wohninsider August-September 2022

24 wohninsider.at | August/September | 04. 2022 BRANCHENTALK sie verkauft. Nur sind Innenarchitekt:innen ja ausschlaggebend, was Kund:innen wählen. Wir treffen bei unseren Projekten viele Entscheidungen im Vorfeld. Ohne Muster oder diese nur gegen Bezahlung wird es schwierig. Gerne retourniere ich sie auch nach Abschluss des Projekts und finde das auch im Sinne der Nachhaltigkeit eine gute Option. Werden denn Schauräume genutzt, um sich Produkte und Muster, auch mit Kund:innen, anzuschauen? M. Fürnkranz: Im Idealfall gerne und das machen wir auch. S. Haindl: Das ist manchmal schwierig. Bei Projekten greife ich oft auf viele Muster zurück, die bei Terminen mit Kund:innen immer wieder angeschaut und abgewogen werden. Es geht ja um das Gesamtkonzept. Hier spielen viele unterschiedliche Produkte hinein und ich kann nicht immer aufs Neue losziehen, um sie zu begutachten. Auch für Kund:innen ist es angenehmer, wenn alle Fäden und Muster bei mir zusammenlaufen. C. Armstark: Planungen sind ja auch nichts Statisches, sondern oftmals verändern sich Wünsche, Bedürfnisse und Produkte im Projektverlauf. Zu Beginn eines Projekts bediene ich mich oft in meinem Archiv, ziehe so Beispiele heran und wenn sich die Richtung, in die es gehen soll, herauskristallisiert hat, lasse ich mir gerne die neuesten Kollektionen der jeweiligen Unternehmen zusenden, um dann die aktuellsten Produkte auszuwählen. Mir ist es wichtig, Muster vorliegen zu haben, auch über einen längeren Zeitraum. Ich erwarte einen guten Musterservice und es ist oft hilfreich, einen Pro-Shop oder eine Plattform für Professionisten vorzufinden, um mehr Infos zu erhalten und direkt Bestellungen, seien es Muster oder Produkte, tätigen zu können. Ich gehe mit Kund:innen kaum in Möbelgeschäfte oder Flagshipstores, wenn, dann besuchen sie diese selbst. Verfügt ihr über ein spezifisches Marken- portfolio oder werden Produkte je nach Projekt gewählt? S. Haindl: Mir geht es nicht nur um ein tolles Produkt, sondern ich handhabe es entsprechend dem Servicegedanken. Ich setze auf Produkte von Unternehmen mit exzellentem Service und kompetenter Beratung, mit Flagshipstores, die von Kund:innen besucht werden können, wo sie die Möbel erleben, eine gute, unabhängige Beratung erhalten, und wo ich als Innenarchitektin ernst genommen werde. Das ist der Idealfall und es macht Kund:innen auch glücklich, wenn die Mitarbeiter:innen nicht gegen, sondern mit Innenarchitekt:innen zusammen arbeiten. M. Fürnkranz: Wir haben alle viele Jahre Berufserfahrung, wir wissen, welche Firmen am Markt unterwegs und welche Produkte verfügbar sind. Für die Wahl sind Punkte wie Service, Muster, Nachhaltigkeit und Liefertreue entscheidend. Wir greifen gerne auf jene zurück, die all diese Punkte, die uns und unseren Kund:innen wichtig sind, abdecken. Ein Vorteil ist auch, die Vertreter:innen zu kennen. Es gibt Unternehmen mit eigenen Innenarchitekt:innen-Ansprechpartner:innen, wo es nicht darum geht, den Umsatz in die Höhe zu schrauben, sondern uns Profis bestmöglich zu unterstützen. Für mich ist auch die technische Seite wichtig, also zum Beispiel Werksführungen, um die Produktion zu sehen, zu wissen, woher die Rohstoffe und das finale Produkt kommen. Das ist die Geschichte, die Möbel erzählen, und spannend, weil wir ja auch Geschichten erzählen. J. Wendelin: