Einrichtungsfachhandel schlägt Alarm 02.12.2024 16:12 Die Krisenstimmung zieht weite Kreise – und die Branchenvertreter beziehen nun mit deutlichen Worten und einem klaren Appell eindringlich Stellung. Ein offener Brief an die Politik soll den Forderungen Nachdruck verleihen.
KommR Ing. Hubert Kastinger, Obmann des Einrichtungsfachhandels in der WKO, und Mag. Bianca Dvorak, Geschäftsführerin. Foto: wohninsider/Sylvia Pilar Der Status quo in der Branche ist bekannt – und brisant, ja alarmierend. Die Branchenvertreter schlagen nun jedenfalls Alarm. „Die Lage ist besorgniserregend und spitzt sich von Woche zu Woche zu“, so KommR Ing. Hubert Kastinger, Obmann des österreichischen Einrichtungsfachhandels in der WKO, bei einem Pressegespräch am 2. Dezember 2024, bei dem mit gemeinsamer Kraft ein eindrückliches Statement gesetzt wurde – und weil die Branche nicht ausreichend gehört wird, wurde ein offener Brief an die Politik formuliert und abgeschickt ein offener Brief an die Politik am selben Tag die Forderungen nachdrücklich unterstreichen soll. Die Einrichtungsbranche erhofft sich dadurch auf nationaler wie europäischer Ebene noch mehr Verständnis für nötige Maßnahmen und Lösungsvorschläge. Mehr als ein Dorn im Auge Konkret, kurz und knapp: Vor allem die KIM-Verordnung und die geplante EU-Entwaldungsverordnung sind ein Dorn im Auge, deren Auswirkungen setzen der Branche zu und so fordert der österreichische Einrichungsfachhandel sofortige Maßnahmen sowie die weitere Überarbeitung bzw. Aussetzung dieser beiden Verordnungen. Insolvenzen namhafter Betriebe erzeugen zusätzlichen Druck und die Gefahr eines Dominoeffekts könne nicht mehr vom Tisch gewischt werden, so die Branchenvertreter. „Die KIM-Verordnung muss umgehend ausgesetzt werden!“ - Hubert Kastinger, Obmann des Einrichtungsfachhandels in der WKO
Hintergrund und Vehemenz der Forderungen liegen klar auf der Hand: Der Einrichtungsfachhandel kämpft – mit den wirtschaftlichen Herausforderungen, den politischen Rahmenbedingungen und ums Überleben. Grund genug und allerhöchste Eisenbahn für das Bundesgremium des Elektro- und Einrichtungsfachhandels, das sich für bessere Rahmenbedingungen für mehr als 14.000 Elektro- und Einrichtungsfachhändler mit rund 43.000 Beschäftigten im Möbelfachhandel in ganz Österreich stark macht, Stellung zu beziehen – und das in gemeinsamer Stärke mit allen heimischen Einkauforganisationen. „Werden keine Wohnungen mehr gebaut, gibt es auch keine Käufer für Einrichtungen. Das wird den Ruin vieler Betriebe bedeuten“ - Hubert Kastinger
„Vielfalt, Produktinnovation und Service – das sind die drei Beine, auf denen der Einrichtungsfachhandel in Österreich steht“, so Mag. Bianca Dvorak, Geschäftsführerin des Bundesgremiums des Elektro- und Einrichtungsfachhandels der WKO, und die Problematik der aktuellen Entwicklungen vor allem für die vielen familiengeführten Unternehmen in der Einrichtungsbranche hervorhob. Die Situation sei „dramatisch“, so Kastinger, und skizziert mit Insolvenzen namhafter Betriebe, dem Rückgang der Bautätigkeit und dem Dominoeffekt, dass wenn nicht gebaut auch nicht eingerichtet wird, ein Dreigestirn an harten Brocken. Aufgrund des anhaltend starken Rückgangs bei Neubauten viele Unternehmen mit Umsatzeinbußen. „Werden keine Wohnungen mehr gebaut, gibt es auch keine Käufer für Einrichtungen. Das wird den Ruin vieler Betriebe bedeuten“, betont Hubert Kastinger einmal mehr. Der Einrichtungsfachhandel sei „massiv unter Druck“, nicht zuletzt indem die von der FMA erlassenen Regeln übererfüllt werden (Stichwort: Gold Plating). Die Aussichten? Alles andere als rosig. So prognostiziert die Immobilien-Branche bis 2026 einen Rückgang der jährlichen freifinanzierten Wohnungsfertigstellungen um 90 Prozent – mit unmittelbarer Auswirkung auch auf den Einrichtungsfachhandel. Der Wertschöpfungsfaktor der Bauwirtschaft von 1:4 verdeutlicht, dass nachgelagerte Branchen – vom Baunebengewerbe wie Maler, Elektriker und Fliesenleger bis zu den Möbelhändlern – die fehlende Nachfrage massiv zu spüren bekommen werden. „Ohne Maßnahmen droht eine noch größere Katastrophe“ - Hubert Kastinger
