22 wohninsider.at |Oktober/November | 05. 2022 BRANCHENTALK wohninsider: Welche Rolle spielt das Möbel für Architekt:innen? Ist es wichtig oder nur das i-Tüpfelchen bei der Gebäude- und Raumgestaltung? Reinhard Schwab: Sofern das Möbel Bestandteil der Baumaßnahmen ist und mit diesen interveniert wie beispielsweise Einbauküche oder Einbauschränke zählen es Architekt:innen zu ihrem Aufgabenbereich, machen es gerne und gut. In diesem Fall sind Architekt:innen Fachmänner und -frauen. Bei Küchen wissen sie, was sie wollen, und wollen diese Vorstellungen dann auch realisieren. Die Umsetzung anderer Möbel gestaltet sich etwas schwieriger, zum Beispiel für ihre Kund:innen Esszimmermöbel, Sitzmöbel oder Dekorationen auszusuchen. Da wollen Architekt:innen nicht so recht mit, weil das in ihren Augen zu wenig Relevanz hat. Ist das Design wichtiger als die Funktion? R. Schwab: Funktion und Design sind gleich wertvoll, aber Architekt:innen schließen aus der Architektur auf die Einbaumöbel zurück. Für sie muss es eine Einheit bilden und das ist eine gestalterische Aufgabe, die sie aus ihrem Wissensstand nur selbst bestmöglich lösen. Sie haben wenig Vertrauen zu Einrichter:innen im Einrichtungshaus, eher noch zu Tischler:innen. So entstehen manchmal Rumpflösungen. Wenn es um die Inneneinrichtung geht, verweisen Architekt:innen auf Inneneinrichter:innen und übertragen gerne die Aufgabe. Möbelhersteller suchen den Kontakt und die Zusammenarbeit mit Architekt:innen und Innenarchitekt:innen. Funktioniert das oder haben Architekt:innen Möbel kaum im Blick? Erich Ritt: Grundsätzlich gibt es zwei Linien, in die argumentiert werden kann. Einerseits in Richtung loser Möblierung wie Tischgruppen. Dabei spielen Architekt:innen weniger eine Rolle, weil es primär um die Größe des Möbels, die Proportionen, geht, also dass es gut hinein passt. Für manche Bereiche in der Architektur sind wir mit unserem Portfolio ein hervorragender Partner, bei anderen wie Einbaumöbel steigen wir als größerer Möbelhersteller eher aus, weil hier die Individualisierung komplett durchschlägt. Individualisierung sticht alles. Da können wir nicht mit spezialisierten Tischler:innen mithalten. Generell ist es so, dass die Architektur selbst im gehobenen Bereich mehr zählt. Je kleiner die Bausumme wird, umso weniger spielen Architekt:innen und noch viel weniger die Inneneinrichtung eine Rolle. Die Vernetzung mit Architekt:innen ist wichtig und das Geheimnis des Erfolges liegt wie immer darin, für das richtige Gewerk den richtigen Partner oder die richtige Partnerin zu haben. Walter Kandut: Es gilt auch zwischen Architekt:in und Architekt:in zu unterschieden. Nicht alle agieren auch im Einrichtungsbereich, aber immer mehr mischen hier mit, vor allem im privaten Wohnbereich. Es geht so weit, dass Architekt:innen mittlerweile auch einen eigenen Möbelhandel aufbauen und den etablierten Möbelhandel links liegen lassen, weil sie es selber machen wollen, vor allem wenn es um große Projekte geht. Viele Konsument:innen lassen sich von Architekt:innen das ganze Haus planen, das diese dann das bis zum kleinsten Detail, bis zum Besteck organisieren müssen. Ob Architekt:innen das selbst machen oder andere Profis mit der Ausstattung betrauen, ist eine persönliche Entscheidung. Ich merke aber, dass das Thema immer wichtiger wird, und vor allem werden wir alle in der Branche, als Hersteller und als Händler:innen, uns noch mit Innenarchitekt:innen und Planer:innen, die sich selbstständig gemacht haben und vielleicht auch nur wenige Kund:innen im Jahr haben, aber eine Empfehlungshoheit den Kund:innen gegenüber genießen, auseinandersetzen müssen. Sie empfehlen vornehmlich das Produkt, das sie selbst kennen. Wenn diese Architekt:innen nur Fotos: Lilly Unterrader/wohninsider HANDEL – ARCHITEKTUR – INDUSTRIE TRIO MIT VIEL POTENZIAL Möbelbranche und Architektur sind zwei Seiten einer Medaille, die beste Wohnlösung für Kund:innen das erklärte Ziel. Über den Stellenwert von Möbel und Inneneinrichtung für Architekt:innen, die Zusammenarbeit und wie diese optimiert werden kann, diskutierten Vertreter:innen aus Industrie, Möbelhandel und Architektur beim wohninsider Round Table im SCHAU:RAUM Wien. Von Gerhard Habliczek, Sylvia Pilar, Lilly Unterrader Reinhard Schwab, Walter Kandut, Christian Kroepfl
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