„Das Badezimmer soll ein Wohlfühlort sein“

Lisa Maria Idziorek ist im Interior Design zuhause. Für die Innenarchitektin Bo:IA ist Badgestaltung mehr als die Summe ihrer Teile. Ausgehend von einem funktional-pragmatischen Ansatz legt sie großes Augenmerk auf vermeintliche Details, realisiert smarte Lösungen auch im Bestand und Spa-Feeling in kleinen wie großen Bädern, verrät sie im wohninsider-Talk.
Von Sylvia Pilar

Wo beginnt und wo endet Baddesign?

Lisa Maria Idziorek, MA: Grundsätzlich gestalte ich meistens nicht nur einen einzigen Raum, sondern es geht um ein ganzheitliches Wohnkonzept. Bad und Küche sind immer die essenziellen Themen. Wie die Küche soll auch das Bad funktional und nicht nur schön sein.

 

Welchen Stellenwert hat das Bad, auch im Vergleich zu einem solchen Flaggschiff wie Küche?

Die Küche steht bei Endkund:innen schon weiterhin im Zentrum, aber dicht gefolgt vom Bad.

Das Bad ist ein wichtiger Raum und es ist entscheidend, dass es gut funktioniert. Das ist für den Alltag bestimmend.

In der Früh geht man meistens zuerst ins Bad und niemand will über einen Wäscheberg stolpern oder den Tag in einem Chaos beginnen. Daher ist es wichtig, dass die gewünschten und benötigten Funktionen erfüllt werden, beispielsweise dass der erforderliche Stauraum gegeben ist. Wichtig finde ich auch die Farbgestaltung im Bad, die einen großen Unterschied macht.

Wie gehst du die Badgestaltung an?

Wie die Gestaltung jedes anderen Raums auch. Wenn nach dem Briefing mit den Kund:innen die persönlichen Präferenzen abgesteckt und die Prioritäten für den individuellen Ablauf bekannt sind, wenn ich weiß, wie sie ticken, dann ist der erste Schritt, anhand des Grundrisses einen logischen Ablauf zu überlegen, also wo die Dusche positioniert wird, aber auch das Handtuch aufgehängt werden kann, wo Ablagemöglichkeiten Sinn machen, wo die Schmutzwäsche unauffällig abgelegt werden kann. Das alles muss durchdacht sein, damit der alltägliche Ablauf stimmt. Die Funktionalität steht an erster Stelle, gleichzeitig sollte immer auch im Hinterkopf behalten werden, was optisch gefällt, welche Wünsche, Ideen, Vorstellungen der Kund:innen sich aufgreifen lassen, sei es eine besondere Fliese, eine besondere Oberfläche oder auch eine Nassraumtapete. Da gibt es viele Möglichkeiten. Zum Beispiel habe ich in einem etwas wohnlicher gestalteten Badezimmer, in das sich der Parkettboden des Wohnraumes durchzieht, eine Tapete eingesetzt, die nicht zu auffällig ist, aber doch für das gewisse Extra sorgt.

 

Sind Kund:innen offen für solche Designelemente? Oder wird das Bad (zu) konservativ gedacht?

Ich empfinde es als nachhaltiger, wenn Badezimmer langlebiger, langfristiger gedacht geplant sind, indem sie sich durch kleinere Adaptionen unkompliziert verändern lassen. Beispielsweise schlage ich oft vor, nicht alle Wände zu fliesen, weil sich dann mit anderen Wandfarben relativ schnell und ohne großen Aufwand eine Veränderung erzielen lässt, wenn Kund:innen ein Update wünschen. Oder auch Highlights mit Akzentfliesen zu setzen, die sich leicht ändern lassen. Das ist mein Ansatz.

Ich bin ein Fan langlebiger Lösungen.

Das entspricht auch durchaus dem österreichischen Ansatzpunkt, es einmal g‘scheit zu machen und dann nie wieder, wobei Kund:innen ohnehin nach einer gewissen Zeit etwas Neues haben wollen. Es muss nicht für immer halten, auch wenn sich heutzutage Kund:innen Materialien wünschen, die unzerstörbar sind. Das gibt es meiner Meinung nach auch gar nicht.


Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit im Baddesign?

Für mich ist Nachhaltigkeit in jeder Hinsicht wichtig. Es ist immer zu überlegen, welche Produkte eingesetzt werden, wie zeitgemäß sie sind oder ob es etwas Trendiges ist, das vielleicht in wenigen Jahren nicht mehr gefällt. Daher würde ich bei nur schwer änderbaren Elementen wie Bodenbelägen immer Produkte mit zeitlosem Design wählen und sie mit Produkten, Farben und Accessoires vereinen, die modischer, trendiger sind, und so Akzente setzen. Das finde ich nachhaltiger als wenn es „green gewasht“ ist. Es gibt viele Produkte, die nachhaltig sind, Hersteller arbeiten sehr intensiv daran, aber um zu wissen, wie viel Nachhaltigkeit wirklich in einem Produkt steckt, muss man sich lange und intensiv damit auseinandersetzen, und es ist immer auch eine Vertrauenssache.

 

Setzt du auf ein konkretes Produktportfolio?