Dazu kommen regulatorische und bürokratische Hürden. Ein großer Hemmschuh ist die KIM-Verordnung, die zusätzlich stark einschränkt. „Die Menschen kaufen weniger, mieten mehr. Gekaufte Wohnungen sind traditionell aber ein wichtiger Absatzmarkt für unsere Produkte“, erläutert Kastinger. Die Konsequenz und Forderung: Die KIM-Verordnung muss aus Sicht des Einrichtungsfachhandels umgehend ausgesetzt werden. Sie ist aber nicht der einzige Knackpunkt in einer ohnehin angespannten Situation, sondern auch die EU-Entwaldungsverordnung, die lediglich um ein Jahr aufgeschoben wurde und ab 1.1.2025 greifen soll. „Die EU-Entwaldungsverordnung gleicht einem Bürokratiemonster“, so Hubert Kastinger, jedes Möbelstück müsse bis zum Holz-Rohstoff zurückverfolgt werden, stelle einen enormen, auf Lieferanten und KMUs abgewälzten Aufwand und eine kaum zu meisternde Herausforderung dar. Sieht sie im Fall des Einrichtungsfachhandels vor, dass zur Eindämmung der weltweiten Abholzung und Waldschädigung jedes Holzmöbel bis zu seinem Ursprung nachverfolgbar sein muss, betreffe sie auch nicht nur beispielsweise Spanplatten, für die alle verwendeten Bäume inklusive Standort in eine Datenbank eingetragen werden müssen, sondern auch gedruckte Bedienungsanleitungen und reiche bis zum Druck- und Klopapier, wie er mit Galgenhumor plakativ veranschaulicht. „Der volkswirtschaftliche Wahnsinn entbehrt jeglicher Grundlage“ - Hubert Kastinger
Wer eine solche Verordnung vorschlage, müsse dies zuerst auf Praxistauglichkeit prüfen. „Es entsteht ein administrativer Aufwand, der für ein KMU nicht zu bewältigen sein wird und obendrein stehen immense Strafen im Raum“, betont Kastinger und wird noch konkreter: „Von einigen Betrieben wissen wir bereits, dass sie angesichts des drohenden administrativen Aufwandes und der Strafen ihren Betrieb einstellen würden.“ Sind die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Verordnungen und die zukünftigen Entwicklungen erahn-, in ihrer ganzen Fülle aber noch nicht abschätzbar, erschließt sich der aktuelle, schon jetzt alarmierende Status quo in fundierten Zahlen. Dramatische Entwicklung Der Einrichtungsfachhandel erzielte zuletzt Umsatzerlöse von 6,3 Milliarden Euro, der nominelle Umsatz ging um -11,6%, das Absatzvolumen um -12,7% und die Beschäftigung um -10,1% zurück, ebenso die Kaufkraft – höhere Löhne und Gehälter laufen eben nicht parallel mit mehr Kaufkraft – und es werden Rekordwerte bei Insolvenzen erwartet – mit einem stolzen Plus von 27% und rund 7.000 Insolvenzen der höchste Wert seit 2009 und der einzige im Plus. Die Hoffnung: Eine wieder anspringende Konjunktur und dadurch Aufschwung für die Branche. „Der Einrichtungsfachhandel befindet sich in einer schwierigen Zeit“, so die Branchenvertreter unisono. Umso gewichtiger erscheint das gemeinsame Commitment und die mit Nachdruck formulierte Forderung an die Politik – und der Appell könnte nicht eindeutiger sein: „Wir appellieren an die Politik, den Einrichtungsfachhandel zu unterstützen!“
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