Salone del Mobile aus der Sicht des Fachhandels

MILANO COME SEMPRE. Zum sechzigsten Mal jährt sich die größte Möbelmesse der Welt: der Salone del Mobile in Mailand ist im wahrsten Sinne wieder da – mit vollen Hallen, mit großen Emotionen und wie immer voller neuer Einrichtungsideen und innovativer Möbelkonzepte. Martin Wetscher berichtet von seinen Eindrücken und zeigt die aktuellsten Trends auf.

Neuer Termin, alte Liebe: Von 07. bis 12. Juni fand in Mailand der Salone del Mobile statt. Nach dem beschaulichen Interimsevent im Herbst des vergangenen Jahres zeigten sich I Saloni wieder im gewohnten Glanz und zugleich selbstbewusster denn je. Die schöne Jahreszeit trug zur Hochstimmung bei – italienisches Lebensgefühl an allen Ecken. Es ist, als hätte es nie eine Pandemie gegeben. Der Salone ist strukturiert wie vor dem Cut 2020. Über zweitausend Aussteller füllen die Hallen, man freut sich über persönliche Gespräche. Die Internationalität ist greifbar, der Salone eine Messe für die ganze Welt – das spürt man in den Modellen sowie in der Farb- und Materialwahl. Die Messe hat Schwung geholt und die ganze Stadt begeistert mit jenem Flair, auf das wir drei Jahre lang verzichten mussten.

 

Die Bedeutung der Wertbeständigkeit

 

Die großen Brands haben die Zeit genützt, ihre besten Produkte weiter zu perfektionieren und sich auf ihre Stärken zu konzentrieren. Modelle, die seit Jahrzehnten formalen Bestand haben, werden ins Heute geholt. Nach der kurvigen „Camaleonda“ erlebt nun auch „Bambole“ von B&B Italia ein fulminantes Comeback. Bei Wetscher erstmals in seinem Entstehungsjahr 1972 zu sehen, feierte das unverwechselbare Sofa von Mario Bellini in Mailand seinen Fünfziger und war – in leicht veränderter Form – der Magnet im B&B Italia-Schauraum.

 

Zuhause ein Mensch sein

 

Weich und kissenartig laden die neuen Sofamodelle zu einem entspannteren Blick auf die Welt ein. Die Sitzgruppe „Saint-Germain“ von Poliform schmiegt sich organisch fließend nicht nur an den Körper, sondern an den Raum. Eine wichtige Eigenschaft, wenn man bedenkt, dass man mit wenigen Alltagsgegenständen eine so persönliche und langjährige Beziehung eingeht wie mit einem Möbelstück. Darum macht es auch Sinn, Möbel nicht als modische Accessoires zu betrachten, sondern als verlässliche Begleiter, die uns – wie in einer guten Partnerschaft – Halt und Zuversicht geben. Die Premiumhersteller reagieren auf diese Sehnsucht mit der fast vollständigen Reduktion von Ecken und Kanten. Der Trend ist eindeutig das Runde, sehr Ergonomische. Zu sehen sind auch wieder legere und faltige Polsterungen, gefüllt mit hochmodernen, sich selbst aufrichtenden Materialien, damit das Knautschige nicht zur Last fällt. Den weitläufigen Sitzlandschaften stellen sich schlichte Einzelmöbel zur Seite. Hier dominiert der skandinavische Stil: ehrlich und authentisch, von unheimlich selbstbewusster Eleganz und ungeschminkter Ästhetik bringen die sauberen und klaren Linien – mit viel Sitzmöbelkompetenz und Verständnis für Handarbeit ausgeführt – Wärme und Gemütlichkeit in den Raum.

 

Perfektion im Detail

 

Auffälliger denn je: die immens hochwertige Verarbeitung aller kleinsten Details. Es macht Freude wie nie, in Nähte und Strukturen zu zoomen. Fast wie ein Uhrwerk, das nicht nur gut funktioniert, sondern auch schön aussieht, präsentiert sich ein Griff, eine akkurat gelegte Falte, die Oberfläche eines Tisches. Fantastisch ist die Qualität aller Materialien, auf höchstem Niveau ihre Funktionalität. Diese Detailverliebtheit hat sich auch auf die Gestaltung der Ausstellungsflächen ausgeweitet: Waren Messestände vor einigen Jahren noch als solche erkennbar, sind sie jetzt fix und fertig gebaute Wohnsituationen, Pavillons, Atrien, durchgestaltete Innenräume mit Decken, Wänden, Böden und eingebauten Möbeln. Wie zum Beispiel bei Poliform – einem unserer Premiumpartner, der mittlerweile vom Schrankmöbel über Polstermöbel bis Küchen alle Wohnbereiche abdeckt. Jeder Millimeter dieses Messestandes ist gestaltet, man nimmt keine technischen Strukturen wahr, nur noch Raumhöhen, Schränke, in die Türen integriert sind, die lautlos bündig in die Wände gleiten. Die nackte weiße Wand war gestern. Heute plant man Räume wieder als Gesamtkunstwerke. Dreidimensionale Schattenfugen – ästhetische Metallwinkel – rahmen das Ganze, geben dem Blick Halt und dem Geist Ordnung, sorgen dafür, dass die verschiedenen Oberflächen nicht direkt zusammenkommen und Boden und Wand nicht übergangslos aufeinandertreffen. Die Strenge dieser exakten Wandabwicklung wird abgefedert durch die erwähnten sehr weichen und femininen Möbel – ein großartiger Kontrast entsteht.

