Licht am Ende des Tunnels - deutsche Küchenmöbelindustrie schöpft Hoffnung 23.09.2025 11:50 Die Auftragslage der deutschen Küchenmöbelindustrie hat sich bis Ende Juli bei einem Umsatzminus von rund 1 Prozent stabilisiert, melden die deutschen Küchenmöbelhersteller.
 Foto: Lilly Unterrader/wohninsider Die deutschen Küchenmöbelhersteller haben in den ersten sieben Monaten dieses Jahres laut amtlicher Statistik rund 3,3 Milliarden Euro umgesetzt und damit fast das Vorjahresniveau erreicht (minus 1,2 Prozent). Im Monat Juli zog der Umsatz um knapp 5 Prozent auf rund 428 Millionen Euro an. „Nach den Umsatzrückgängen in den vergangenen beiden Jahren sehen wir mittlerweile Anzeichen einer Erholung, auch wenn das Marktumfeld herausfordernd bleibt“, berichtete Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Küchenmöbelindustrie e.V. (VdDK), auf der Jahres-Wirtschaftspressekonferenz am 22. September in Löhne.
Die Auftragslage der Branche habe sich im Jahresverlauf zunehmend stabilisiert. Laut Verbandsstatistik übertraf der wertmäßige Auftragseingang der deutschen Küchenmöbelindustrie von Januar bis August dieses Jahres das Vorjahresniveau um rund 2,6 Prozent. Im Inland verzeichneten die 46 deutschen Küchenmöbelhersteller mit ihren rund 17.700 Beschäftigten in den ersten sieben Monaten dieses Jahres einen Umsatz von knapp 1,8 Milliarden Euro, ein Minus von 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie Kurth erläuterte. Der Auslandsumsatz gab um 1 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro nach. Mit einer Exportquote von 46 Prozent ist die Küchenmöbelindustrie deutlich stärker im Ausland engagiert als die deutsche Möbelindustrie insgesamt (Exportquote: 34 Prozent). Die Entwicklung auf den wichtigsten europäischen Absatzmärkten verlief im Zeitraum Januar bis Juli 2025 uneinheitlich.
Frankreich wichtigster Exportpartner Bei den Küchenmöbelausfuhren in das wichtigste Exportland Frankreich kam es zu einem Rückgang von 4,3 Prozent auf 337 Millionen Euro. Einbußen gab es auch bei den Lieferungen nach Belgien (minus 0,9 Prozent), in das Vereinigte Königreich (minus 0,1 Prozent) und nach Tschechien (minus 3,7 Prozent). Zuwächse gelangen dagegen bei den Exporten in die Niederlande (plus 6,6 Prozent), nach Österreich (plus 2 Prozent), in die Schweiz (plus 4 Prozent) und nach Spanien (plus 10,9 Prozent), wo derzeit der Wohnungsbau floriert. Auf den beiden wichtigsten außereuropäischen Absatzmärkten entwickelte sich der Absatz stark rückläufig. So sanken die Lieferungen nach China, dem achtgrößten Auslandsmarkt, um 26,6 Prozent auf rund 28 Millionen Euro.
„Der Wettbewerb auf dem chinesischen Markt hat vor dem Hintergrund des eingetrübten konjunkturellen Umfeldes erheblich zugenommen. Sowohl die privaten Konsumausgaben als auch die gesamte Baukonjunktur stehen nach wie vor unter Druck”, stellte Kurth fest.
