wohninsider Februar-März 2024

62 wohninsider.at | Februar/März | 01. 2024 NETZWERKE Die Zahlen spiegeln das subjektive Gefühl im Markt wider. Der Markt für Möbel und Einrichtung musste im vergangenen Jahr einen Rückgang von etwa 9 % einstecken, real gesehen, also die getätigten Preiserhöhungen rausgerechnet, ist er noch weit stärker geschrumpft. Mag. Andreas Kreutzer, Inhaber und Chefanalyst von BRANCHENRADAR, geht hier von etwa 12-15 % Rückgang aus. Vor allem bei Küchen gab es massive Einbrüche, ein wesentlicher Grund dafür sind die rückläufigen Neubauten (siehe Seite 52). Dabei haben die Marktteilnehmer unterschiedlich agiert, wie Kreutzer gegenüber wohninsider erläutert: „IKEA hat im Vorjahr massive Preiserhöhungen von bis zu 20 % über alle Sortimente durchgezogen, und daher ist er auch der Einzige, der 2023 mit einem Umsatzplus abschließen konnte.“ Die anderen Marktteilnehmer haben zwischen 4 und 9 % weniger Umsatz generiert als im Jahr zuvor, das jedoch vor dem Hintergrund, dass kika/Leiner um mehr als ein Drittel eingebrochen ist. Wie geht’s weiter? Auch aktuell sieht die Situation nicht rosig aus. Die Menschen investieren nicht, sondern geben ihr Geld für den täglichen Konsum, also Gastronomie, Urlaub und Freizeit aus. Nicht umsonst lautet eines der Jugendwörter des Jahres YOLO – You only live once, eine Einstellung, die sich ebenfalls belastend auf Investitionsgüter wie Möbel oder Küchen auswirkt. Kreutzer: „Die Menschen machen nichts anderes, als das, was ihnen die Politik seit Jahren und Jahrzehnten vorlebt. Transferleistungen und kaum Investitionen.“ Es fehlt an Perspektive und Hoffnung für die Zukunft. Zudem geht auch der Neubau – sowohl im Bereich Einfamilienhaus als auch im mehrgeschoßigen Wohnbau – zurück. Das wiederum ist jedoch ein starker Treiber für Küchenplanungen. Um dieses Defizit ausgleichen zu können, müsste der Möbelhandel aktiv in die Sanierung, den Austausch gehen. Lösungen aus der Misere? Die gute Nachricht zu Beginn: Das WIFO prognostiziert für das laufende Jahr, dass das verfügbare Einkommen der Österreicher:innen um 2,6 % steigen wird. Doch worin wird dieses Mehr an Einkommen investiert? Ziel müsse es sein, Wohnen und Einrichten für die Menschen wieder reizvoll zu machen, wie es unter anderem XXXLutz in seiner Werbung gemacht hat (Stichwort „Fahr nicht auf Urlaub, sondern investiere in ein Sofa“). Auch IKEA hat die (Un-)Gunst der Stunde genutzt und sehr aufmerksamkeitsstark damit geworben, dass man 1.300 (!) Artikel stark reduziere. „Das schafft Aufmerksamkeit, in einer Zeit, wo die Kauflaune ohnehin getrübt ist und die Konsumenten verunsichert sind.“ Eine Preisreduktion zum aktuellen Zeitpunkt sei jedoch genau das, was aus Sicht von Kreutzer unumgänglich ist. „Die Preise müssen runter und zwar lautstark. Dass das vor dem Hintergrund rückläufiger Frequenz und Margen wenig attraktiv ist, ist vollkommen klar.“ Doch es ist Bewegung im Markt, wie sich in Gesprächen mit wohninsider immer wieder zeigt: Einige renommierte Marken wie TEAM 7 oder JOKA haben bereits angekündigt, das eigene Sortiment zu straffen um größere Losgrößen zu erreichen und damit neue Preispunkte setzen zu können. Generell könne aber, so Kreutzer, der Schwarze Peter nicht dem Handel zugeschoben werden. Sondern: „Eigentlich hat der Handel seine Aufgabe relativ gut gemacht. Vielmehr ist es Aufgabe der herstellenden Industrie, Lust auf die Marke zu machen.“ Denn, man denke etwa an das JOKA- Männchen, die Marken, die es heute gibt, leben noch immer vom Markenimage, das vor Jahrzehnten etabliert wurde … das würde es jedoch heute auch dringend brauchen.“ www.branchenradar.com BRANCHENRADAR Marke machen Der Möbelhandel hat im Vorjahr laut BRANCHENRADAR einen Umsatzrückgang von 9 % – real sogar noch mehr – ausgefasst. Besonders stark sind die Küchen betroffen. Foto: © SI.MA.pix, Grafik: Quelle Statistik Austria, Prognose BRANCHENRADAR „Die Preise müssen runter und zwar lautstark.“ Mag. Andreas Kreutzer

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