wohninsider_Nachhaltigkeit 2022

Juni 2022 | Hier wi rd nachhal t ig gearbei tet | wohninsider.at 71 LINE 12 Für manche mag es vielleicht wie Hokus-Pokus oder spirituell klingen. So auch anfangs für Harry Grössing. Kein Mann der Räucherstäbchen und Vodoopuppen, setzte er sich mit dem Thema schon sehr früh und bewusst auseinander: dem Schlägern, oder wie Harald Grössing es „freundlicher“ nennt „Ernten“ des Holzes zur richtigen Zeit. „Ich hab die Bücher von Erwin Thoma gelesen und dann einmal in unserem Dorf die Alteingesessenen gefragt, wie sie es denn immer gemacht hätten mit dem Holz. Und da kam öfter die Antwort: ‘Bei abnehmendem Mond, ideal am Tag nach Vollmond, sei das Holz am besten zu verarbeiten.“ Anfangs skeptisch, probierte der Meister es selbst aus. Einen Baum am Tag nach Vollmond geerntet, daneben ein herkömmlich gefälltes Holz, wie es in der Forstwirtschaft Gang und Gäbe ist. Beide Holzstapel wurden im Anschluss gleich verarbeitet, gelagert und naturgetrocknet – versteht sich. Was war das Ergebnis? Und siehe da, der Stapel mit dem mondgeernteten Holz war schon in der Hälfte der üblichen Zeit getrocknet, das Quell- und Schwindverhalten war komplett anders, so Grössing. Während sich das herkömmlich geschlägerte Holz bewegte und warf, blieb das mondgeerntete glatt und ruhig. Der Grund ist durchaus erklärlich, so Grössing: „Zu Vollmond herrscht Ebbe, das Wasser zieht sich zurück, so kann auch der Baum weniger Wasser aufnehmen. Und wir sprechen da von großen Mengen, ein Baum braucht doch immerhin 3-4000 Liter am Tag, die er aus der Erde zieht und wieder abgibt.“ Mit dem Effekt, dass das Holz bereits weniger Wasser in sich trägt bei der Ernte. Zusätzlich würde er, wenn ein Hang vorhanden ist, den Baum mit der Krone abwärts lagern, sodass die Blätter noch zusätzlich Wasser aus dem Stamm ziehen. Grössing: „Das sind althergebrachte und natürliche Methoden, die jedoch sehr effektiv sind.“ Denn die Vorteile gehen noch weiter. „Dadurch, dass das Holz so ruhig bleibt, kann es wie Plattenmaterial verarbeitet werden und man hat weniger Verschnitt. Man kann also mehr vom ganzen Baum verwenden.“ Und Holz, dass imHerbst geerntet würde, kann im Frühjahr bereits verarbeitet werden, und das ganz ohne Trockenkammer, die auch wiederum unnötigen Strom verbraucht und zudem einen Großteil der ätherischen Öle dem Holz entzieht.“ Grössing setzt nach: Und es ist ja allgemein bekannt, dass das „duftende“ Holz nach der Trocknung in der Kammer künstlich beduftet werden muss… Bei Harry Grössing jedenfalls ticken die Uhren anders. Und er macht sein Geschäft schon seit jeher im Einklang mit der Natur und dem Mond. „Ich bin einer der wenigen, die das so betreiben. Und ich bin stolz drauf.“ www.line12.at Mit seiner Line 12 ist Grössing nach dem kompletten Feuerschaden Ende des vergangenen Jahres in seiner Tischlerei aktuell im Wiederaufbau. „Derzeit arbeiten wir nur an Prototypen. Ab August gibt es da wieder Neuigkeiten.“ Mit dem Vollbetrieb in der Tischlerei und damit der Line 12 ist voraussichtlich ab Anfang des kommenden Jahres zu rechnen. Portrait: © Andreas Cichini, Foto: Harald Grössing Ernten im Mondlicht Umweltbewusstsein und Ressourcenschonung hat viele Gesichter. So unter anderem auch das „Ernten“ des Holzes zur richtigen Zeit, wie Tischler-Meister Harald Grössing wohninsider berichtet. Weil auf natürliche Weise und im Einklang mit der Umwelt weniger Material verbraucht und dieses schneller verarbeitet werden kann. Von Lilly Unterrader Mit dem (abnehmenden) Mond geerntet: Das Holz ist schneller getrocknet und weist praktisch kein Quell- und Schwindverhalten auf. LINE 12 im Wiederaufbau Tischler-Meister Harald Grössing setzt auf natürliche Methoden in der Holzproduktion.

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