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Jahrestagung des Fachverbands Matratzen-Industrie

27.10.2022 08:53

Im Rahmen eines Besuches von Latexco hielt der Fachverband Matratzen-Industrie auch gleich seine Jahrestagung ab.


Fotos: Fachverband Matratzen-Industrie e.V.

Die Jahrestagung des Fachverband Matratzenindustrie fand heuer im Zuge eines Werksbesuches bei Latexco statt. Merkabr dabei: Die Lust der Mitglieder, sich auch in herausfordernden Zeiten zu treffen, die Lage der Branche und andere aktuelle Themen zu diskutieren, aber auch zum geselligen Abendprogramm zusammen zu kommen, war deutlich spürbar.

Nach der internen Mitgliederversammlung folgte der öffentliche Teil mit Gästen und Fachpresse. Begrüßt wurden außerdem die neuen Mitglieder im Matratzenverband, der sich in diesem Jahr über eine hohe Zuwachsrate freut: Neue Vollmitglieder sind Breckle Northeim und die Revor Group. Als assoziierte Mitglieder neu dazugekommen sind Müller Textil und STS Textiles. Damit hat der Verband aktuell 23 ordentliche und 11 assoziierte Mitglieder und somit eine Marktabdeckung von mehr als 70 Prozent.

Renommierte Redner

Die Veranstaltung mündete in der Keynote von Dr. Benjamin Semburg, Astrophysiker und Praktiker in der Automobilindustrie. Unter dem Motto „Anders denken und Zukunft lenken – mit Sicherheit“ wirbt er dafür, dass der Mensch als Gewohnheitstier seine Komfortzone verlassen muss, um erfolgreich zu sein.
Zum Get-Together mit Abendessen und Networking kamen Mitglieder und Gäste im Hotel Shamrock zusammen, das der Verband ganz für sich hatte, um den Abend dort im angenehmen Ambiente gemeinsam ausklingen zu lassen.
Am zweiten Tag endete die Tagung mit einer spannenden Führung durch den Betrieb des Gastgebers Latexco, einem der weltweit größten Zulieferer für Matratzenkomponenten aus Latex.

Marktsituation allgemein

Im vergangenen Jahr waren die Informationen zur aktuellen Marktlage an dieser Stelle noch überwiegend von der Pandemie geprägt, insbesondere von den damit verbundenen Rohstoffengpässen und -preisanstiegen. Die gerade erst absolvierte Bundestagswahl sorgte damals für zusätzliche Unsicherheit. Ein Jahr später ist die Situation schwieriger denn je und – fast auf den Tag genau – acht Monate Krieg in der Ukraine hinterlassen auch bei den deutschen Matratzen-Herstellern ihre Spuren.
Am 12. Oktober hat Wirtschaftsminister Habeck seine Herbstprognose zur Konjunktur veröffentlicht. Demnach wird für das Jahr 2022 ein Wirtschaftswachstum von nur noch 1,4 Prozent erwartet und für 2023 gar ein Rückgang der Wirtschaftsleistung von -0,4 Prozent prognostiziert. Erst für 2024 wird wieder mit einem erneuten Wachstum von 2,3 Prozent gerechnet. Grund seien die hohen Energie- und Rohstoffpreise, die zum einen die Industrieproduktion dämpfen, zum anderen die Kaufkraft der Verbraucher um ein Prozent senken. Jedoch, so räumte Habeck ein, die Zahlen hätten schlechter aussehen können.

Ob die Maßnahmen der Bundesregierung zur Abfederung der hohen Energiekosten ausreichen, um das deutsche produzierende Gewerbe zu unterstützen, wird sich wohl erst nach dem kommenden Winter zeigen. Skepsis ist jedoch geboten. Neben der Gaspreisbremse umfassen diese Maßnahmen eine Verlängerung der bestehenden Hilfsprogramme für Unternehmen bis zum 31.12.2022, darunter das KfW-Sonderprogramm Ukraine, Belarus, Russland (UBR) mit zinsgünstigen Krediten und die bereits während der Corona-Pandemie eingeführten Erweiterungen der Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme zur kurzfristigen Sicherstellung von Liquidität.
Klar ist aber: Verbraucher wie Unternehmen sind von den hohen Energiekosten extrem gebeutelt, benötigen Unterstützung und blicken mit Sorge auf die bevorstehenden Wintermonate.

