Dezember 2019 / Jänner 2020

22 wohninsider.at |Dezember/Jänner | 06.2019 BRANCHENTALK V ielleicht mag es anfangs etwas esoterisch klingen, aber je län- ger Roman Lechner in seinem Betrieb herum- und seine The- orien ausführt, desto inhärenter werden sie. Denn wenn er von Naturölen und der Blume des Lebens spricht, meint er damit weniger Hokuspokus und Schama- nentum, sondern physikalische Tatsachen und wirtschaftliche Hintergründe und Zu- sammenhänge. Und die finden sich dann allesamt wiederum im ökologischen Umfeld wieder. Doch zurück zum Anfang. Als Holz- wirtschafts-Student selbst bei einer großen Möbelkette als Produktdesigner früher tätig, seit zwei Jahren beeideter Sachverständiger für den Bereich Möbel und Innenarchitek- tur, und selbst Geschäftsführer eines Tisch- lereibetriebs, kennt er die Branche von allen Seiten. In seinem Betrieb steht er schon seit vielen Jahren für regionales freiluftgetrock- netes Holz, Massivholzfertigung ohne Erdöl- produkte und zeitloses Design. Eine aktuelle Studie der Landesinnung der Tischler und Holzgestalter der WKO Steiermark spielt Roman Lechner nun jedoch sehr in die Kar- ten. wohninsider traf den bodenständigen Kreativen in seinem Acht-Mann-Betrieb in Gföhl und sprach mit ihm über Ramschmö- bel, Klima-Bonus und Bugattis. wohninsider: Herr Lechner, Sie behaup- ten, billige Ramschmöbel sind umwelt- feindlich? Roman Lechner: Das weiß ich schon seit langem und wir leben in unserer Tischlerei schon seit vielen Jahren eine ganz andere Philosophie. Billige Möbel sind ein Klima- killer. Erstens, weil sie eine viel zu kurze Lebensdauer haben und zweitens, weil die eingesetzten Materialien auch hochproble- matisch sind. Denn alles, wo Erdöl drinnen ist, ist ungünstig. Dazu kommt, dass ver- arbeitetes Holz CO 2 bindet, wird das Holz aber verbrannt, wird das CO 2 wieder freige- setzt. Die aktuelle Studie unterstreicht nun meine Aussagen. (siehe Studie, Infokasten) Was ist die Kernaussage Ihrer Meinung nach? Im Prinzip sagt uns das ja schon der Haus- verstand. Die Studie aber belegt es nun und zeigt, dass etwa der ökologische Fußabdruck eines durchschnittlichen Industriemöbels aus MDF-Platten gleich 81 Mal (!) schlech- ter ist als jener eines Vollholzmöbels eines regionalen Tischlers. Dazu kommt die che- mische Belastung für die Arbeiter, in Fern- ost sind das oft Kinder. Mein Vater etwa hat schon 1985 damit begonnen, zu Hause Massivholzmöbel zu bauen und die zu ölen. Er hat schon damals bewusst nur Naturöle eingesetzt, weil er uns Kinder nicht vergif- ten wollte. Davor hatte er in einem Betrieb gearbeitet, wo die Lackierer reihenweise ge- sundheitliche Probleme hatten. Wie kommt dieser große CO 2 -Fußab- druck zustande? Der größte Hebel ist dabei die Nutzungs- dauer. Die ist bei einem Massivholztisch mit 35 Jahren angenommen, bei einem Indust- rieprodukt jedoch nur zehn Jahre. Das ver- vierfacht den Faktor fast. Aber nehmen wir ein einfaches Beispiel: Mein Nachbar hier aus Gföhl fährt 100 km nach Vösendorf, kauft sich dort einen Tisch aus MDF-Platten und fährt wieder 100 km retour. Der Tisch wird (im Extremfall) aus Holz aus Rumä- nien hergestellt, dann wird er nach Asien geschickt, dort aufgeschnitten und zu einem Tisch verarbeitet, in Italien lackiert und von dort ins Zentrallager nach Schweden gelie- fert, bevor er dann nach Vösendorf trans- portiert wird. Und dieser Tisch ist dann günstiger als ein Tisch aus einem Apfel- baum, der im Ort gefertigt wird. Das Design ist immer ein Argument. Viele Konsumenten sagen, dass sie nach einiger Zeit einfach etwas Neues wollen, bzw. ihnen das Design nicht mehr gefällt. Das höre ich auch immer wieder. Da muss man sich halt selbst bei der Nase nehmen. Aber die Lösung hierbei ist zeitloses Design, so wie ich es schon seit vielen Jahren mache. Das Möbel in meinem Schauraum (s. Foto rechts) habe ich während meines Studiums vor 20 Jahren entworfen und es ist immer noch zeitlos. Massivholztische werden fast für die Ewigkeit gemacht. Nach 20 Jahren kann man die abschleifen, auffrischen und hat sie weitere 20 Jahre. Was noch dazu kommt, das ist ja auch ein ökonomischer Faktor. LECHNER Billigmöbel sind Klimakiller Roman Lechner lebt und arbei- tet im Kreislauf mit der Natur. Trend hin oder her, er ist nicht nur seit Greta Thunberg der Meinung, dass das Klima und der Planet geschützt werden muss. Ein Grundübel ortet der Tischler auch in der eigenen Branche, denn Billigware aus dem Möbeldiskonter wäre gleich in mehrfacher Hinsicht schädlich. Nicht nur für das Klima und die Wirtschaft, sondern letztlich auch für das eigene Leben. V on G erhard H abliczek und L illy U nterrader Die Blume des Lebens hat Lechner mit der Hand geschnitzt. Genau das macht seiner Ansicht nach auch die Energie aus. Denn wie in der Natur, wo kein Blatt dem anderen gleicht, ist auch hier kein Blatt gleich dem anderen. Fotos: Lilly Unterrader/wohninsider

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