August-September 2023

38 wohninsider.at | August/September | 04. 2023 NETZWERKE wohninsider: Herr Wimmer, die Branche kämpft aktuell mit einem signifikanten Frequenzrückgang. Wie schätzen Sie die Situation ein, insbesondere vor dem Hintergrund der Geschehnisse rund um kika/Leiner? Mag. Christian Wimmer: Auch wenn es kurzfristig vielleicht wie eine Chance für den Fachhandel wirkt, wenn sich eine bedeutende Großfläche halbiert, so sehe ich die Situation in erster Linie mit Sorge. Denn es ist davon auszugehen, dass die aktuelle Nummer eins dadurch am meisten profitieren und noch größer und stärker wird, dann vielleicht einen Marktanteil von 40 % oder mehr für sich einnehmen könnte. Diesbezüglich bleibt nur zu hoffen, dass die Gesetzgebung, das Wettbewerbsrecht hier regulierend wirkt, sodass es nicht zu einer Marktkonzentration durch die Hintertür kommt. Welche positiven Folgen kann der Fachhandel daraus erzielen? In dieser Hinsicht gibt es viele Möglichkeiten. Der Fachhandel kann hier nur punkten, wenn er eine noch größere Differenzierung zur Großfläche herausarbeitet. Man darf aber nicht vergessen, dass auch viele österreichische Lieferanten, die nicht nur den Fachhandel bedienen, dadurch geschwächt werden könnten und in weiterer Folge weniger innovativ agieren, was folglich auf die gesamte Branche negative Auswirkungen hat. Gleiches gilt für neue Lieferanten, die z.B. günstige Produkte in den Markt bringen wollen. Wenn sie nicht beim XXXLutz gelistet sind, kommen sie vermutlich gar nicht an die Oberfläche und somit an die Wahrnehmung der Endkonsumenten. Was bedeutet das für den gesamten Markt? Ich fürchte, dass sich der Markt in Summe verringern könnte. Denn anders als einige meiner Kollegen sehe ich die Werbeintensität von XXXLutz und kika/ Leiner durchaus positiv für die Branche. Auch wenn ich viele der Botschaften nicht optimal finde, sensibilisiert das hohe Werbeaufkommen jedenfalls für das Thema Einrichten. Damit rücken Möbel in den Fokus der Österreicher:innen, und da fällt automatisch auch etwas für den Fachhandel davon ab. Meines Wissens hat XXXLutz etwa ein Brutto-Werbevolumen von 220 Mio. Euro. Etwa 80-90 Mio hatte kika/Leiner. Durch das Neuverteilen der Machtverhältnisse wäre es leicht möglich, dass hier vieles wegfällt, auch XXXLutz seine Werbebudgets deutlich reduziert. Und damit wird die Einrichtungsbranche leiser im Gegensatz zu den Themen Auto, Reisen, Kleidung etc. In Bezug auf kika/Leiner sind ja unter anderen auch die deutschen Möbelriesen Höffner und Segmüller im Gespräch … Ja, beide sind im Gespräch, Höffner hat jetzt schon einen Jahresumsatz von etwa 2 Mrd. Euro, Segmüller rund 1 Mrd. Euro. Ob sie tatsächlich den österreichischen Markt mit 17 Filialen betreten? – Ich weiß es nicht. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich schon einige deutsche Unternehmer am österreichischen Markt schwer getan haben, weil es hier doch anders läuft als in Deutschland, man denke nur etwa die Billa-Übernahme durch REWE … SERVICE&MORE „Poliert die Bergschuhe“ Für Mag. Christian Wimmer ist die Möbelbranche bereits seit fast 20 Jahren das täglich Brot. Im Intalk mit wohninsider erläuterte uns der SERVICE&MORE-Geschäftsführer, wie er die Situation mit kika/Leiner einschätzt, was die Branche jetzt möglicherweise zu erwarten hat, und für wen mehr vom Gleichen aktuell das Ende sein könnte. Von Gerhard Habliczek und Lilly Unterrader „Der Fachhandel kann nur punkten, wenn er eine noch größere Differenzierung zur Großfläche herausarbeitet.“ Mag. Christian Wimmer, SERVICE&MORE-Geschäftsführer Fotos: © Felix Büchele, Felixfoto „Durch das Neuverteilen der Machtverhältnisse wäre es leicht möglich, dass hier vieles wegfällt.“

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