wohninsider August-September 2022

34 wohninsider.at | August/September | 04. 2022 BRANCHENTALK Nettes Bonmot am Rande: Die Persönlichkeit manifestiert sich bei reginaplaza unter anderem in einer Besonderheit: „Wir handhaben es nach wie vor so, dass beim Erstgespräch der Entwurf mit der Hand gezeichnet wird. Das führte dazu, dass ein prominenter Kunde von uns voll des Erstaunens auch ein paar Radiergummi-Fussel dazu haben wollte und sich diese zusammen mit meiner Handzeichnung schließlich in seinem Empfang eingerahmt an die Wand hängen ließ“, schmunzelt der Unternehmer, nicht ohne Stolz. „Die Industrie und die Verbände bieten kaum Unterstützung“ Wie geht es nun aber weiter mit Themen wie Lieferfähigkeit und Preiserhöhungen. Tanzler: „Wir haben heuer schon die dritte Preiserhöhung und es wird immer schwieriger, eine gute Marge mit nach Hause zu bringen. Die Industrie hilft in der Ertragssituation leider gar nicht. Wir haben aktuell einen Vorlauf von bis zu einem Jahr. Ich habe 200 Küchen draußen und dann heißt es plötzlich, ab Lieferdatum November gibt es 8 % Preiserhöhung. Selbst wenn man mit den Herstellern gut verhandelt, weiß man, dass man bei 200 Küchen zumindest immer noch 4 % verliert. Rechnet man das dem Kunden dann vorher schon ein oder verzichtet man komplett darauf ? – Das alles erfordert aktuell schon sehr viel Mut und Risikobereitschaft.“ Und wie geht man mit fehlenden Geräten um? Das Team von reginaplaza geht auch hier eigene Wege: „Wir haben um 100.000 Euro selbst Geräte von Amazon und Co. bestellt, um unseren Kunden Leihgeräte zur Verfügung stellen zu können. Denn ICH kann meinen Kunden, die eine Küche um 30.000 Euro bestellen, nicht sagen, ‘Deinen Dampfgarer bekommt du in sechs Monaten.’“ Grundlegende und andauernde Veränderungen Die aktuellen Krisen sowie die negativen Schlagzeilen hinterlassen seiner Ansicht nach tagtäglich ihre Spuren. Der reginaplaza-Chef analysiert: „Wir haben aktuell rund ein Drittel weniger Kundenanfragen, dafür sind die Kunden, die kommen wirklich kaufinteressiert und bereit, auch 30-40.000 Euro in die Hand zu nehmen.“ Das läge zum einen daran, dass viele Investitionen durch Corona vorgezogen wurden. Zum anderen, dass viele Menschen – hier vor allem auch der Mittelstand – durch die ständig steigenden Energie- und Lebenskosten noch kostenbewusster geworden sind bzw. notgedrungen in die Großfläche gehen. Und jene, die genug Geld hätten, sind anspruchsvoller, genauer informiert, selektieren und verlangen mehr. Tanzler: „Man kann sicher sagen, dass wir heute im Durchschnitt dreimal sooft auf eine Baustelle fahren, als noch vor drei Jahren.“ Auch das seien zusätzliche Kosten an, die man den Kunden nicht in Rechnung stellen könne … Appell an Interessenvertreter und Verbände Strukturänderungen wären angesichts der Gesamtsituation dringendst vonnöten. Tanzler: „Die massiv steigenden Energiekosten treffen das Herz unserer Gesellschaft und das ist noch immer der Mittelstand. Die merken es extrem. Da geht es nur mehr ganz rauf oder ganz runter und das schneller als je zuvor. Auch als Unternehmer. Und wenn viele Betriebe zusperren oder den Gürtel enger schnallen müssen, fehlen die Investitionen andernorts usw.“ In der Pflicht sieht Tanzler daher sowohl die Politik als auch Interessenvertreter und die Verbände. „Es kann nicht sein, dass das ganze Risiko an uns hängen bleibt. Wo sind die Interessenvertreter in der aktuellen Situation? Warum schütten die Verbände nicht zum Beispiel eine Art Solidaritätsbonus aus? ...“ Nachsatz in aller Deutlichkeit: „Die Verbände verabsäumen schon sehr sehr viel, sich zu positionieren, so empfinden wir das – und auch viele meiner Kollegen!“ Es ist ein geiler Job! Angesichts der rundum herausfordernden Situation: Habe er jemals bereut, diesen Weg gegangen zu sein? Tanzler überlegt keine Sekunde: „Ich bin sehr stolz auf meinen Werdegang. – Meine Frau sagt immer, Ernst, das war alles zur richtigen Zeit. Den Schritt, den wir vor vier Jahren gegangen sind, hätte ich vor zehn Jahren nicht machen können. Zusammengefasst kann ich sicher sagen: Es ist ein total geiler Job. Ich kenne alle Strukturen und Machenschaften und möchte keine dieser Erfahrungen missen ...“ www.reginaplaza.at www.facebook.com/reginaplaza.living „Es kann nicht sein, dass das ganze Risiko an uns hängen bleibt. Wo sind die Interessenvertreter in der aktuellen Situation? Warum schütten die Verbände nicht zum Beispiel eine Art Solidaritätsbonus aus?“ appelliert Ernst Tanzler an Interessenvertretung und Verbände.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDA0NA==