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wohninsider.at

RAUM : OBJEKT

roße Marken tun es schon

längst: sie verwandeln ihre

Studios in eine Geschichte.

Anstatt die Waren nur über-

sichtlich und ansprechend anzuordnen, wird

eine Story kommuniziert. Wie ein Bühnen-

stück folgt das Konzept einer Dramaturgie,

die auf den ersten Blick oft noch gar nicht

be-greifbar ist. Das muss sie auch nicht - bei

gutem Shopdesign geht es an erster Stelle da-

rum, Emotionen zu wecken. Diese Emoti-

on verwandelt sich bei näherer Betrachtung

schließlich in eine glaubwürdige Geschich-

te, die den Kunden nicht überredet, sondern

überzeugt.

Shop-Konzept =

Kommunikations-Leistung

Denn der Kunde will verführt und fasziniert

werden - in unserem von Technologie und

Digitalisierung geprägtem Alltag mehr denn

je. Ein durchdachtes Shop-Konzept ist daher

nicht mehr nur nice-to-have, sondern wird zur

selbstverständlichen Kommunikations-Leis-

tung. Der Point of Sale gewinnt aufgrund von

E-Commerce wieder stark an Bedeutung, was

besonders die Möbel- und Einrichtungsbran-

che bisher weitgehend ignoriert. Dabei geht es

ganz klar um ein sowohl-als-auch anstatt um

ein entweder-oder. Die digitale Distribution

macht vor keiner Branche halt. Dennoch wer-

tet sie den physischen Ort als Ort der Begeg-

nung wieder auf, anstatt ihn uninteressanter

zu machen. Als einen Ort, der Produkte und

Services spürbar macht und Austausch rund

um eine kluge Erzählung ermöglicht.

Am Anfang steht das Verstehen

Essentiell dabei ist, dass die Shopdramatur-

gie genau das kommuniziert, wofür das Un-

ternehmen steht. Alles andere wirkt unglaub-

würdig - und ist schließlich nichts anderes, als

die oben erwähnte Effekthascherei. Menschen

verfügen über eine feine Sensorik und spüren

genau, wenn Konzepte im „copy-and-paste“-

Stil von erfolgreichen Marken abgekupfert

wurden und weder zum Studio noch zur Regi-

on passen.

Die Auseinandersetzung mit sich selbst ist für

viele Händler eine herausfordernde Sache, die

daher entweder ständig aufgeschoben oder

als nicht so wichtig abgetan wird. Dabei ist

sie essentiell für die Ausrichtung einer Marke,

denn die Unternehmens-DNA ist Grundla-

ge für die Entstehung der eigenen Geschichte

und Weiterentwicklung. Den einen Königsweg

gibt es nicht, denn so individuell die jeweilige

Unternehmens-Historie und Ausrichtung ist,

so einzigartig ist auch die Geschichte, die dazu

erzählt werden sollte.

Es geht um Inspiration und Emotion, um das

Wecken von Träumen und Bedürfnissen.

Mit der Kraft der Bilder, der Macht von Wor-

ten und den Möglichkeiten von Farben und

Formen entspinnt sich eine einzigartige Ge-

schichte. Ob diese bunt und blumig erzählt

wird, oder pur und eindringlich, muss indi-

viduell herausgefunden werden. Shopdesign

bildet daher einen Knotenpunkt von unter-

schiedlichen Disziplinen, angefangen bei Psy-

chologie über Handwerk bis hin zu Architek-

tur und Innenarchitektur.

ZUKUNFT DER STUDIOS

Shopdesign: Verkaufen Sie noch

oder verführen Sie schon?

Shopdesign weckt bei vielen

Mittelständlern noch ambivalen-

te Gefühle: bühnenstückartige

Inszenierungen passen vielleicht

zu den großen Marken in den

Metropolen der Welt, in kleine-

ren Läden ist das Ganze doch

nur Effekthascherei, so die gängi-

ge Denkweise. Will der stationäre

Handel auch in Zukunft beste-

hen, kommt er aber nicht daran

vorbei.

V

on

H

erbert

L

anzinger

Fotos: Rene Marschall

Impressionen aus dem Studio Weiss