wohninsider Februar / März 2022

22 wohninsider.at | Februar/März| 01. 2022 BRANCHENTALK wohninsider: Es betrifft eigentlich fast alle Branchen und so auch unsere, die Einrichtungsbranche. Qualifiziertes Personal fehlt an allen Ecken und Enden. Wie könnte man das lösen? Ing. KR Hubert Kastinger: Ich sage ganz ehrlich, ich denke jeden Tag darüber nach und wir sind in diese Richtung auch auf mehreren Ebenen aktiv, aber den entscheidenden Zugang haben wir noch nicht gefunden. Es hapert meiner Meinung nach schon an der Basis und die beginnt im Kindergarten und geht über die Schulen bis zur Lehrabschlussprüfung. Wir erleben viel bei den Lehrabschlussprüfungen. Von 200 oder 300 Prüflingen haben wenige ein entsprechendes Niveau, alle anderen haben Schwierigkeiten mit den einfachsten Dingen. Weit weg von einer sogenannten Allgemeinbildung, weit weg von Rechnen, Lesen und Rechtschreiben. Das heißt, es hapert am Schulsystem? Ganz klar. Aber das muss an anderer Stelle geklärt werden, und das dauert Generationen. Da geht nichts schnell. Was noch dazukommt, oder was wir feststellen, ist, dass Jugendlichen oftmals die Motivation und die Perspektiven fehlen. Sie haben heute von Zuhause alles, sie müssen sich selten was erarbeiten und warum sollten sie sich dann anstrengen? Ich stelle das in vielen Bereichen fest, und das betrifft nicht nur unsere Branche. An der Kepler Uni in Linz zum Beispiel haben wir pro Jahr 6000 Studienabrecher:innen. Die Jugend weiß nicht mehr, wohin sie will, und es gibt viele junge Menschen ohne klare Ziele. Von unten sozusagen kommt also nichts bzw. bis sich da was ändert braucht es Jahrzehnte. Sie brauchen aber jetzt gute Leute, weil die Branche boomt. Wie soll das funktionieren? Als Betrieb sollte man sich für Jugendliche attraktiv darstellen um deren Interesse zu wecken. Die Einrichtungsbranche bietet definitiv coole Möglichkeiten sich zu entfalten und kreativ zu sein. Hier müssen alle Firmen daran arbeiten diese Aspekte entsprechend zu vermitteln und somit auch den Nachwuchs wieder vermehrt selbst auszubilden. Seitens der Wirtschaftskammer sind wir bestrebt, die Attraktivität der Einrchtungsbranche als Ausbildungs- und Arbeitsplatz zu erhöhen. Wir wollen dem Lehrberuf ein neues Image mit der Bezeichnung „Wohnraumdesigner“ geben. Die ganze Ausbildung kann man so auf moderne Beine stellen. Aber leider rennt man da gegen Mauern und die Gewerkschaft blockt. Hier gibt es noch viel aufzuarbeiten. Nach bestandener Lehrabschlussprüfung drückt man dem “Prüfling” das Zeugnis in die Hand ohne weitere Wertschätzung. Eine kleine Feier mit entsprechender Übergabe wäre eine bessere Lösung und würde die erbrachte Leistung würdigen und auch dem Umfeld einen höheren Stellenwert vermitteln. Dazu könnte auch die lokale Presse mit einem positiven Bericht beitragen und somit die Lehre auf breiter Basis aufwerten. Die Großfläche posaunt ja jährlich medienwirksam hinaus, wie viele Lehrlinge ING. KR HUBERT KASTINGER FACHARBEITERMANGEL – LICHT AM ENDE DES TUNNELS? Der Vorsteher des Bundesgremiums des Einrichtungsfachhandels Ing. KR Hubert Kastinger hat das Thema Facharbeitermangel ganz oben auf seiner Prioritätenliste stehen. wohninsider sprach mit ihm, wohin die Reise geht. Von Gerhard Habliczek „Als Betrieb sollte man sich für Jugendliche attraktiv darstellen um deren Interesse zu wecken. Die Einrichtungsbranche bietet definitiv coole Möglichkeiten sich zu entfalten und kreativ zu sein.“ Ing. KR Hubert Kastinger, Gremialvorsteher des Bundesgremiums für den Einrichtungsfachhandel „Es hapert meiner Meinung nach schon an der Basis.“ Fotos: Fotograf Herbert Stöckelmayer „Die Jugend weiß nicht mehr wohin sie will, und es gibt viele junge Menschen ohne klare Ziele.“

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