In den Vereinigten Staaten musste die deutsche Küchenmöbelindustrie einen Rückgang ihrer Ausfuhren um 17,4 Prozent auf 26 Millionen Euro hinnehmen. Nach Einschätzung des Verbandsgeschäftsführers zeigten sich hier bereits die Unsicherheiten infolge der amerikanischen Zollpolitik, auch wenn die US-Zölle auf EU-Einfuhren in Höhe von 15 Prozent erst seit 7. August 2025 in Kraft sind. In einer Verbandsumfrage gaben rund 80 Prozent der befragten Küchenmöbelproduzenten an, infolge der US-Zölle mit einem Rückgang ihrer Exporte in die Vereinigten Staaten zu rechnen. Gleichwohl wollen 80 Prozent der befragten Betriebe ihre Investitionen in das US-Geschäft stabil halten. Zum fünften Mal in Folge organisieren die Verbände der deutschen Möbelindustrie gemeinsam mit der AMK einen vom Bund geförderten deutschen Gemeinschaftsauftritt auf der wichtigsten amerikanischen Küchenfachmesse KBIS, die vom 17. bis 19. Februar 2026 in Orlando, Florida, stattfinden wird. Importe unerheblich Weiterhin kaum eine Rolle spielen unterdessen Küchenmöbelimporte nach Deutschland. Von Jänner bis Juli 2025 beliefen sich die Einfuhren auf lediglich 98,7 Millionen Euro. Die wichtigsten Lieferländer stellen Polen, Italien, Litauen und Österreich dar. Neben Zöllen sehe sich die Branche auf diversen Märkten nicht-tarifären Handelshemmnissen ausgesetzt, stellte Kurth fest. Derzeit sei in vielen Ländern eine Zunahme regulatorischer Anforderungen zu beobachten, die für die Unternehmen einen erheblichen Aufwand bedeuteten und Ausfuhren erschwerten. Als wachsende Belastung für die Küchenmöbelindustrie erweise sich die überbordende Bürokratie. So verursache die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR), die vom 30. Dezember 2025 an Nachweise über eine entwaldungsfreie Lieferkette verlangt, erhebliche Kosten. In einer vom Dachverband HDH durchgeführten Umfrage bezifferten die Unternehmen die Implementierungskosten wie auch die laufenden jährlichen Kosten jeweils auf Beträge in bis zu sechsstelliger Höhe. Neben dem zusätzlichen Personalaufwand werden Softewarelösungen und der Datenaustausch mit Lieferanten und Kunden als größte Kostentreiber genannt. Zudem gaben fast 60 Prozent der befragten Möbelunternehmen an, die EUDR-Vorgaben nicht rechtzeitig bis zum Stichtag erfüllen zu können.
Jan Kurth: „Wir fordern die EU-Kommission dringend dazu auf, die Auflagen zu vereinfachen und den besonders für mittelständische Unternehmen unzumutbaren Aufwand zu verringern.“
Eine Möglichkeit wäre die „Null-Risiko-Kategorie“: Dabei würden beim Bezug von Rohstoffen aus Ländern, in denen – wie etwa Deutschland – kein Entwaldungsrisiko besteht, weniger strenge Anforderungen gelten. Eine Entlastung ließe sich zudem erreichen, indem die Nachweispflichten nur für diejenigen Marktteilnehmer gelten, die die relevanten Rohstoffe oder Erzeugnisse erstmalig in Verkehr bringen. Damit könnte eine Weitergabe von Informationen und Prüfpflichten in den nachfolgenden Stufen minimiert werden oder gar komplett entfallen. Der Verbandsgeschäftsführer betonte die großen Nachhaltigkeitsanstrengungen der deutschen Küchenmöbelindustrie. Neben der Verarbeitung von Holz aus zertifizierter Forstwirtschaft gehören dazu die möglichst regionale Beschaffung von Rohstoffen und Vorprodukten, die Nutzung von erneuerbaren Energien in Form von Photovoltaikanlagen und die Verwendung von Holzabfällen aus der Produktion für die Beheizung der Produktionshallen, der Einsatz von recycelten Materialien wie etwa Kunststoffrezyklaten oder Spanplatten mit einem hohen Anteil von Recyclingholz sowie ein hoher Qualitätsstandard, der zur Langlebigkeit der Möbel und damit einer langen Nutzungsdauer beiträgt. „Möbel - Material Re:Turn“ Des Weiteren berichtete Kurth über das im Mai dieses Jahres angelaufene Pilotprojekt „Möbel - Material Re:Turn“ zum Aufbau eines Rücknahmesystem für gebrauchte Küchen in Nordrhein-Westfalen. Die ausrangierten Küchen werden von Dienstleistern abgebaut, um entweder nach einer Aufbereitung eine weitere Verwendung zu finden oder aber die darin gebundenen Rohstoffe im Rahmen des stofflichen Recyclings wieder in die Produktion neuer Küchen zurückzuführen. Das Projekt „Möbel - Material Re:Turn“ wird im Rahmen des „Runden Tisches Zirkuläre Wertschöpfung NRW“ realisiert, den die Ministerien für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufen haben. Eine Erweiterung erhält die im November 2024 eröffnete Lehrfabrik Möbelindustrie in Löhne, mit der die Möbelbranche dem Fachkräftemangel entgegenwirken möchte. Das hochmoderne Aus- und Weiterbildungszentrum, das den Produktionsprozess eines möbelverarbeitenden Unternehmens abbildet und die gesamte Bandbreite der Berufsbilder in der industriellen Möbelfertigung abdeckt, wird um ein Boardinghouse in direkter Nachbarschaft ergänzt. In dem zweigeschossigen, 30 möblierte Zimmer zählenden Gebäude können die Lehrgangsteilnehmer für die Dauer ihrer Schulungen wohnen. Damit soll die Einrichtung auch für Auszubildende aus entfernteren Regionen zugänglich gemacht werden. Die Bauarbeiten laufen in diesen Tagen an, die Eröffnung ist für August 2026 geplant. Für das Gesamtjahr 2025 prognostizierte Kurth für die deutsche Küchenmöbelindustrie einen Umsatz auf dem Vorjahresniveau von rund 5,6 Milliarden Euro. Anlass zu vorsichtigem Optimismus böten etwa die gestiegenen Realeinkommen der Verbraucherinnen und Verbraucher und die damit verbundene Erwartung, dass aufgeschobene Küchenkäufe in naher Zukunft umgesetzt werden.
