April-Mai 2022

02. 2022 | April/Mai |wohninsider.at 19 TRAINING : WISSEN wohninsider: Wie kann man im Job die erwartete Performance bringen und sich trotz der beklemmenden Nachrichten aus der Ukraine dafür motivieren? Mag. Gabriel Schandl: Das, worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken, wird größer. Es ist gut informiert zu sein, aber es macht wenig bis keinen Sinn, sich nur noch mit den Nachrichten zu konfrontieren, die uns zurecht traurig machen und ängstlich werden lassen. Der Fokus sollte stattdessen darauf sein, was wir selbst in der Hand haben. Den eigenen Gestaltungsbereich zu fokussieren und darin zu wirken, kann schon im kleinen etwas bewirken. Sich vorher die richtigen Fragen zu stellen ist hilfreich und abseits des Positiv-denkens eine realistischere Version der Handlungsorientierung. Konkret: Ì Was kann ich (heute Gutes) tun? Ì Wie kann ich aktuell meinen Job bestmöglich machen? Ì Wem kann ich unmittelbar helfen, auch Kollegen oder Kunden? Ì Wie kann ich dazulernen, um noch besser zu werden? Wie gelingt es, die eigenen Karriereziele dennoch im Auge zu behalten? Fokus, Fokus, Fokus. Wie eine Handykamera aktiv vom Besitzer gelenkt wird, genauso verhält es sich mit unserer Aufmerksamkeit: Womit „füttern“ wir sie? Was zeigen wir ihr? Sich kurzfristige Ziele zu setzen und in deren Richtung aktiv zu werden macht weiterhin Sinn und erhöht den Grad an Selbstbestimmung. Warum sollten wir diese komplett aufgeben und durchs Jammertal torkeln nur weil sich ein Wahnsinniger erdreistet, in ein friedliches Land einzumarschieren und gleichzeitig dem Westen zu drohen. Wir alle sind gerade jetzt gefordert, unser Bestes weiterhin zu geben. Jede andere Alternative hätte nur zusätzliche negative Auswirkungen auf unseren schon heftig gebeutelten Alltag, vor allem auch nach zwei Jahren Pandemie. Inwiefern sollten Führungskräfte den Ukraine-Krieg thematisieren, auch wenn das Unternehmen nicht von wirtschaftlichen Auswirkungen betroffen ist? Einerseits macht es Sinn, mit dem Team ins Gespräch zu gehen und über mögliche Ängste oder Sorgen zu sprechen. Andererseits sollte dabei immer beachtet werden, dass die Denkrichtung eine konstruktive bleiben sollte. Über mögliche Hilfen zu reden, wie z.B. Airbnb Wohnungen zu buchen in der Ukraine, sie zu bezahlen, aber nicht hinzufahren, kann durchaus Sinn machen. Ein realistischer Optimismus ist gefragt, den die Führungskräfte zuerst für sich selbst umsetzen sollten und gleich danach für und mit ihren Mitarbeitern. Wie können Führungskräfte ihren Mitarbeitern besonders vor dem Hintergrund der belastenden Ereignisse Orientierung geben? Es sind die Klassiker der zwischenmenschlichen Kommunikation, die gerade jetzt wieder neu gefragt sind: Empathie, Fragen, aktiv zuhören, lösungsorientierte Denkrichtung. Handlungsorientierte Kommunikation, die deeskaliert anstatt weiter aufzuputschen. Auch wenn die Wenigsten von uns gelernt haben, mit Konflikten und Emotionen sinnvoll umzugehen, ist jetzt genau dafür die richtige Zeit. Gemeinsam reflektieren, die Richtung vorgeben und den Weg dorthin gemeinsam erarbeiten: Das ist es, was aktuell dringend notwendig ist. Die Flüchtlingsbewegung könnte zu Kontroversen unter Kollegen führen: Welche kommunikativen Wege gibt es, um Meinungsverschiedenheiten zu begegnen? Man kann sich einigen, unterschiedlicher Meinung zu sein. Und gleichzeitig das Verbindende und Gemeinsame suchen. Das braucht mentale Flexibilität. Heute früh hatte ich eine Diskussion mit einer Bürokollegin und wir waren unterschiedlicher Meinung. Der Satz, der allerdings am meisten geholfen hat, war: „Ich verstehe dich.“ Das bedeutet noch nicht, dass ich dem Gesagten zustimme. Aber es signalisiert Bereitschaft, in die Gedankenwelt des Anderen einzutauchen und sie zu respektieren, anstatt nur die eigene Wahrheit zu formulieren. Schwierig wird es mit Kollegen und generell Menschen zu diskutieren, deren Meinung so aussieht: „Es gibt zwei Wahrheiten, meine und die falsche.“ UKRAINE-KRIEG: WIE GEHEN WIR DAMIT UM? Interview mit Mag. Gabriel Schandl zum aktuellen Thema Ukraine Gabriel Schandl ist Wirtschaftswissenschafter (Linz, Siena) und Leistungsforscher. Als leidenschaftlicher Keynote-Speaker und engagierter Coach unterstützt er Menschen, Unternehmen und Teams, ihr Bestes zu geben. Der Constantinus Kategorie Sieger ist Buchautor und wurde von der National Speakers Association mit dem CSP geehrt, dem „Certified Speaking Professional“, der höchsten Auszeichnung in der Redner-Branche. Das Magazin „Erfolg“ zählt ihn zu den Top 100 Erfolgstrainern im deutschsprachigen Raum. Von ihm stammt der Begriff und das Konzept des „Leistungsglücks“, welches er in seinen Vorträgen weltweit eindrucksvoll darstellt. Kontakt: Mag. Gabriel Schandl e.U. General-Keyes-Straße 19/7 A-5020 Salzburg www.gabrielschandl.com Foto: © Gabriel Schandl Gabriel Schandl

RkJQdWJsaXNoZXIy NDA0NA==