ABB/VDS: Mehr Barrierefreiheit im Bad gefordert

Barrierefreie Badezimmer sind immer noch Mangelware und gefährden die Lebensqualität. Darauf macht die Aktion Barrierefreies Bad aufmerksam, Zahlen und eine Studie der VDS untermauern Lücke wie Potenzial.

 

Design und Funktion – beides soll und muss es sein, insbesondere im Badezimmer. Der funktionelle Aspekt klammert dabei zu oft eines aus: Barrierefreiheit. Es ist kein neues, aber immer noch zu selten beachtetes und – nicht nur, aber vor allem – im Zusammenhang mit dem demographischen Wandel immer öfter aufkeimendes Thema, wobei es definitiv nicht nur die ältere Generation betrifft. Erst wer selbst vor der Herausforderung steht, erkennt, worum es wirklich geht: Lebensqualität – und zwar für alle. Die Aktion Barrierefreies Bad, kurz ABB und von der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e. V. und dem Zentralverband Sanitär Heizung Klima im Jahr 2013 intiiert, hat sich – nomen est omen – ganz und gar der Thematik verschrieben, und sieht einen dringenden Handlungsbedarf zur Schaffung barrierefreier Badezimmer.

Die Faktenlage ist klar und regt, ausgehend von unseren Nachbarn und als Schlaglicht auf die auch hierzulande wichtige Thematik, zum Nachdenken an. So steht Deutschland mit 5,7 Millionen Pflegebedürftigen laut Statistischem Bundesamt (Destatis) und einem sich verschärfenden Pflegenotstand vor einer großen Herausforderung: Der Mangel an barrierefreien Badezimmern gefährdet die Lebensqualität von Millionen Menschen. Die ABB macht auf diesen dringenden Handlungsbedarf aufmerksam, hielt auf der ISH 2025 die Flagge hoch und informierte über Lösungen für altersgerechte, barrierefreie und pflegegerechte Bäder. Ein wichtiger Schritt, sprechen die Zahlen doch eine eindeutige Sprache.

„Die aktuelle Situation ist alarmierend und wird sich ohne entschiedenes Handeln in den nächsten Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung noch weiter verschärfen“ - Daniela Heinemann, Referentin der ABB

 

„In Deutschland fehlen etwa zwei Millionen barrierefreie Wohnungen und bis zum Jahr 2035 sollen es geschätzt sogar 3,7 Millionen sein“, unterstreicht Heinemann, basierend auf in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) vom Sommer 2023 erhobenen Zahlen. Und dies hat immense Auswirkungen. Nicht barrierefreie Badezimmer stellen beispielsweise ein erhebliches Sturzrisiko dar – nicht nur für Pflegebedürftige, sondern auch für pflegende Angehörige und ambulante Pflegekräfte.

 

Bad hat Schlüsselposition
 

Der Mangel an Plätzen in stationären Einrichtungen und die hohe finanzielle Eigenbeteiligung befeuern die häusliche Pflege – eine Tendenz, die sich in den Zahlen widerspiegelt: Mit 86 Prozent ist die Pflege im eigenen Zuhause mittlerweile die deutlich überwiegende Variante. Das Badezimmer spielt hierbei eine bedeutende Schlüsselrolle. Denn ein altersgerechtes, barrierefreies oder pflegegerechtes Badezimmer – über die Unterschiede informiert die Broschüre der Aktion Barrierefreies Bad „Passende Bad-Lösungen im Vergleich: Altersgerecht. Barrierefrei. Pflegegerecht.“ – erleichtert die Aufgaben der täglichen Hygieneroutinen deutlich und schafft ausreichend Platz für die häusliche Pflege.

Zudem bringen bodenebene Dusche, Dusch-WC & Co. auch für Personen ohne Pflegebedürftigkeit einen sofortigen Komfortgewinn. Dafür muss das bestehende Bad häufig nicht einmal aufwändig umgebaut werden, sondern oftmals reicht auch eine (schrittweise) Teilsanierung, wie etwa der Austausch der Badewanne oder der hohen Duschtasse gegen eine bodenebene Dusche, der Einbau eines Dusch-WCs oder die Anbringung von Haltegriffen oder eines klappbaren Duschsitzes.

