wohninsider Februar / März 2022

01. 2022 | Februar/März|wohninsider.at 51 KÜCHE ihnen im Gespräch entwickle, um sie dann produzieren zu lassen. Nicht umgekehrt. Mir ist der persönliche Kontakt mit meinen Kund:innen wichtig. Erst dadurch wird klar, wie sich aus einem Raum das Beste rausholen lässt, durch das Feedback bei der Planung erschließt sich, ob sie gefällt oder wo etwas geändert werden muss. Durch computergesteuerte Planungssysteme hat sich einiges verändert, von Kund:innen sind detailgetreue Darstellungen und 3DVisualisierungen gefragt. Es gibt dadurch weniger Überraschungseffekte. Auch Mitarbeiter:innen planen weniger gern noch mit der Hand, obwohl sie es könnten, dadurch fehlt oft das Gefühl und die Technik lässt weniger Kreativität zu. Wer sich nichts traut, macht aber nur nach, was es schon mal gegeben hat. Es braucht wieder mehr Mut, freier zu zeichnen, planen und arbeiten. Kann die Küchenindustrie Ihre besonderen Vorstellungen und Planungen umsetzen? Ja, das fordere ich auch ein. Ich verfolge kein „Kastldenken“, ich denke nicht nur in Korpusbreiten. Die Vorstellung, dass nur Tischlereibetriebe Möbel millimetergenau fertigen können, ist überholt. Auch wenn alles am Standard-Korpusmaß ausgerichtet ist, hindert das nicht die kreative, individuelle Küchenplanung. Bei zu viel Kubusdenken schaut jede Küche gleich aus, es fehlt die zündende Idee. Es ist also wichtig zu überlegen, was sich aus diesen Elementen machen lässt. Beziehen Sie die Korpusse vorwiegend von der Industrie und machen Sie selbst Ergänzungen, oder geben Sie diese in Auftrag? Wenn möglich beauftrage ich die Industrie auch mit besonderen Lösungen. Ich versuche, die Möglichkeiten der Industrie so auszuloten, dass wir möglichst wenig selbst fertigen müssen, sofern dies in der Küchenwelt technisch möglich ist. Wenn nicht, entkopple ich diese Elemente vom Auftrag der Küche und gebe sie bei einer Tischlerei in Auftrag, die manchmal auch eine günstigere Lösung als die Industrie bieten kann. Der Schlüssel zum Erfolg ist also die Kombination von Industrie und Tischlerhandwerk? Geschickt eingesetzt ja, und zwar für alle. Küchenprofis, die das können und gute Lieferant:innen haben, können alles anbieten, als Planer:innen die Kreativität und Fantasie spielen lassen und so maßgeschneiderte Lösungen gestalten. Das ist unsere Nische. Eine Herausforderung ist allerdings, dass der Wert der Möbel nur noch maximal die Hälfte des Wertes der Küche ausmacht, die andere Hälfte machen Geräte und Zubehör. Konsument:innen beziehen außerdem Geräte verstärkt online, auch das sehe ich als wachsendes Problem. Der Vorteil meines Unternehmens liegt im breiten Produktportfolio. Wir bieten nicht nur Küchen, sondern Möbel und Lösungen, von Wohnen über Schlafen bis zu Badezimmer und Schrankräumen, bis zu stimmiger Farbgestaltung und Leuchten. Wir planen und realisieren auch ganzheitliche Raumkonzepte. In diese Richtung müssen wir uns noch weiter bewegen. Viele Hersteller vermitteln, sie hätten die optimale „Tischlerküche“, millimetergenau und auf Maß gefertigt. Der Begriff „Tischler“ wird hier meiner Meinung nach falsch verwendet. Tischler:innen sind nicht am besten in der Millimeterverarbeitung, auch wenn das in den Köpfen vieler Konsument:innen steckt. Das schafft die Industrie auch. Tischler:innen sind nicht nur Handwerker:innen. Die Spezialität der Tischler:innen liegt in der Individualität, sie sind Spezialist:innen für alles, was über das Industrielle hinaus geht, vor allem bei Holz, dessen Konfiguration und Vielfalt, bei Oberflächen, Details und besonderen Lösungen. Gute, kreative Tischler:innen sind Innenarchitekt:innen. www.kerschner-wohndesign.at „Die Spezialität der Tischler:innen liegt in der Individualität, sie sind Spezialist:innen für alles, was über das Industrielle hinaus geht.“

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