 

Farben und Materialien

 

Das fehlende Feuerwerk an Neuheiten wird durch eine beeindruckende Vielfalt an Materialien und Farben ausgeglichen. Stein, Travertin, Marmor, Metall in allerhöchster Qualität werden gemixt und von der materialisierten Schattenfuge im Zaum gehalten. Sie haben Haptik und Dreidimensionalität. Wände sind sowohl grob- als auch feingespachtelt, Furniere bekommen eine Rippenstruktur, Bouclé-Stoffe erheben sich von Sitzflächen. Die Farben sind blass, aber variantenreich: Petrol, Rostbraun, Terrakotta sind zu sehen, ebenso alle Braun-, Beige und Gelbtöne sowie Aubergine und Berry. Königlich über allen anderen Farben erhebt sich die tatsächlich warme Farbe Blau in all ihren Schattierungen. Dieses Blau gibt Überblick, Weite und Sicherheit, beruhigt Geist und Seele wie im Urlaub der erste Blick aufs Meer.

 

Die Neuerfindung des Lichts

 

Besonders hervorzugeben ist hier die Firma Occhio, die technisch wie skulptural das Licht neu erfunden zu haben scheint. Ringleuchten kommen auf Knopfdruck aus der Decke. Dann Mito Gioia – eine neue Tischleuchte, die der Hit der Messe ist. Futuristisch, funktional, fast magisch und in üblicher Occhio-Qualität. Licht, das auf Handbewegungen reagiert, nach oben oder nach unten leuchtet, dimmbar und steuerbar. Generell ist die LED-Technologie mittlerweile überall integriert, es gibt keinen Schrank mehr, der nicht beleuchtet ist, keine Fuge, die nicht mit indirektem Licht hinterlegt ist. Der große technische Fortschritt besteht darin, dass wir die Nacht zum Tag machen können und umgekehrt, alle Lichtfarben einstellen können. Parallel zur omnipräsenten, indirekten Beleuchtung gibt es wieder mehr dekorative Leuchten, die neben der funktionalen auch eine wichtige formale Aufgabe im Raum erfüllen.

 

Die Küche – Zentrum des Raums

 

Auch die Aussteller der Eurocucina schwingen sich in immer höhere Ebenen in Sachen Materialperfektion, Ästhetik und Funktionalität. Die braven Hängekästchen sind Opfer der Pandemie geworden und endgültig von der Bildfläche verschwunden. Küchen bestehen aus großzügigen und kommunikativen Kochinseln mit Steinarbeitsplatte, integriertem Waschbecken und völlig fugenfreien Kochfeldern, die womöglich sogar vollständig in den Arbeitsplatten verschwinden und nicht mehr als Herd erkennbar sind. Ergänzt wird der skulpturale Küchenblock um raumhohe Schränke, hinter denen sich Regale, zusätzliche Arbeitsflächen, glitzernde Boards für Weingläser und – sehr wichtig – der Zugang zur Hinterküche verbergen. Diese geschlossenen, wunderschön anzusehenden und aufgeräumten Flächen schaffen Gemütlichkeit und Ruhe im Raum. Im alpinen Raum ergänzen wir dieses Setting um eine Essgelegenheit mit Hochtisch und Barhockern – die Kochinsel als neue Version der Stube. In Kürze wird eine Poliform-Küche bei Wetscher zu sehen sein, die all diese Parameter wiedergibt: außen wohnliche Ästhetik, im Verborgenen die funktionale Hinterküche. Es ist die italienischste aller Küchen und zugleich richtungsweisend für jedes Zuhause.

 

Und immer wieder der Garten

 

Outdoor ist indoor, innen ist gleich wichtig wie außen. Jetzt haben auch die letzten Brands hochwertigste Gartenmöbel. Die Gestaltung des Außenraums ist maßgeblich geworden. Dem Leben im Freien wird höchste Aufmerksamkeit geschenkt. Der Trend zur Outdoorküche nimmt noch mehr Fahrt auf.

 

Das Fazit nach einigen Tagen geballter Mailand-Emotion:

Erneut bestätigt sich die Wetscher Wohnphilosophie. Wer sich bis jetzt gut eingerichtet und in bleibende Werte investiert hat, hat alles richtig gemacht. Das außergewöhnlich hohe Niveau der Messeauftritte beweist zudem, dass nichts wichtiger ist als die reflektierte Innenraumgestaltung. Möbel in einen Raum zu stellen reicht nicht für das Schaffen des persönlichen Raumgefühls. Unsere Wetscher Wohnstilberatung bildet den Menschen ab, unsere Innenarchitektur spiegelt die Bewohner und macht sie sichtbar.