Es gibt keine speziellen Hersteller, auf die ich immer und und ausschließlich setze. Bei Materialien kommt oft Stein, noch öfter Feinsteinzeug zum Einsatz. Ich versuche, je nach Budget das Beste rauszuholen. Ich arbeite gerne mit unserem Bo:IA-Partner Cosentino zusammen, der Waschtischlösungen fertigt, aber auch andere Hersteller haben gute Lösungen, wenn Kund:innen nichts von der Stange haben wollen. Grundsätzlich arbeite ich viel mit Tischlern und gestalte mit ihnen individuellere Lösungen, die sich mit Handelsware schwerer realisieren lassen. Auch ein „Mix & Match“ ist gut möglich. Es kommt immer auf das Projekt an. Beispielsweise gab es bei einer Gestaltung ein Bad, das schon mit Waschtisch und Fliesen ausgestattet war, die die Kund:innen nicht rausreißen wollten, gleichzeitig ist das Bad nicht ihren Ansprüchen gerecht geworden. Hier haben wir die Lösung gesucht und gefunden, das Bad so zu möblieren, dass es wirklich für die Kund:innen funktioniert, dass es Ablagen gibt, dass Nischen verbaut werden. Solche individuellen Lösungen lassen sich nur mit einem Tischler realisieren.

Wird das Bad hintan gestellt? Kommt es im Vergleich zu anderen Räumen zu kurz?

Das Bad ist nicht untergeordnet.

Für Kund:innen ist das Bad ein wichtiger Ort, gerade auch dann wenn viel untergebracht werden muss.

Ihnen ist es wichtig, dass das Badezimmer Form, Funktion und Stil hat, gewisse Dinge wie die Waschmaschine gekonnt verschwinden und Stauraum dafür sorgt, dass das Bad aufgeräumt ist. Auch Beleuchtung im Bad ist ein großes Thema und eines, das viel zu stiefmütterlich behandelt wird. Bei vielen Lichtspiegeln kommt ein schlimmes Weißlicht zum Einsatz, womit zwar alles gut ausgeleuchtet wird, aber es ist fraglich, ob dies auch wirklich gewünscht ist und Sinn macht. Das Badezimmer soll ein Wohlfühlort sein, wo sich ergänzend zu optimalem Licht weitere Optionen dazuschalten lassen sollten, wenn sie gebraucht werden.

 

Macht es einen Unterschied, ob ein kleines oder ein großes Bad gestaltet wird?

Nein. Es muss kein großes Badezimmer sein, um eine Komfortzone zu sein. Ich glaube sogar, dass man sich in zu großen Bädern oft ein bisschen verloren fühlt. Es hängt natürlich auch davon ab, was untergebracht werden soll. Bei größeren Projekten sorgen wir oft für Wohn- oder Spa-Feeling, indem wir zum Beispiel eine Liege integrieren. Oder auch die Kombination von Bad und Schrankraum. Für mich sind Badezimmer und Ankleide in einem zu betrachten und gehören mehr zusammen als Schlafzimmer und Ankleidebereich.

Lässt sich dieser Spa-Faktor auch in kleinen Bädern realisieren?

Definitiv. Die Farbgestaltung und Lichtlösungen sind für den Spa-Faktor ganz entscheidend. Kleine Bäder können wirklich ganz viel. Auch Bäder ohne Tageslicht, bei denen die Beleuchtung noch mehr das A und O ist, genauso wie die Farbwahl.

 

Geht es also mehr um Farbe und Licht als um markante Elemente wie Badewanne, Dusche und Badmöbel?

Vielleicht schon ein Stück weit. Das Badmöbel ist aber schon wichtig, vor allem, dass es funktional ist und Stauraum bietet. Stark gefragt ist auch immer die leichte Reinigung, die im Bad wie in der Küche ein großes Thema ist. Aktuell sind weniger Fugen gefragt, mir persönlich gefällt aber auch die Gestaltung mit vielen Fugen und kleineren Fliesen gut. Das ist wirklich sehr individuell.

Es gibt kein Richtig oder Falsch, sondern der Kund:innenwunsch zählt und soll realisiert werden.

 

Lassen sich Trends ablesen? Was ist angesagt im Bad?

Das viele Jahre populäre Schwarz geht wieder zurück. Ich stelle fest, dass Edelstahl verstärkt im Kommen ist, aber auch gebürstete Oberflächen.

Spielt KI für dich eine Rolle beim Baddesign?

Ja, tatsächlich. Ich habe schon einiges mit Midjourney & Co herumgespielt. Aktuell habe ich vor, in meinem Showroom das Badezimmer neu zu gestalten, und möchte den Versuch wagen, einen Mix aus Altbestand und neuem Design zu schaffen. Dafür habe ich mir einige Inspirationen auf Midjourney geholt und solche Tools sind praktisch, um zu sehen, ob es passt, harmoniert, es die Richtung ist, die ich mir vorstelle, den Ideenfindungsprozess anzustoßen und Renderings zu verbessern.

Ich glaube nicht, dass KI Designer:innen ersetzen kann, sondern sehe sie in der Rolle einer Assistentin. Der persönliche Kontakt, die menschliche Empathie und das Gespür für Kund:innen lässt sich nicht ersetzen.

 

Ist das barrierefreie Bad ein Thema?

Ja, es ist natürlich ein Thema. Aktuell beschäftigt es mich auch in meinem persönlichen Umfeld, wie sich zumindest mit kleinen Adaptionen ein barrierefreies Bad schaffen lässt. Beispielsweise wird ein Rollator bei vielen Personen, die aktuell noch fit sind, irgendwann ein Thema sein und zumindest das habe ich immer im Hinterkopf. Bei Sanierungen, vor allem im Altbau, sind barrierefreie Bäder oft nicht leicht zu realisieren und gerade die für einen Rollstuhl optimale Gestaltung erfordert eine richtig gute Planung, weil sie mit Gesichtspunkten wie Türbreite und Drehpunkt und mehr benötigtem Platz komplexer ist. Es ist wichtig, dass sich Menschen selbst zuhause gut und sicher bewegen können, und es gibt Hersteller, die hilfreiche Lösungen mit durchdachter Designsprache anbieten und so formschöne Baddesigns ermöglichen.

 

www.lizand.at