wohninsider Februar-März 2024

52 wohninsider.at | Februar/März | 01. 2024 NETZWERKE Der starke Rückgang im Einrichtungsfachhandel (siehe Seite 62) und da insbesondere bei den Küchen kommt nicht von ungefähr, weiß BRANCHENRADAR-Inhaber und -Chef Andreas Kreutzer: „Küchen sind nicht zuletzt vom Neubau getrieben und die Zahl der Fertigstellungen und auch Bewilligungen geht weiterhin stark zurück.“ Schon seit langem macht der Marktanalyst auf die sich zuspitzende Misere aufmerksam und hat dazu – inkl. konkreter Lösungsvorschläge – ein Buch geschrieben (siehe Buchtipp) und in diesem sowie im Gespräch mit wohninsider Lösungen aus der Krise aufgezeigt. So schaut’s aus Kreutzers Einschätzungen zufolge – die konkreten Zahlen kommen erst in den nächsten Wochen – dürften die Fertigstellungen im Neubau 2023 hierzulande um satte 10 % zurückgegangen sein. Die Bewilligungen und die Baubeginne sind ebenfalls weiterhin stark rückläufig (siehe Grafik). Gleichzeitig haben sich die Preise am Bau exorbitant erhöht. Konkret seien diese zwischen 2020-2023 um mehr als 30 % (!) gestiegen. Kreutzer: „So einen Preisauftrieb hatten wir in der Geschichte überhaupt noch nie.“ In Summe ist das eine Mischung, die toxisch ist und das Bauen weder für Private noch Bauträger wenig attraktiv, bzw. nicht mehr rentabel macht. Bei Mieten einiges im Argen Dass die Situation auch in der Miete schwierig ist, leitet Kreutzer ebenfalls aus mehren Ursachen her. Zum einen ist Österreich generell ein Land mit einem hohen Mietanteil: Mehr als 40 % der Österreicher:innen leben nicht im Eigentum. Zum anderen werden seit 2015 mehrheitlich freifinanzierte Wohneinheiten errichtet, das macht die Mieten per se kostspieliger. Die Länder, die für die Wohnbauförderung zuständig sind, hätten einiges verabsäumt. Zudem wurden die Förderungen nicht valorisiert, soll heißen, das Volumen an Förderung, das wir heute am Markt haben, entspricht nur mehr 40 % jenes Wertes aus dem Jahre 2000. Auch der oft genannte Mietpreisdeckel gelte bei weitem nicht für alle Mietverhältnisse. Gleichzeitig sinken die Haushaltsquoten (bald sind wir bei durchschnittlich zwei Personen pro Haushalt) und die Bevölkerung wächst. Rechnet man diese Kennzahlen schließlich zusammen, bräuchte man, so Kreutzer, jährlich 45.000 neu errichtete Wohneinheiten. – Und davon sind wir weit entfernt! Seine Konklusio: Der Wohnbaumarkt in Österreich steht vor einem möglichen Kollaps. Auch die privaten Häuslbauer haben es schwer Für die privaten Häuslbauer kam die im August 2022 erlassene KIM-Verordnung (Kreditimmobilienmaßnahmen-Verordnung) hinzu, die die Kreditvergabe deutlich erschwert. Kein Wunder also, dass die Bewilligungen um ein Drittel, die prognostizierten Baubeginne für 2024 um ein Viertel niedriger sind als im Jahr zuvor. Zudem mache sich, so Kreutzer, eine gewisse Hoffnungslosigkeit bei jungen Menschen breit, die einerseits von der allgemeinen Verunsicherung aufgrund der globalen Rahmenbedingungen mit Kriegen und Klimakrise genährt werde, andererseits auch die persönliche wirtschaftliche Situation düster gestalte. Demnach mache es für viele subjektiv keinen Sinn, überhaupt noch auf ein Eigenheim zu sparen, weil man es sich ohnehin nicht mehr leisten könne. Das wiederum münde in der beschriebenen Lust am Hier und Jetzt, das verfügbare Geld wird für Konsumgüter und schnelle Freuden ausgegeben, anstatt es in die Zukunft (das Eigenheim) zu investieren. Kreutzer macht hier ein breites politisches Versagen aus: „Man müsste den Menschen Zukunftshoffnung geben, sodass sie investieren und für die Zukunft sparen und nicht nur konsumieren.“ Initiative in Kooperation mit der Blauen Lagune Wie aber das Problem angehen, und die Baubranche konsolidieren? Laut Prognose wird heuer mit dem Bau von 20 % weniger Einfamilienhäusern begonnen, als 2023 und im MAG. ANDREAS KREUTZER „Gebt den Menschen Hoffnung“ Weder der Blick zurück noch nach vorne macht derzeit große Freude. Mehr noch als der Einrichtungshandel hat auch die Baubranche mit starken Rückgängen, erschwerten Rahmenbedingungen und exorbitant steigenden Kosten zu kämpfen. Eine toxische Mischung, die schon bald zu einem Kollaps führen könnte. Wir suchten mit BRANCHENRADAR-Mastermind Andreas Kreutzer nach Lösungen. Von Gerhard Habliczek und Lilly Unterrader „Man müsste den Menschen Zukunftshoffnung geben, sodass sie investieren und für die Zukunft sparen und nicht nur konsumieren.“ Mag. Andreas Kreutzer Foto: © SI.MA.pix

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