Stellt die ABB eine klare Forderung nach politischem Handeln, um Menschen in diesem Bereich nicht im Stich zu lassen, geht es dabei um viel und mehr. „Präventive Investitionen in barrierefreie Wohnungen sind unerlässlich“, so Heinemann. „Sie fördern eine selbstständigere Lebensführung und können Aufenthalte in stationären Einrichtungen vermeiden oder verzögern – ein Gewinn für alle Beteiligten bei gleichzeitiger Entlastung der Sozial- und Pflegekassen."

„Das hohe Bewusstsein für die Bedeutung barrierearmer Badgestaltung ist für unsere Branche ein klarer, gesellschaftlicher Handlungsauftrag.“ - Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS)

 

Das Badezimmer erweist sich dabei als Schlüsselraum für selbstständiges Wohnen – und das Bewusstsein für die Bedeutung barrierearmer Badgestaltung ist fast unterschiedslos in allen Altersgruppen vorhanden, wie die Grundlagenstudie Badezimmer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V. (VDS) zusammen mit forsa ausweist. Insgesamt sehen 95 % der Befragten (summiert) die Infrastruktur altersgerechter Badezimmer als wichtig oder sehr wichtig für ein selbstbestimmtes Leben im Alter an. Schon der Anteil derjenigen, die sie sogar für „sehr wichtig“ halten, stellt mit 66 % eine absolute Mehrheit dar, in der auch die jüngste Zielgruppe der 18- bis 29-Jährigen mit 60 % vertreten ist. Diese Überzeugung ist besonders unter Frauen vorherrschend. Für die Hälfte der Befragten (50 %) wäre eine barrierearme Ausstattung des Badezimmers grundsätzlich interessant – vor allem für die über 50-Jährigen, die am ehesten ein Eigeninteresse haben, etwa zum Erhalt einer langen Selbstständigkeit im Alter. „Das hohe Bewusstsein für die Bedeutung barrierearmer Badgestaltung ist für unsere Branche ein klarer, gesellschaftlicher Handlungsauftrag. Das hat auch die große mediale Resonanz in der Tagespresse auf unseren Tag des Bades 2024 mit unserem Schwerpunkt Easy Bathroom gezeigt“, so Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) in Bonn.

„Vor allem Menschen im Alter um 60 Jahre, so unsere Erkenntnisse aus der Studie, sind offen für die Umgestaltung ihres Badezimmers.“ - Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS)

89 % der Wohneigentümer wollen bei anstehender Renovierung vollständig oder zumindest teilweise auf eine barrierefreie Ausstattung achten.
Das Interesse ist also groß und um Lösungen aufzuzeigen, war die Aktion Barrierefreies Bad auf der ISH 2025 in Frankfurt am Main nicht nur präsent, sondern informierte in der Waterlounge zu altersgerechten, barrierefreien und pflegegerechten Badlösungen, ergänzt um einen themenbezogenen Messerundgang mit Daniela Heinemann mit Fokus auf funktionale und designorientierte Lösungen, die barrierefreie Gestaltung mit modernster Technik und ästhetischem Anspruch vereinen, sowie einem Expert:innentalk im Vortragsforum Design Plaza mitsamt praxisnahen Tipps zur Planung und Umsetzung barrierefreier Bäder.

Denn dies ist möglich und keine Raketenwissenschaft. Unter dem Motto „Für Barrierefreiheit im Bad ist es nie zu früh, aber schnell zu spät“ klärt die Aktion Barrierefreies Bad auf ihrer Website sowie in verschiedenen Publikationen über die Grundvoraussetzungen auf, die barrierefreie Bäder erfüllen müssen.

 

www.sanitaerwirtschaft.de



Weiter gedacht
 

Ein wichtiger Input und auch in Österreich bedarf es mehr Sensibilität und Aktivität für das Thema „barrierefreies Bad“. Einen frischen Impuls in diesem Bereich setzte beispielsweise vor kurzem der Gestaltungswettbewerb von Hilma und der Ortweinschule Graz – mehr dazu hier. So zeigt sich nicht nur eine nach wie vor klaffende Lücke, sondern auch großes Potenzial. Barrierefreiheit ist (k)ein Zukunftsthema, sondern schon jetzt präsent, gefragt und wird an Bedeutung gewinnen, auch hierzulande. Natürlich widmen sich kreative, innovative Hersteller auch bereits dem Thema und beweisen mit zeitgemäßen Lösungen, wie grenzenloses Wellbeing im Bad gelingt – ästhetisch, funktional und inklusiv. Der Startschuss ist längst gefallen und es braucht, es geht noch mehr – meint Sylvia Pilar.