Plus bei Umsatz, Erträge mau

Gemessen an der schlechten Ausgangslage ist das 1. Halbjahr für die Matratzenhersteller mit einem Plus von 8 % beim Umsatz und 14 % beim Absatz vergleichsweise gut gelaufen. Obwohl diese Ergebnisse es nicht auf den ersten Blick offenbaren: Die Matratzenbranche bleibt von den Auswirkungen der Pandemie und des Krieges nach wie vor nicht verschont. Sie leidet unter steigenden Preisen und der Rohstoffverknappung. Nicht zuletzt spielt neben der angespannten Versorgungslage mit Rohstoffen zudem auch der Arbeitskräftemangel eine große Rolle, der die eigenen Kapazitäten zusätzlich limitiert. Hersteller, die die Fläche beliefern, leiden zudem unter einem spürbaren Einbruch der Aufträge, der das 2. Halbjahr stark belasten wird. Im Hochwertbereich hingegen schlägt diese Entwicklung bisher weniger zu Buche – im Gegenteil, handelsseitig ist hier sogar von den besten Umsätzen seit Jahren zu hören. Dies deutet darauf hin, dass insbesondere Mittel- und Geringverdiener vermehrt sparen und ihre Kaufentscheidungen zurückstellen. Dennoch wird es wohl gelingen, das Jahr 2022 mit einem kleinen Plus abzuschließen. Die Prognose zu den Erträgen fällt dabei eher bescheiden aus.
Am deutlichsten zeigen sich die Auswirkungen von Versorgungsengpass und Preisexplosion bei den Technologien Latex und Sonstige, was sich auch an den Marktanteilen ablesen lässt. Sie büßen jeweils drei Prozentpunkte ein und kommen nur noch auf 7 Prozent (Sonstige) bzw. 5 Prozent (Latex). Schaum konnte seinen Marktanteil mit einem Plus von zwei Prozentpunkten auf 60 Prozent steigern, an zweiter Stelle Taschenfederkern mit 27 Prozent (plus zwei Prozentpunkte). Bei den Warengruppen konnten Unterfederungen einen Prozentpunkt hinzugewinnen und erreichen einen Marktanteil von 10 Prozent, der Marktanteil von Toppern ist mit 9 Prozent unverändert.


Sorge der Hersteller

Obwohl die Verbandszahlen es noch nicht so deutlich gezeigt haben: Die Mehrheit der Verbandsmitglieder sieht sich mittel bis stark durch die Auswirkungen der aktuellen Lage auf die Umsatzentwicklung des ersten Halbjahres betroffen. Bei der Auftragslage für das erste Halbjahr ist dieses Stimmungsbild sogar noch deutlicher ausgeprägt. Die Erwartungen der Verbandsmitglieder für die kommenden Monate sind alles andere als rosig! Dies bringen die Ergebnisse einer Befragung von Anfang Oktober deutlich zum Ausdruck, an der sich 13 Mitgliedsunternehmen (9 Hersteller, 4 Zulieferer) beteiligt haben. Insgesamt rechnen die Mitglieder in den kommenden Monaten mit weiter deutlich steigenden Preisen für Gas, Strom und Rohstoffe. Während bei der Prognose zur Gaspreisentwicklung für die nächsten sechs Monate 31 Prozent der Befragten mit Steigerungen bis 100 Prozent rechnen, erwarten im Bezug auf Strom sogar 23 Prozent der Befragten Kostensteigerungen von über 100 Prozent.
Beim Thema Materialkosten berichten über die Hälfte der Umfrageteilnehmer über Preisanstiege bis 50 Prozent, ein Drittel sogar über eine Verdoppelung. Und auch die Aussichten für die nächsten Monate sind alles andere als optimistisch: Mehr als zwei Drittel erwarten weitere Preisanstiege bis 50 Prozent.
Während im ersten Halbjahr 2022 noch knapp die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen bis zu 25 % ihrer Mehrausgaben an ihre Kunden weitergeben konnten, hat sich dieser Wert bei der Prognose für die kommenden Monate auf 38 Prozent reduziert. Ebenso viele gehen davon aus, die steigenden Preise gar nicht mehr weitergeben zu können. Diese Situation setzt die Hersteller neben allen anderen Herausforderungen zusätzlich unter Druck.


Besonders hervorzuheben ist in diesem Kontext die Versorgung mit dem Rohstoff TDI (Toluoldiisocyanat) besorgniserregend, der für die Herstellung von Matratzenschaum benötigt wird. Abgesehen davon, dass mit der Verknappung des Materials ein weiterer Anstieg der Rohstoffkosten verbunden ist, bestehen z.T. so drastische Engpässe, dass Handel und Verbraucher mit Lieferengpässen oder gar -ausfällen rechnen müssen.
Auf die Frage, ob die Unternehmen befürchten, dass Verbraucher mit größeren Anschaffungen für das eigene Zuhause in der nächsten Zeit zurückhaltend sein werden und dies auch die Matratzenhersteller betreffen wird, antworten alle Teilnehmer mit Ja. Die dadurch zu erwartenden Umsatzeinbußen schätzen die Unternehmen durchschnittlich auf 30 Prozent. Einige halten sogar bis zu 50 Prozent für möglich.
Die Einschätzung der Umsatzentwicklung für das Gesamtjahr 2022 zeigt, dass trotz aller Herausforderungen noch nicht alle Hoffnung verloren ist: Immerhin 46 Prozent der Befragten prognostizieren ein „gutes“ bis „eher gutes“ Ergebnis. Dagegen rechnen 31 Prozent mit einem eher schlechten Gesamtergebnis und 23 Prozent erwarten ein schlechtes.
Zu den wichtigsten Forderungen der Branche gehört laut den Ergebnissen der Befragung, dass auf Bundesebene klare und zielgenaue Maßnahmen zur Förderung jener Unternehmen ergriffen werden, die auch tatsächlich Gewinne ausweisen. Breitflächige Gießkannen-Subventionen lehnen die Teilnehmer ebenso ab, wie die Unterstützung von Insolvenzverschleppung.

www.matratzenverband.de








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