem 2012 gegründeten Design Studio Wertheimer Interiors und durchdachten, individuellen Konzepten sprengt er schon mal Konventionen. Wie ausgezeichnet ihm dies gelingt, zeigt insbesondere das von ihm für die Trinitas Immobilien GmbH neu gestaltete Telegrafenamt am Börseplatz 1 in Wien, prämiert mit dem CBRE „Office of the Year“-Award. Im Talk plaudert der Innenarchitekt BÖIA über das Vorzeigeprojekt, Bedeutung und Wirkung gut gestalteter Büros, Wohnlichkeit und Funktionalität als „Must-haves“, das „key piece“ – und aus dem Nähkästchen seiner Interior-Gestaltung.

Von Sylvia Pilar

Patrick Wertheimer, Gründer & kreativer Kopf von Wertheimer Interiors. © Wertheimer Interiors

Mit dem als CBRE „Office of the Year“ prämierten Projekt am Wiener Börseplatz ist dir ein wortwörtlich ausgezeichnetes Bürodesign gelungen. Welche Entwicklungen in der Officegestaltung siehst du und welchen Anspruch verfolgst du selbst?

Patrick Wertheimer: Das Büro wird wohnlicher. Mein Zugang war und ist bei allen meinen Projekten, sie wohnlicher zu gestalten. Im Office-Bereich zeigt sich, dass sich mehr und mehr Unternehmen Gedanken darüber machen, dass Mitarbeiter:innen viel Zeit in den Büroräumen verbringen und es Sinn macht, sie attraktiv zu gestalten.

 

„Das Büro wird wohnlicher.“ - Patrick Wertheimer

 

Mein Anspruch ist immer, keine 0815-Designs und durchdachte statt Standardlösungen zu bieten, hohe Funktionalität mit kreativer Gestaltung und vor allem, dass sich die Personen in diesen Räumen wohlfühlen. Das klingt banal, steht bei mir aber im Zentrum. Bei meinen Projekten versuche ich stets, Neues auszuprobieren, sei es auch nur eine neue Wandbeschichtung. Bei Gestaltung sollte man Risiken eingehen. Das mache ich, soweit es mir die Kund:innen erlauben. Mit neuen Materialien, Oberflächen, Elementen zu arbeiten, gehört einfach dazu, weil man sonst im Status quo stecken bleibt.

Ausgezeichnet mit dem CBRE „Office of the Year“-Award: Das von Patrick Wertheimer für die Trinitas Immobilien GmbH neu gestaltete Telegrafenamt am Börseplatz 1 in Wien. Fotos: © Faruk Pinjo

Es ist aber auch herausfordernd, sich immer neu zu erfinden. Kund:innen wünschen sich Projekte, die ‚outstanding‘ sind, oft fehlt dann aber doch ein bisschen der Mut, diese Gestaltungsideen wirklich umzusetzen. Das finde ich schade, auch wenn natürlich jedes einzelne meiner Projekte außergewöhnlich ist.

Wie lässt sich ein gutes, herausragendes Büro gestalten?

Tatsächlich braucht es kreative Ideen, sehr viel Liebe, Ausdauer und Kraft. Ein gut gestaltetes Office ist eine Mischung aus Arbeitsplatz und Wohnen. Das ist speziell beim Projekt für die Trinitas Immobilien GmbH am Börseplatz so. Dabei habe ich die ganze Innenraumplanung, vom Rohbau über die Raumaufteilung, das Material-, Farb-, Design- und Beleuchtungskonzept bis zu Accessoires wie die Vasen, gemacht.

Office trifft Wohnlichkeit am Börseplatz 1.

Natürlich wurden von mir die Anforderungen abgeklopft, eruiert und dann genau geplant, wie dieses Büro aktuell und in Zukunft funktionieren soll, welche Bereiche und Lösungen benötigt werden. Hier arbeiten die Mitarbeiter:innen viel vor Ort und daher braucht es einerseits optimale Arbeitsplatzlösungen, sondern auch Rückzugsorte wie eine coole Küche oder Sitzgelegenheiten, um sich abzuschirmen, eventuell auch zu arbeiten, oder auch Telefonzellen wurden eingeplant. Alles wurde berücksichtigt.