Unsere Kund:innen sind alle Individualist:innen und kommen zu uns, weil sie etwas Besonderes wollen. Die meisten sind bereit, viel Geld zu investieren und wollen natürlich wissen, was sie bekommen. Oft erhalten wir wichtige Informationen nicht, beispielsweise wo wirklich produziert wird. Es fehlen Gespür und Geschick dafür, dass und wo der Handel noch mehr Punkte bei Planer:innen sammeln und sich Innenarchitekt:innen an die Seite holen könnte, weil wir, genauso wie unsere Kund:innen, für die Geschichte hinter den Produkten zu begeistern sind. S. Haindl: Auch Flexibilität ist essenziell. In Flagshipstores werden alle Optionen aufgezeigt, im Möbelfachhandel habe ich die Erfahrung gemacht, dass zunächst individuelle Möglichkeiten verneint werden, obwohl sie durchaus bestehen. Daher habe ich lieber alle Informationen selbst in der Hand und arbeite, wenn möglich, am liebsten mit den Unterlagen der Hersteller, welche auch die technischen Details enthalten. M. Fürnkranz: Diese Einschätzung kann ich so pauschal nicht unterstreichen. Ich habe viele Möbelfachhändler:innen, zu denen ich gerne gehe, weil sie ein sehr profundes Produktwissen haben und ich auch weiß, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert. Andererseits habe ich auch schon schlechtere Erfahrungen in Flagshipstores gemacht. Es hängt sehr stark an den Fachprofis vor Ort. J. Wendelin: Alles steht und fällt mit den Mitarbeiter:innen, die uns und unsere Kund:innen beraten. Es gibt Händler:innen, mit denen ich gut zusammenarbeite, wo ich verlässlich Antworten in einer vertretbaren Zeitspanne bekomme. Ein Servicepunkt ist ganz sicher die Verlässlichkeit, aber auch Transparenz und Kommunikation. M. Fürnkranz: Ein wichtiger Punkt ist auch die Reklamationsabwicklung. Es braucht verlässliche Ansprechpartner:innen, die sich verantwortlich fühlen, auch wenn sie im Falle eines Fehlers nicht unmittelbar etwas dafür können. Da sieht man, wie Firmen ticken, und es kann ganz viel verbockt werden. C. Armstark: Ein Reklamationsfalls kann für uns und für Kund:innen auch eine positive Erfahrung werden und ein positiver Eindruck bleiben, weil eine Lösung gefunden wird und sie sehen, wie sich alle bemüht haben. Das ist das beste Zeugnis für jedes Unternehmen. Hier kann gut mit dem Möbelfachhandel zusammengearbeitet werden, indem er Innenarchitekt:innen als Schnittstelle auch wirklich ernst nimmt. Wie oft gestaltet ihr selbst Möbel? Arbeitet ihr viel mit dem Tischlerhandwerk zusammen? J. Wendelin: Bei meinen Projekten ist immer ein:e Tischler:in dabei, weil es für manche Bereiche selten verfügbare Produkte gibt, die genau passen. Es wäre zu mühsam, passende Lösungen zu suchen, und es ist auch schöner, wenn es auf Maß gestaltet wird. M. Fürnkranz: Das sehe ich genauso, auch weil ich als Innenarchitektin das ganzheitliche Projekt im Blick habe. Es geht nicht um das einzelne Möbelstück, sondern wie der Raum, die Funktionen und das Leben sind und alles funktionieren kann. Im Zuge „Manchmal ist für mich auf diesem Weg auch der Fachprofi in einem Möbelgeschäft der Mann oder die Frau der Stunde, manchmal der Flagshipstore eines Herstellers die beste Wahl.“ Ing. Martina Fürnkranz „Innenarchitekt:innen werden immer wichtiger, oft aber noch immer zu wenig ernst genommen.“ Ing. Sabrina M. Haindl

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