April-Mai 2023

58 wohninsider.at | April/Mai | 02. 2023 KÜCHE das zu bezahlen, weil er die Qualität und die Langlebigkeit haben möchte und in der langfristigen Rechnung den ökonomischen Benefit bekommt. Sicher kommt es darauf an, wie ein Unternehmen aufgestellt ist. Für uns ist das ein Wettbewerbsvorteil. Luks: Die Welt verändert sich gerade in zweierlei Hinsicht: Einerseits wird Nachhaltigkeit in der Kaufentscheidung wichtiger, aber auch die Kostensensibilität steigt. Da ist es eine einfache Rechnung. Es gibt natürlich jede Menge Schrott auf der Welt geschenkt. Ich sehe trotzdem die Tendenz, dass man Schrott immer weniger verkaufen kann... Das ist zumindest meine Hoffnung. Glauben Sie dass Covid ein langfristiges Umdenken gebracht hat? Luks: Ich denke, die Verantwortlichkeit ist nicht gestiegen, aber ein produktiver Effekt von Covid war sicher die Erschütterung der Normalität. Dass wir gemerkt haben: So wie wir leben, das kann sich nicht mehr ausgehen. Und wenn man ein bisschen informiert ist, dann weiß man, Covid hat ja damit zu tun, wie wir leben. Aber die Besinnung auf das Wirkliche ist, denke ich, leider bei ganz wenigen geblieben. Was würde es denn für ein grund- legendes Umdenken brauchen? Luks: Ich glaube, ein wichtiger Faktor ist die Ehrlichkeit im politischen Diskurs; den Leuten nicht zu verkaufen, wir werden wieder wie in den 80ern leben, denn das werden wir nie wieder. Der Krieg zeigt auch, wie dramatisch sich die Bedingungen verändern können, dass wir es uns nicht in der Wohlstandsblase einfach gemütlich machen können. Denn, machen wir uns nichts vor: Wir leben wirklich verdammt gut hier. Fatal ist, wenn man denkt, das geht sich irgendwie aus. Ich halte es da mit Ingeborg Bachmann: Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Und UNO Generalsekretär Guterres formuliert es sehr direkt: „wir sind am Highway in die Klimahölle.“ Was kann man denn heute Kindern kommunizieren? Luks: Ich würde kommunizieren, dass die Lage sehr, sehr ernst ist, und es große Probleme geben wird in der Zukunft. Aber auch, dass man in einer Welt, die sich radikal ändert, trotzdem ein lebenswertes Leben führen kann. Und dass Menschen einen Sinn darin sehen, sich zu engagieren, dass es besser wird. Eine Aussage ist sicher: Wenn du jung und gut ausgebildet bist, kannst du heute mehr verändern als in den 80ern oder 90ern. Wenn man nur den Bereich Reisen, z.B. Fliegen, ansieht: Wie kann das funktionieren? Luks: Es gibt auch hier keine Perfektion, aber man muss sich ehrlich damit auseinandersetzen. Ich habe keine Antwort drauf und das kann ich auch sagen. Ein Ansatz ist sicher, dass die Preise die ökologische Wahrheit sagen müssen, sich die Rahmenbedingungen verändern. Es muss eine Veränderung in der Technologie UND im Verhalten stattfinden. Denn ich glaube zum Beispiel nicht, dass es auf breiter Front eine Verzichtsbewegung bei Flügen geben wird. Wie kann man als Handelspartner oder Endkonsument leicht erkennen, ob ein Unternehmen wirklich nachhaltig ressourcenschonend arbeiten? Oder Greenwashing betreibt? Kolleth: Hier brauchen wir Systeme, die das zuverlässig beurteilen. Aber es fließt natürlich auch immer ein gewisser Anteil an eigener Beurteilung mit ein. Jeder muss sich selbst die Frage stellen: Ist das glaubwürdig, sind die Personen glaubwürdig? Wenn ein Unternehmen etwa behauptet, es fördere die Reparatur, und dann gibt’s nach drei Jahren keine Ersatzteile mehr, ist das nicht glaubwürdig … Luks: Ein Parameter ist, sich den wirklichen CO2 Ausstoß anzusehen. Gerne wird von relativen Zahlen gesprochen, nur die helfen der Natur wenig. Und: Science based targeting, wo man die Werte nach den Paris-Zielen für jedes einzelne Unternehmen runterrechnet, dürfte auch ein ganz guter Ansatz sein. Zuletzt vielleicht noch eine Frage zum Wort „Nachhaltigkeit“, das ja eigentlich keiner mehr hören kann. Luks: Ein Problem der Nachhaltigkeit ist das Wort Nachhaltigkeit. Es ist ein Plastikwort geworden, alle verstehen etwas anderes darunter. Heute spricht man auch von Resilienz oder Transformation. Im Prinzip ist aber der Grundgedanke aus der Forstwirtschaft, „ich nutze nicht mehr als nachwächst“ ein sehr guter Ansatz. Allerdings gibt’s Ressourcen, die nicht nachhaltig genutzt werden können, wie die fossilen Brennstoffe. Wichtig ist mir jedoch, dass wir mit dem Begriff Nachhaltigkeit wegkommen vom Gefühl des negativen Verzichtens. Denn Nachhaltigkeit hat sehr viele positive Lebensqualität-Seiten. Und dies zu kommunizieren ist die richtige Richtung. Kolleth: Fred hat sich mit Miele auseinandergesetzt und gemeint, was uns auszeichnet, ist, dass wir das Thema Genuss reinbringen. Nachhaltigkeit kann auch Genuss sein. Und es macht echt Freude, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Luks: Ich halte es für wichtig, genau das zu kommunizieren. Ich esse seit 25 Jahren kein Fleisch und habe seit 20 Jahren kein Auto. Klar ist, ich rette damit nicht die Welt, aber mir tut es verdammt gut... „Das liegt uns in den Genen, das ist eine Haltung.“ Mag. Sandra Kolleth „Es muss eine Veränderung in der Technologie UND im Verhalten stattfinden.“ Dr. Fred Luks

RkJQdWJsaXNoZXIy NDA0NA==