„Ein gut gestaltetes Office ist eine Mischung aus Arbeitsplatz und Wohnen.“

 

Das Endprodukt ist ja immer eine Zusammenarbeit zwischen dem Kreierenden und den Endkund:innen, und mein Ziel ist es, die Arbeitnehmer:innen anzusprechen und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden.

 

Welche „key pieces“ machen ein modernes Office aus?

Das wichtigste Element ist meiner Meinung nach die Küche, der Aufenthaltsraum, der Rückzugsort im Office. Es ist der Platz, wo nicht nur gegessen wird, sondern auch in entspannter Atmosphäre miteinander gesprochen wird. Orte des Austausches im Office gewinnen an Stellenwert. Wenn man sich nach dem Meeting in einem Besprechungszimmer an einem solchen informelleren Platz gemütlich trifft, wird weiter geplaudert und es entstehen neue Ideen, Lösungen und so weiter. Den Wohlfühlfaktor macht aber nicht ein einziges Element alleine aus, sondern das stimmige Gesamtkonzept.

 

Werden altbewährte Bereiche aufgebrochen?

Von der Funktion her nicht. Es sind nur neue Funktionen und Bereiche hinzugekommen, wie eben Rückzugsmöglichkeiten. Strukturell hat sich das Büro nicht verändert.

 

„Orte des Austausches im Office gewinnen an Stellenwert.“

Welche aktuelle Trends zeigen sich bei der Bürogestaltung?

Gewisse Tendenzen, was kommt und was geht, lassen sich schon aus machen. Für mich gibt es aber keinen Trend. Für mich zählen meine Kund:innen, ihre Bedürfnisse und Wünsche. Wenn ein Wunsch kein aktueller Trend ist, dann ist das eben so. Bekanntes lässt sich ja auch neu interpretieren.

 

Haben vermehrtes Homeoffice oder Remote Work Veränderungen beim Möbeldesign bewirkt?

Ich beobachte in den letzten Jahren, dass viele Büromöbelhersteller Möbel entwickeln, die wohnlicher aussehen, bequemer und von der Polsterung weicher geworden, bei Materialien, Oberflächen, Stoffen nicht mehr so uni und glatt sind. Vielleicht war die Pandemie dafür ein Anstoß. Einige Unternehmen haben diese Entwicklung aber schon weit früher aufgegriffen und in Produkten umgesetzt, die für beide Bereiche, also Wohnen und Office, eingesetzt werden können. Die Grenzen zwischen Office- und Wohnmöbel verschwimmen definitiv.

Was zählt mehr – Design oder Funktion?

Ganz klar Funktion! Ein Möbel im Office muss immer funktionieren, erst dann kommt das Design, gemäß dem Credo „design follows function“. Ich mache nichts, was umgekehrt ist, das würde für mich in Richtung Kunst gehen.

 

„Gute Office-Gestaltung ist ein bisschen ein Luxus, der zur Normalität wird“

 

Welche Rolle spielen flexible Möbel?

Ich persönlich lege per se keinen so großen Fokus auf Flexibilität, sondern es geht mir vielmehr um funktionale Möbel. Möbel müssen nicht immer flexibel sein. Es kommt auf den Anspruch an, die an sie und die Raumnutzung gestellt werden.

Office à la Wertheimer Interiors - ein Mix aus Büro und Living, wie im Wertheimer Showroom Vienna, HR-Immo Office.

Verändern sich die Ansprüche ans Büro und die Bürogestaltung?

Ich denke schon, auch wenn mir keine Statistiken dazu vorliegen. Gute Office-Gestaltung ist ein bisschen ein Luxus, der zur Normalität wird, und den sich viele Arbeitgeber:innen wünschen, umsetzen zu können. Unternehmensinhaber:innen sind sich viel mehr dessen bewusst sind, welche Wirkung ein gut gestaltetes Office haben kann, auch um sich nach außen zu präsentieren.

 

wertheimer-interiors.com