Jan Kurth: „Auch das Investitionsprogramm der öffentlichen Hand und der Bau-Turbo versprechen Impulse, wenngleich es noch dauern wird, bis diese Maßnahmen zu mehr neuen Wohnungen und damit mehr Einrichtungsbedarf führen.“
Der stockende Wohnungsneubau setze der Branche stark zu. Unter der Regie des VdDK haben sich daher seit Jahresbeginn zahlreiche Partner aus den Bau-, Möbel- und Einrichtungsbranchen zur Initiative „Deutschlands heimische Wirtschaftskraft“ zusammengetan, um auf politische Impulse für mehr Wohnungsbau zu drängen. Die Küchenmöbelindustrie sei aber nicht nur vom Neubau abhängig, sondern könne auch vom Bauen im Bestand profitieren, sagte Kurth. Darüber hinaus verwies er auf die zunehmende Bedeutung des eigenen Zuhauses. „In einer Welt voller externer Unruhe wird das Heim mehr denn je zum Rückzugsort, zum Ort der Sicherheit, Geborgenheit und persönlichen Entfaltung.“ Damit steige die Bereitschaft, in die eigenen vier Wände zu investieren. Die mit ihren hocheffizienten Werken bestens aufgestellte Küchenmöbelindustrie habe daher viele Gründe, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Mit Blick auf das Design der Küchen befinden sich besonders die beigen und grünen Farbwelten stark im Kommen, wie eine Verbandsumfrage unter den Mitgliedsunternehmen ergeben hat. Weiterhin beliebt sind auch Weiß, Grau- und Blautöne, während der Trend zum Schwarz etwas abzuebben scheint. „Gemäß dem Wunsch nach viel Wohnlichkeit sind die warmen und hellen Farben stark angesagt“, berichtete Pressesprecherin Christine Scharrenbroch.
Gerne werden sie – meist in matter Ausführung – mit Holz kombiniert. Für eine gemütliche Atmosphäre halten zudem organische Formen Einzug in die Küche, etwa in Form abgerundeter Schrankecken. Weiter stark im Trend liegen Schrankfronten mit Rillenstruktur. Als Materialien für die Fronten befinden sich vor allem Echtholzfurnier, Schichtstoff, Melaminharz, UV-Lack, Acryl, Linoleum und Massivholz weiter auf dem Vormarsch. Bei den Küchenarbeitsplatten gewinnen derzeit Keramik, Naturstein und Quarzkomposit stark an Beliebtheit. In der Gunst der Kundinnen und Kunden weit oben stehen weiterhin der minimalistisch-moderne Designstil mit seinen klaren Linien, meist grifflosen Fronten und dünnen Arbeitsplatten sowie der moderne Landhauslook mit den charakteristischen Rahmenfronten. Stark im Kommen befindet sich zudem der Japandi-Stil, eine Mischung aus japanischen und skandinavischen Designelementen. Kennzeichnend sind eine reduzierte Formensprache, natürliche Materialien, Erdtöne und filigrane Rahmenfronten. Darüber hinaus setzen die deutschen Küchenmöbelproduzenten immer stärker auf raumübergreifende Einrichtungskonzepte und bieten Lösungen für den Ess- und Wohnbereich, für Hauswirtschaftsräume, Flure und auch Badezimmer an. www.vhk-herford.de
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